Mehrheit für
Sozialticket im Rat
Für ein „Sozialticket, das den Namen verdient“, demonstrierte der DGB am
Donnerstag vor dem Rathaus, links Vorsitzender Michael Hermund.
Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Bochum. Die Gewerkschaft Komba
lehnt es ab, die Soziale Liste ist dagegen, die Linken nennen es eine
Mogelpackung, die FDP hält es für unbezahlbar, der DGB fordert vehement
Nachbesserungen – das Sozialticket ist i n seiner jetzigen Form umstritten.
Dennoch stimmte der Rat gestern mit Mehrheit für die Teilnahme an der
Pilotphase.
Danach soll in Bochum ab 1. November das Sozialticket bis Ende 2012
eingeführt werden für einen Preis von 29,90 Euro. Vor allem an diesem Preis
stoßen sich die Kritiker. „15 Euro – mehr ist nicht drin“, so lautete auch die
Forderung vom Bochumer Sozialforum und DGB. Im Vorfeld der Ratssitzung
demonstrierten sie mit ihrer „menschlichen Straßenbahn“ für ein „Sozialticket,
das diesen Namen verdient“.
Im Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger für Mobilität
sind 22,78 Euro vorgesehen. Das, so meinen etwa die Linken, soll auch Kosten
für die Fahrt über den Nahverkehr hinaus abdecken. Somit wird bemängelt, dass
das Ticket allein in der Preisstufe A, also im Stadtgebiet Bochum gelten soll.Mit ihrem Antrag, nach Ende der Pilotphase eine zweite
einzuführen, bei der das Sozialticket für 15 Euro zu haben wäre und zudem
verbundweit gelte, wurde im Rat abgelehnt.
Felix Hallt (FDP) sieht das Manko auch darin, dass sich viele Städte nicht
beteiligen wollen, „es bleibt ein Flickenteppich“. Der Landeszuschuss in Höhe
von 30 Millionen Euro für 2012 reicht, so seine Befürchtung, nicht aus: „Das
bräuchte der VRR schon alleine. Die Gefahr ist einfach zu groß, dass die Stadt
Bochum draufzahlen müsste.“
Die Soziale Liste bezeichnet das Konzept als „Unsozialticket“. Nuray Boyraz: „Es ist so gut wie
untauglich, Mobilität zu ermöglichen, Es sieht so aus, als wollte die Politik
es gar nicht.“
Dieter Fleskes, SPD-Fraktionschef, wollte „das
soziale Gewissen wachrütteln“ unter den Zweiflern. 15 Euro jedoch seien nicht
zu finanzieren: „Das brächte einen tollen Umsatz, weil viele es kaufen würden,
würde aber zu einer massiven Verschuldung führen.“ Es dürfe weder auf Kosten
der Verkehrsbetriebe eingeführt werden noch zu Zusatzbelastung für die Kommunen
führen, von denen einige einen Nothaushalt haben.
Das Land NRW unterstützt das Projekt in diesem Jahr mit 15 Millionen Euro,
2012 mit 30 Millionen, die unter allen Verkehrsbetrieben aufgeteilt werden
müssen. Für den VRR sind im nächsten Jahr etwa 15 Millionen Euro vorgesehen.
Nutznießer des Sozialtickets sind neben Hartz-IV-
auch Wohngeld-Empfänger.
http://www.derwesten.de/staedte/bochum/Mehrheit-fuer-Sozialticket-im-Rat-id5113526.html
Stadt
Essen führt Sozialticket im November ein
Auch in Essen wird das Sozialticket eingeführt. Montage: Martin Möller
Essen. Auch Essen führt das Sozialticket ein:
Die Evag
wird ab 1. November vergünstigte Fahrkarten für Bedürftige anbieten. Das hat
der Stadtrat beschlossen. Die Evag
kalkuliert mit einem Verlust von bis zu 950.000Euro jährlich.
Die Essener Verkehrs AG (Evag)
wird ab dem 1. November ein so genanntes „Sozialticket“ für Bedürftige
anbieten. Auf Beschluss des Stadtrates beteiligt sich Essen damit an einem
Pilotprojekt des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR). Das Sozialticket
orientiert sich am Ticket 1000 des VRR. Zum ermäßigten Preis von 29,90 Euro
(Preisstufe A) können es Hartz-IV-Empfänger
und andere sozial Bedürftige beziehen.
