Initiativkreis Armut in Düsseldorf

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                                                                                                          Düsseldorf, den 8.11.07

 

 

 Offener Brief zum geplanten Alkoholverbot auf dem Burgplatz

An die Fraktionen im Rat

An die Düsseldorfer Presse

 

 

Ein Alkoholverbot führt zu Vertreibung, Kriminalisierung und Verelendung von Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben.

Probleme werden dadurch nicht gelöst.

 

Bereits jetzt führt der umstrittene §6 der Straßenordnung in der Praxis zu Vertreibung von Armen aus dem öffentlichen Blickfeld. Die Einführung eines Alkoholverbotes am Burgplatz würde die Vertreibungsmöglichkeiten noch erweitern und träfe mal wieder die Ärmsten. Ein solches Verbot an einem öffentlichen Platz inmitten "der längsten Theke der Welt" ist nicht sinnvoll umzusetzen und für viele kaum nachvollziehbar. Dass in der Praxis Probleme nicht gelöst werden, sondern eher neue geschaffen würden, ist in der Presse-Diskussion der letzten Wochen bereits ausführlich erwähnt worden. Ende August 2007 betonte der städtische Rechtsamtsleiter Michael Grossmann gegenüber der Presse, dass ein Alkoholverbot nicht umzusetzen wäre. Ordnungsbehördengesetz und Straßenordnung böten juristisch keinen Platz für ein solches Vorgehen. Auch die Fraktionen von SPD, FDP und Grünen sprachen sich im Juli 2007 eindeutig gegen ein Alkoholverbot aus.

Darüber hinaus ist die gesamte Thematik bis heute nicht in den zuständigen Gremien des Arbeitskreises Vorbeugung und Sicherheit/ Kriminalpräventiver Rat Fachgruppe Randgruppen bearbeitet worden. Es liegt nicht einmal eine Problemanalyse der zuständigen Experten vor. Zuletzt wurde im Juli 2007 vom Initiativkreis Armut Diskussionsbedarf zur Situation am Burgplatz nachgefragt. Die Geschäftsführung des Kriminalpräventiven Rates unter Leitung des Ordnungsamtes sah keine Handlungsnotwendigkeit.

 

Vor diesem Hintergrund warnen wir vor einer scheinbar schnellen Lösung der Problematik am Burgplatz durch ein Alkoholverbot.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Holger Kirchhöfer, Koordinator Initiativkreis Armut

 

 

 

 

 

Kritik vom Initiativkreis

 

 

 

        Der Initiativkreis Armut, dem u.a. Altstadt-Armenküche,

        Aidshilfe, Trebecafé und das Obdachlosenmagazin Fifty-fifty

        angehören, spricht sich in einem offenen Brief gegen ein

        Alkoholverbot auf dem Burgplatz aus: Dies träfe wieder mal die

        Ärmsten und führe zu Vertreibung, Kriminalisierung und

        Verelendung von Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der

        Straße hätten. Damit würden Probleme nicht gelöst, sondern

        geschaffen. Ein solches Verbot inmitten der "längsten Theke der

        Welt" sei nicht sinnvoll umzusetzen.

 

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.260

Datum: Freitag, den 09. November 2007

Seite: Nr.10

 

lkoholverbot - so machen's andere

 

 

    Rathaus und Polizei haben sich für ein zeitlich begrenztes

    Alkoholverbot auf dem Burgplatz und der Freitreppe am Rhein

    ausgesprochen. Die Politik ist skeptisch. Wir haben in Konstanz,

    Erlangen, Berlin und Stuttgart nachgefragt, wie man dort mit

    Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen umgeht.

 

 

      VON DENISA RICHTERS

 

 

 

        OB Joachim Erwin und Polizeipräsident Herbert Schenkelberg haben

        sich dafür ausgesprochen, den Problemen mit Betrunkenen auf dem

        Burgplatz und der Freitreppe mit einem zeitlich und örtlich

        begrenzten Alkoholverbot zu begegnen. FDP und Grüne kritisieren,

        solch ein Verbot sei nicht durchsetzbar und würde nur zur

        Verdrängung führen. Auch SPD-Fraktionschef Günter Wurm rückt von

        seiner spontanen Zustimmung ab: "Vernünftigen Maßnahmen

        verschließen wir uns nicht, aber ein Alkoholverbot ist nicht

        zweckmäßig."

