CDU und FDP lehnen Sozialticket ab (dr)

Mit der Mehrheit von CDU, FDP und der Stimme von Oberbürgermeister Dirk Elbers abgelehnt wurden Anträge von SPD und Grünen zur Einführung eines Sozialtickets. Damit soll Bedürftigen ermöglicht werden, zu günstigen Preisen öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Auf breite Ablehnung, auch von Rot-Grün, stieß der Vorschlag der Linksfraktion, dafür einen eigenen Tarif einzuführen, bei dem der Eigenanteil der Ticketnutzer bei zehn Euro liegen sollte.

"Das ist rechtlich gar nicht möglich, weil wir keine Tarifhoheit haben", erklärte Norbert Czerwinski (Grüne). Seine Partei hatte gefordert, dafür ein Monatsangebot "Ticket 1000" (15 Euro Eigenanteil) oder ein Jahresabo "Ticket 1000 - 9Uhr" (Eigenanteil zehn Euro monatlich) anzubieten. Die Stadt solle die Tickets zum Großkundentarif erwerben und die Vergünstigung weitergeben. "Mobilität ist ein Thema in der ganzen Welt", betonte Grünen-Sozialexpertin Antonia Frey. Empfänger von ArbeitslosengeldII (AlgII, früher Sozialhilfe) seien durch die für sie unerschwinglichen Preise im ÖPNV in der Mobilität behindert. "Sie können nur noch Bekannte oder Friseure in ihrem Umfeld besuchen", so Frey.

Eine ähnliche Forderung erhob die SPD in ihrem Antrag: "Es muss etwas passieren, sonst wird es einen weiteren Rückzug von Teilen der Bevölkerung aus dem sozialen Miteinander geben", warnte Martin Volkenrath. Viele Kommunen, darunter München, Nürnberg, Leipzig oder Dortmund, seien bereits aktiv. Das war auch der Tenor von Demonstranten vor dem Rathaus: Der Initiativkreis Armut unterstrich mit einem Protest die Ticket-Forderung, unterstützt von der Armenküche. Leiterin Marion Gather: "Das Ticket wäre eine echte Hilfe."

Stephan Friedel (CDU) betonte, dass es nicht Aufgabe der Kommunen sei, die Regelsätze für AlgII, wenn auch indirekt, zu erhöhen. "Das ist Aufgabe des Bundesgesetzgebers." Zudem würde dies zu Ungerechtigkeiten gegenüber jenen führen, die zu niedrigem Lohn arbeiteten. Dieser Argumentation schloss sich die FDP an. "Ihre Anträge sind rechtlich gar nicht mehr durchsetzbar", sagte Andreas Hartnigk (CDU) zu SPD und Grünen. Schließlich habe der Verwaltungsrat des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) die Großkundenrabatte zum 1. Januar 2009 abgeschafft, um genau diese Lücke zu schließen.

Czerwinski kritisierte die "absurde Neiddebatte" von Schwarz-Gelb und bezeichnete die Abschaffung des Großkundenrabatts, um das Sozialticket zu verhindern als "skandalöses Vorgehen".

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.291

Datum: Freitag, den 12. Dezember 2008

Seite: Nr.29

 

 

CDU und FDP wollen kein Sozialticket

11. Dezember 2008, Frank Preuss NRZ

Arme Düsseldorfer müssen auch weiterhin auf die Einführung eines Sozialtickets warten. Protest vor dem Rathaus vor der heutigen Ratssitzung nutzte nichts.

In Köln gibt es die Billigfahrkarte für Hartz-IV-Empfänger bereits, „und schlechter als Köln wollen wir doch nicht sein”, lockte der SPD-Verkehrspolitiker Martin Volkenrath heute Mittag im Stadtrat. Doch umsonst: CDU und FDP lehnen es ab, wiesen drei unterschiedlich formulierte Anträge von SPD, Grünen und Linken in der Sitzung zurück.

Grünen-Sozialpolitikerin Antonia Frey erinnerte daran, dass 70 000 Menschen in dieser Stadt von Grundsicherung leben oder ihren kärglichen Arbeitslohn mit staatlichen Hilfen aufstocken müssen. „Wir brauchen keine weiteren Untersuchungen, der Bedarf für dieses Ticket ist da.” Wenn man von den Menschen Mobilität erwarte, dürfe man sie nicht sitzen lassen. Sich bewegen zu können in einer Stadt gehöre zu den Grundvoraussetzungen, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, so Volkenrath. Mit einem Sozialticket ginge auch die Zahl der Schwarzfahrer zurück, glaubt er.

Doch aus der schwarz-gelben Mauer bröckelte kein Stein. Stephan Friedel sagte für die Union, es sei nicht Aufgabe einer Kommune, die Bundesgesetzgebung mit den Regelsätzen bei Hartz IV durch eigene Zuschüsse auszuhebeln. Wer zu einem Bewerbungsgespräch fahre, könne überdies seine Fahrtkosten mit der Arbeitsagentur abrechnen. Ein-Euro-Jobber bei der Stadt würden ebenfalls unterstützt. Sein Parteifreund, Verkehrspolitiker Andreas Hartnigk fügte hinzu, die rund fünf Millionen Euro, die das Ticket jährlich kosten würde, „kann man besser anlegen”.

FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte es „ungerecht, weil alle die, die hart arbeiten und nur knapp über den Sätzen liegen, bei denen staatliche Hilfe greift, leer ausgingen bei so einem Ticket.” Wie solle man das einer Krankenschwester erklären?

Da brauste der Grüne Norbert Czerwinski auf und fragte: „Was ist das denn für eine abenteuerliche Neiddebatte? Wenn's mir schlecht geht, ist es besser, wenn es den anderen auch schlecht geht?” Strack-Zimmermanns Argumentation zeige eher, dass die Bemessungsgrenzen nach oben korrigiert werden müssten. Zudem seien ja viele Engagierte unter denen, die profitieren könnten. „Das sind die, die hart arbeiten, aber deren armseliger Lohn nicht wirklich zum Leben reicht.”

Czerwinski zeigte sich auch schwer verärgert darüber, dass der Verkehrsverbund Rhein Ruhr ohne Rücksprache mit den Gremien einen Beschluss gefasst habe, der Rabattierungen bei Tickets unmöglich macht. Das sei schon deshalb nicht haltbar, weil es für Jugendliche mit dem Young Ticket oder Senioren bereits verbilligte Karten gäbe. Der Grüne kündigte an, das Sozialticket zum Wahlkampfthema zu machen. „Wir werden Sie treiben, bis es eingeführt wird.”