Der Linksfraktion ging dieses Angebot nicht weit genug. Sie forderte ein
Sozialticket auf Basis eines Tickets 2000, das also im gesamten VRR-Gebiet gültig wäre, zu einem
„sozial verträglicheren Preis“ von 15 Euro. Ihr Antrag fand im Rat jedoch keine
Mehrheit.
Das Pilotprojekt des VRR ist bis Ende 2012 befristet. Da davon auszugehen
sei, dass Fahrgäste, die heute bereits den ÖPNV nutzen, auf das günstigere Sozialticket
umsteigen, kalkuliert die Evag
mit einem Verlust zwischen 850 000 und 950 000 Euro pro Jahr. Die
Landesregierung hat angekündigt, die Einführung des Sozialtickets in NRW mit
7,5 Millionen für 2011 und mit 15 Millionen 2012 zu fördern.
http://www.derwesten.de/staedte/essen/Stadt-Essen-fuehrt-Sozialticket-im-November-ein-id5111186.html
Oliver Berten soll sich mit der Stadt Dortmund auf eine Auflösung seines
Dienstverhältnisses geeinigt haben.
Dortmund. Der ehemalige Chef des Dortmunder
Stadtmarketings, Oliver Berten, hat sich offenbar mit seinen Dienstvorgesetzten
geeinigt: Berten, der zuletzt über Monate krank gemeldet war, gleichzeitig aber
für den Posten des Bürgermeisters in Winsen an der Luhe kandidiert hatte, soll 190.000 Euro von der Stadt
Dortmund als Abfindung bekommen und zum 31. Dezember aus dem Dienst
ausscheiden.
Eine Personalie und die Einbringung des Haushalts
bestimmten die Ratssitzung am Donnerstag in Dortmund. Im nicht-öffentlichen
Teil der Sitzung ging es um den ehemaligen Chef des Dortmunder Stadtmarketings,
Oliver Berten. Der zuletzt über Monate krank gemeldete Berten, der in dieser Zeit für den Posten des Bürgermeisters in Winsen an der Luhe kandidiert
hatte, soll nach Informationen der Westfälischen Rundschau 190.000 Euro von der
Stadt Dortmund als Abfindung bekommen und zum 31. Dezember aus dem Dienst
ausscheiden. Er hätte noch acht Jahre bis zur Pensionierung gehabt.
Der Rat lehnte zudem sowohl das von der Linken-Fraktion beantragte
Sozialticket für 15 Euro als auch das vom VRR vorgeschlagene Ticket für 29,90
Euro jeweils mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP ab. Die Grünen enthielten
sich beim 15-Euro-Ticket der Stimme. Im Vorfeld hatten die großen Fraktionen ihr Nein zum VRR-Sozialticket mit höheren Kosten für die Stadt
begründet.
Damit bleibt es beim Dortmunder Sozialticket, das 31,56 Euro
kostet. Zugleich beschloss die Ratsmehrheit, nach einer (unabhängigen)
wirtschaftlichen Prüfung im September 2012 erneut über das VRR-Sozialticket
abzustimmen. Da das Dortmunder Sozialticket jedoch erst ab neun Uhr morgens
gültig ist, sollen die Stadtwerke prüfen, zu welchen Bedingungen ein
ganztägiges Dortmunder Ticket eingeführt werden könnte.
Demnach schreibt die Stadt zwar ein Minus von 78,1 Mio. Euro, liegt aber
11,7 Mio. Euro vom Zugriff des Arnsberger Regierungspräsidenten entfernt. „Das
ist ein großer Erfolg der kommunalen Politik“, sagte Sierau
vor dem Stadtparlament und warb dafür, weiter auf Konsolidierungskurs zu
bleiben. Man wolle die Verwaltung „schlanker, effektiver und ökonomischer
machen“, spielte der OB auf die Sparvorgaben des Rates an, nach denen das
Personalbudget bis 2015 um jährlich 2 % zu kürzen ist. Im gleichen Atemzug
warnte Sierau aber davor, die Stadt kaputt zu sparen.
Es bleibe bei dem Ziel, Dortmund handlungsfähig zu halten und die
Arbeitslosigkeit (zuletzt 13 Prozent) auf unter 10Prozent zu drücken.
