Klamme Kommunen. Zahl der Sozialwohnungen sinkt dramatisch

DPA

Hochhaus in Berlin: Der Wohnraum für Menschen mit wenig Geld wird knapp

In Deutschland gibt es immer weniger Wohnraum für Geringverdiener. Laut einem Zeitungsbericht ist die Zahl der Sozialwohnungen in nur acht Jahren um ein Drittel zurückgegangen - auf weniger als 1,7 Millionen. Besonders betroffen ist Nordrhein-Westfalen.

Berlin - Deutschland hat vor allem in den Großstädten und Ballungsgebieten zu wenige Wohnungen. Die Städte und Kommunen haben in Zeiten klammer Kassen zudem häufig vor allem für den Bau neuer Wohnungen für Geringverdiener kein Geld - und das hat dramatische Folgen. Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland ist seit 2002 offenbar um rund ein Drittel auf weniger als 1,7 Millionen zurückgegangen.

Wie die Dortmunder Tageszeitung "Ruhr Nachrichten" schreibt, gab es Ende 2010 exakt 1.662.147 Sozialwohnungen in Deutschland - rund 800.000 weniger als noch 2002. Die Zeitung beruft sich auf Antworten des Bundministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Abgeordneten Caren Lay.

Mieterbund: Mehr als 800.000 Wohnungen gebraucht

Demnach ist allein im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung von gut 840.000 auf nur noch rund 540.000 gesunken. Auch in anderen Bundesländern schrumpfte der soziale Wohnraum deutlich, in Bayern beispielsweise von rund 270.000 auf 160.000 Wohnungen.

In Mecklenburg-Vorpommern sank die ohnehin geringe Zahl der Sozialwohnungen von 9200 auf 7300, in Rheinland-Pfalz nur von 62.500 auf 61.700 und in Hessen von 158.000 auf 128.000. Im drittgrößten deutschen Bundesland Baden-Württemberg halbierte sich die Zahl der Wohnungen mit Mietpreisbindung in den acht Jahren von 2002 bis 2010 von 137.000 auf rund 65.000.

Die Linken-Abgeordnete Lay sprach in den "Ruhr Nachrichten" von einem "gewaltigen politischen Versagen" der Bundesregierung. Die Zeche zahlten die Mieter. "Ohne sozialen Wohnungsbau steigen die Mieten ohne Ende", sagte Lay und forderte eine Neuauflage des sozialen Wohnungsbaus - andernfalls drohe eine neue Wohnungsnot. Der Mieterbund rechnet mit einem Bedarf von 825.000 Wohnungen bis zum Jahr 2017.

nck/AFP/dpa 02.08.2012

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/zahl-der-sozialwohnungen-sinkt-dramatisch-a-847784.html

 

 

 

Überhitzter Immobilienmarkt

 Von Stefan Sauer 3.8.12

Das ist Luxus: Wohnen am Frankfurter Westhafen.  Foto: imago

In deutschen Großstädten steigen die Preise für Eigentumswohnungen. Wächst die Gefahr einer Blase? Nein, sagen Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaft. Nur in einer Stadt sei der Markt etwas überhitzt.

Immobilien gelten als sichere Anlage in unsicheren Zeiten. Da die Zeiten so sind, steigt die Nachfrage nach Wohneigentum. In den großen Metropolen klettern dadurch die Preise beträchtlich. Nach einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wurden Wohnungen und Häuser allein im Verlauf des vergangenen Jahres in Berlin, Hamburg und München um acht bis neun Prozent teurer. In Frankfurt betrug das Plus gut sechs und in Köln knapp fünf Prozent.

Weniger Sozialwohnungen

Um mehr als 800.000 ist die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland zwischen 2002 und 2010 zurückgegangen. Waren im Dezember 2002 bundesweit noch rund 2,47 Millionen Sozialwohnungen mit Mietpreisbindung für Geringverdiener und Arbeitslose vorhanden, so sank der Bestand bis Ende 2010 nach Angaben der Bundesländer auf nur noch 1,66 Millionen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor.

Berlin

In Berlin fiel der Abbau mit einem Minus von rund 64.000 Wohnungen auf 213442 noch vergleichsweise moderat aus. In Baden-Württemberg etwa ging die Zahl um mehr als die Hälfte von 137000 auf 65000 zurück. Den stärksten Abbau in absoluten zahlen verzeichnete Nordrhein-Westfalen mit einem Minus von 300.000 Sozialwohnungen auf 544000.

Bundesregierung

Der Bundesregierung warfen die Linken Versagen vor. Es bedürfe einer Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus. Seit der Föderalismusreform 2007 sind allerdings allein die Länder für die Wohnraumförderung verantwortlich. In Berlin und Hamburg wurde bereits eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus beschlossen. So werden nach Auskunft des Immobilienberatung F+B in Hamburg 2013 rund 6000 Sozialwohnungen fertiggestellt, doppelt so viele wie in den Jahren zuvor.

Bereits seit 2003 war es mit den Immobilienpreisen in den großen Städten teils steil nach oben gegangen: um 8,5 Prozent in Köln, um 14 beziehungsweise knapp 23 Prozent in Frankfurt und München, um fast 31 Prozent in Hamburg und gar um 38,8 Prozent in Berlin. An derartige Zuwächse knüpft sich die bange Frage, ob nicht auch auf schnelle Gewinne fixierte Investoren die Preise treiben. Ob also auf dem deutschen Immobilienmarkt eine Spekulationsblase entsteht, ähnlich jener in Spanien, die das Land an den Rand des Abgrunds getrieben hat.

Großstädte wachsen

Das Risiko einer solchen Entwicklung für Deutschland schätzen Experten allerdings extrem gering ein. „Glücklicherweise fehlen Anzeichen für eine Spekulationsblase wie etwa ein langjähriger Bauboom, eine hohe Inflationsrate oder kurzfristige Käufe und Verkäufe in hoher Zahl“, sagt Bernd Leutner, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Umwelt F+B.

Zum gleichen Ergebnis kommt auch das IW: Anders als im Falle eine spekulationsgetriebenen Preisblase auf dem Immobilienmarkt seien die Verkaufspreise in Berlin, Köln und Frankfurt nicht schneller gestiegen als die Mieten. Ähnliches gilt laut IW für andere Indikatoren: Es gibt – trotz historisch niedriger Zinsen – einen nur minimalen Anstieg der Immobilienkreditbestände um sieben Prozent seit Januar 2003, die Anzahl der zum Kauf angebotenen Wohnungen ist mit Ausnahme Berlins seit 2007 sogar rückläufig.

http://www.fr-online.de/wirtschaft/immobilien-in-grossstaedten-ueberhitzer-immobilienmarkt,1472780,16787408.html