Soziales
Mobilität gehört zum Leben
Düsseldorf,
11.08.2009, NRZ
„Mobilität gehört unabdingbar zum Leben in einer modernen
Stadt”, sagt Diakonie-Chef Thorsten Nolting.
Aber eben nicht für jeden: Genau 11,49 Euro monatlich werden armen
Rentnern, die ergänzende Sozialleistung erhalten, oder auch Hartz
IV-Beziehern für Fahrkarten zugestanden. Viel zu wenig, sagen fünf
Organisationen und fordern seit Jahren von der Stadt, ein Sozialticket für 15
Euro zu finanzieren. Jetzt verstärken sie ihre Forderung mit 200 großen
Plakaten „Her mit dem Sozialticket”.
11,49 Euro für Tickets
reichen nur für drei Fahrten
Die Diakonie, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB),
die Altstadt-Armenküche, die Verdi-Erwerblosen und das „Mittwochsfrühstück für
Geringverdiener” im Zakk haben mit Spenden diese
Großplakate finanziert. Deren zusätzlicher Aufdruck „Kommunalwahlkampf 2009 -
ihre Stimme entscheidet” soll kein Aufruf sein, eine bestimmte Partei zu
wählen, betont Nolting. „Alle Parteien müssen sich
aber nach dieser Aktion präzise zum Sozialticket äußern.” Bisher hat, wie
berichtet, die Ratsmehrheit von CDU und FDP die Einführung eines Sozialtickets
abgelehnt.
20 000 Postkarten ans Rathaus mit der Forderung nach der
billigen Fahrkarte wurden bereits verteilt, bericht Holger Kirchhöfer
von der Armenküche. Den ersten rund 1000 Einsendern schrieb OB Dirk Elbers, begründete die Ablehnung mit zu hohen Kosten, und
zudem gebe es ja schon Vergünstigungen wie den Düsselpass.
Aber, so die Organisatoren der Plakataktion, das reicht eben
nicht: Mit den 11,49 Euro für Straßenbahn oder Bus können Geringverdiener
gerade drei Mal durch die Stadt fahren. Wer öfter zum Arzt muss oder zu Ämtern,
muss sein Budget fürs Essen einschränken. Wer dreimal beim Schwarzfahren
erwischt wird, bekommt ein Bußgeld - was er meist nicht zahlen kann, dann droht
Gefängnis. „Wir haben täglich in der Armenküche mit Menschen zu tun, die
deswegen in den Knast müssen”, klagt Kirchhöfer. „Das
kostet den Steuerzahler wesentlich mehr Geld als eine billige Fahrkarte.”
Rund 70 000 Menschen in Düsseldorf könnten wegen ihres
geringen Einkommens ein solches Ticket erhalten, rechnet
Heinz Siepenkothen von den Verdi-Erwerbslosen vor.
„erfahrungsgemäß werden es etwa ein Drittel beantragen.” Die Kostenschätzungen
dafür liegen zwischen 1,5 und drei Millionen Euro jährlich. Aber, so Kirchhöfer, „in Düren, Köln, Unna und Dortmund gibt es
bereits ein Billigticket. Diese Städte haben weniger Geld als Düsseldorf.”
Fifty-Fifty hat gezeigt, was geht:
Seit Februar finanzierten sie insgesamt 200 Zeitungsverkäufern ein Monatsticket
für 15 Euro, heißt: 28 Euro kamen aus Spenden. „Mobilität ist ein Grundrecht,
dass darf man nicht nur betriebswirtschaftlich rechnen,”
betont Siepenkothen.
Zusätzlich zur Plakataktion haben 14 Organisationen inzwischen die Aktion „Frei- fahrt” gestartet: Wer einen roten Button trägt zeigt damit, dass er auf sein Ticket 1000 oder 2000 nach 19 Uhr jemanden mitfahren lässt.„Mobilität ist ein Grundrecht, dass darf man nicht nur betriebswirtschaftlich rechnen,” betont Siepenkothen.