 

 

 

        In anderen deutschen Städten werden Alkoholverbote bereits

        praktiziert oder wurden diskutiert. Wir haben uns dort umgehört:

 

 

 

        Konstanz (82000 Einwohner): Die Seestraße, beliebte Flanierroute

        am Bodenseeufer, wurde in den warmen Monaten zum Brennpunkt. Bis

        zu 250 Jugendliche trafen sich dort, tranken, warfen die

        Flaschen in den See und auch auf Passanten, pöbelten und

        schlugen auch mal zu. "Es war klar, dass wir ein politisches

        Zeichen setzen müssen", sagt Hans-Rudi Fischer, Leiter des

        Bürgeramts. Die Stadt, regiert von einem grünen Bürgermeister,

        und die Polizei waren sich einig, dass schnell gehandelt werden

        musste und entschieden sich für eine Allgemeinverfügung auf der

        Rechtsgrundlage des Polizeigesetzes. Ein Beschluss des

        Gemeinderats, der das Verbot aber akzeptiert, war somit nicht

        nötig. Vom 2. Juli bis 2. September dieses Jahres waren von 20

        bis 6 Uhr Alkohol und Glasflaschen verboten. Nachdem

        Bußgeldverfahren und Aufenthaltsverbote nicht zur Deeskalation

        beigetragen hatten, entschied man sich für eine härtere Gangart:

        Androhung des unmittelbaren Zwangs, der Polizisten den Einsatz

        von körperlicher Gewalt, Fesseln und sogar Waffen erlaubt.

        Flankierend gab es Podiumsdiskussionen, Sportvereine boten den

        Jugendlichen Alternativen an. "Die Maßnahme hat sich für uns

        gelohnt", sagt Fischer. "Der harte Kern von 40 Jugendlichen war

        weg und die Seestraße wieder eine Flaniermeile für alle Bürger."

 

 

 

        Erlangen (104000 Einwohner): Auch in der mittelfränkischen Stadt

        hatten betrunkene Jugendliche den öffentlichen Raum

        beschlagnahmt - und wurden zum echten Ärgernis. Seit Ende 2005

        gilt im gesamten Stadtgebiet ohne zeitliche Begrenzung eine

        Satzung, die den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen als

        Sondernutzung definiert. Wer erstmals erwischt wird, bekommt von

        der Polizei eine Belehrung, im Wiederholungsfall eine Anzeige

        mit 20 bis 30 Euro Bußgeld. "Aber alles mit Augenmaß", sagt

        Martin Fischer, Leiter des Ordnungs- und Straßenverkehrsamts.

        "Obdachlose, die nicht stören, bleiben unbehelligt." Seit 2006

        gilt das Verbot auch in Grünanlagen der Innenstadt und stadtweit

        auf Spielplätzen. Fazit: "An den problematischen Stellen ist

        Ruhe eingekehrt", sagt Busch.

 

 

 

        BerlinCharlottenburg-Wilmersdorf (315000 Einwohner): Der Bezirk

        hat als erster in der Hauptstadt zu Beginn dieser Woche auf

        allen 130 Spielplätzen ein Alkoholverbot verhängt. Im Visier

        sind auch dort vor allem Jugendliche, die sich dort treffen, um

        Alkohol zu trinken. Bei Nichtbeachtung kann ein

        Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet oder ein

        Aufenthaltsverbot ausgesprochen werden. Unnachgiebigen drohen

        Strafen von 35 bis 5000 Euro. Andere Bezirke wie Spandau wollen

        jetzt nachziehen.

 

 

 

        Stuttgart (591550 Einwohner): Trinkende und pöbelnde Jugendliche

        sind auch in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ein

        Problem, besonders auf der Freitreppe vor dem Kunstmuseum. Ein

        Alkoholverbot wurde heiß diskutiert, aber wieder verworfen.

        Rechtlich schwierig umsetzbar, hieß es. Stattdessen haben

        Polizei, Jugend- und Ordnungsamt jetzt ein Konzept entwickelt,

        das mit Blick auf Jugendliche verstärkte Kontrollen in

        Gaststätten und auf öffentlichen Plätzen vorsieht.

 

 

 

        Hintergründe und Lesermeinungen unter

        www.rp-online.de/duesseldorf <http://www.rp-online.de/duesseldorf>

 

 

  "Es war klar, dass wir ein politisches Zeichen setzen mussten"

 

 

          - /DENISA RICHTERS

 

 

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.260

Datum: Freitag, den 09. November 2007

Seite: Nr.10