Von einem „Haushalt der Verantwortung“ sprach Kämmerer Jörg Stüdemann. Bis 2014/2015 wolle man erreichen, dass Erträge
und Aufwendungen wieder im Gleichklang fließen. Ob die Stadt das aus eigener
Kraft stemmen kann? Angesichts steigender Sozialausgaben scheint selbst der
Kämmerer skeptisch zu sein. Beispiel: Die Umlage, die die Stadt an den
Landschaftsverband Westfalen-Lippe als überörtlichen Sozialhilfe-Träger zu
zahlen hat, steige innerhalb von acht Jahren um 40 Prozent - ganz zu schweigen
von den „originären“ Sozialausgaben im Stadt-Haushalt und den Kosten der
Jugendhilfe. „Mit Sparen allein werden wir das auf Dauer nicht schultern“,
sagte Stüdemann und forderte, der Bund dürfe die
Lasten einer älter werdenden Gesellschaft nicht allein auf dem Rücken der
Kommunen austragen.
Zumindest etwas Entlastung soll sein Vorschlag bringen, das Kanalnetz in
eine (städtische) Anstalt öffentlichen Rechts zu übertragen. Effekt: Dadurch
werden Investitionskredite für Kanalbaumaßnahmen nicht mehr auf das allgemeine
Kreditvolumen der Kommune von 40 Mio. Euro angerechnet. Sie bleiben frei für
andere Maßnahmen - etwa zur Finanzierung des Kita-Ausbaus.
Auf welchen Schulden Dortmund, wie andere Städte auch, sitzt, zeigt diese
Auflistung:
Ratsmitglied Johannes Gliem (SPD). Foto: Kerstin Bögeholz / WAZ Fotopool
Das Sozialticket wird auch in Mülheim eingeführt, zunächst bis Ende
2012. Dann will man weitersehen – vor allem, wie sich die Defizite dadurch bei
der MVG möglicherweise erhöhen. Für SPD, Linke, MBI und Grüne gibt es keinen
Zweifel: Wenn Menschen, die von Hartz IV leben, am
gesellschaftlichen Leben teilnehmen sollen, müssen sie auch mobil sein. Doch
der dafür vorgesehene Satz reicht bei Hartz IV nicht
aus. Ein Sozialticket für monatlich 30 Euro wäre aus Sicht vieler Politiker zu
stemmen.
„Für uns besteht dabei zunächst kein Risiko“, betont der sozialpolitische
Sprecher der SPD, Johannes Gliem, und kritisiert
jene, die in dieser freiwilligen Leistung gar etwas Unsoziales entdecken.
Unsozial ist es aus Sicht der CDU, wie Fraktionschef Wolfgang Michels
erklärt, weil man dadurch das Defizit erneut vergrößere und damit wieder die
nachfolgenden Generationen ein Stück mehr belaste. Wieder einmal, so sehen es
fast alle Fraktionen, würden hier Wohltaten vergeben, aber auf Kosten der
Städte. Eigentlich müsste der Bund zahlen oder der VRR, heißt es. Eine halbe
Million Euro jährlich an Subventionierung durch die Stadt, schätzt Wolf
Hausmann (FDP) beim Sozialticket.
Nicht glücklich ist auch der Kämmerer, der ein mögliches Minus darin sieht,
dass Inhaber eines regulären Tickets auf das preisgünstigere umsteigen und die
Mitnahme von Kindern beim Sozialticket kostenlos ist. Man werde, so Kämmerer
Uwe Bonan, regelmäßig Bericht über die Kostenentwicklung
geben.
Achim Fänger (Wir-Linke) hält die Debatte für völlig verkehrt: „Wir machen
Menschen mobiler, bekommen eine bessere Auslastung von Bus und Bahn und mehr
Geld in die Kasse.“ Das sei klasse.
http://www.derwesten.de/staedte/muelheim/Das-Sozialticket-kommt-in-Muelheim-id5107477.html
Das Sozialticket würde in der Preisstufe A gelten und daher verbilligte
Busfahrten im ganzen Stadtgebiet ermöglichen. Foto: Monika Kirsch
Velbert/Kreis Mettmann. Die Kommunalpolitik vor
Ort fährt nicht auf das neue Sozialticket im Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) ab.
Im Gegenteil: In den zwei bislang gelaufenen Beratungsrunden haben beide
Ratsgremien auf die Bremse getreten. So stimmten sowohl die Mitglieder des
Finanzausschusses – in der Vorwoche nahezu einstimmig – als auch jüngst die des
Sozialausschusses – mehrheitlich – dem Verwaltungsvorschlag zu, in der
Pilotphase vom kommenden November an bis Ende 2012 nicht am VRR-Sozialticket
teilzunehmen. Die Zahl der Velberter, die einen Anspruch auf eine vergünstigte
Fahrkarte hätten, wird auf rund 8000 geschätzt.
Die abschließende Beratung und Abstimmung steht nächsten Dienstag im
Hauptausschuss auf der Tagesordnung. Wohlgemerkt: Es geht nicht um eine
Grundsatzentscheidung, sondern um die Frage der Pilotphase bzw. Probezeit.
Hintergrund: Wenn eine kreisangehörige Stadt etwa ihren Ortsbusverkehr
in eigener Regie organisiert, so gilt sie als „selbstständiger Aufgabenträger“,
der sich dem VRR erklären und hierzu zuvor eine Linie finden muss. Das trifft
auf Velbert zu, ebenso z. B. auf Hilden und Monheim.
Auf der Kreisebene steht heute die Schlussrunde an. Erst im Kreisausschuss,
dann im Kreistag. „Hier geht es nicht nur um die grundsätzliche Entscheidung,
sondern auch um die Frage, ob der Kreis einen Flickenteppich haben will“, sagt
Martin M. Richter. Nach Auskunft des Mettmanner
Kreisdirektors hat im Vorfeld das ÖPNV-Fachgremium des Kreistags keine
Beschlussempfehlung abgestimmt: „Fraktionen und Verwaltung wollten erst die
Position aller zehn kreisangehörigen Städte kennen.“ Nach VRR-Angaben
ist kreisweit von rund 56 000 Anspruchsberechtigten auszugehen.
Ticket-Info
Das ganze Stadtgebiet
Das Sozialticket basiert auf dem Ticket 1000 und würde als deutlich
vergünstigtes Monatsticket in der Preisstufe A für 29,90 Euro pro Person
alle Fahrten im Velberter Stadtgebiet ermöglichen. Der Geltungsraum lässt sich
mit einem Zusatzticket zum regulären Preis erweitern.
Hilden und Monheim wollen Richter zufolge in der Pilotphase mitmachen. „Ich
glaube, es ist verantwortbar, daran teilzunehmen“, so der Kreisdirektor im
Gespräch mit der WAZ, „auch angesichts mancherorts gravierender Etatprobleme.“
Ganz wichtig sind ihm zwei Punkte: Erstens gehe das Sozialticket automatisch
vom Markt, wenn das Land nicht die zugesagte finanzielle Förderung leiste. Und
zweitens gebe es keinerlei Automatismus, dass aus der Pilotphase ein
Dauerzustand werde.
Da die Fahrpreisvergünstigung zwangsläufig die Erträge der ÖPNV-Unternehmen
schmälert, will das Land mit Zuwendungen in Höhe von insgesamt 45 Millionen
Euro in die Bresche springen. „Ob die Mittel wirklich reichen, weiß keiner“,
erklärte Sven Lindemann. Vom VRR gebe es lediglich eine mündliche Zusage, dass
die Mittel auskömmlich seien. Die Landeszuweisung ab 2013, so der Velberter
Kämmerer weiter, sei absolut unklar. Die Verwaltung beziffert aktuell das
lokale Etatrisiko auf ca. 75 000 und das auf Kreisebene auf 450 000
bis 550 000 Euro. Velbert müsse voraussichtlich auf jeden Fall personell
die zweimal jährlich vorgesehene Überprüfung der jeweiligen
Anspruchsberechtigung schultern. Pro Fall – erwartet werden im Rathaus „maximal
1000“ – werden etwa jeweils 15 Minuten Bearbeitungszeit einkalkuliert.
Martin Richter zu der weiteren Entwicklung: „Falls der Kreistag für sieben Städte Ja sagt, dann müssen die Velberter entscheiden, ob Velbert Nein sagt.“
http://www.derwesten.de/staedte/velbert/Sozialticket-in-Velbert-mehr-als-fraglich-id5109462.html