Öffentliches Trinken in Mülheim bald verboten?

 

Öffentliches Trinken in Mülheim bald verboten?

05.07.2016 | 20:00 Uhr

Offenes Trinken von Alkohol auf prädestinierten Plätzen soll in
Mülheim auch künftig gestattet sein. Andere Städte gehen hart dagegen
vor.Foto: Jakob Studnar

Mülheim. Städte wie Herne gehen gegen Alkohol in der Öffentlichkeit
vor. In Mülheim bleibt man gelassen, zumindest im Amt. Doch es gibt
auch Befürworter.

Ein Alkoholverbot auf allen öffentlichen Flächen in der Stadt – in
Herne soll diese strikte Regel bald greifen und durchgesetzt werden. „In
Mülheim gibt es keine aggressive Alkoholiker-Szene“, heißt es dazu aus
dem Ordnungsamt. Folglich sei ein flächendeckendes Vorgehen wie in Herne
nicht erforderlich.

„Die gesetzlichen Vorgaben bieten uns genug Eingriffsmöglichkeiten“,
sagt Kerstin Kunadt, Abteilungsleiterin im Ordnungsamt. Ulrich
Schreyer, Geschäftsführer des Diakoniewerks, kontert: „Ich spreche mich
klar für ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum aus.“

Sie sitzen in der Nische am Brunnen auf dem Kurt-Schumacher-Platz

Gerade in den Frühlings- und Sommermonaten sind an den stets selben
Plätzen Gruppen von Menschen zu beobachten, die vermuten lassen, dass
zahlreiche Alkoholkranke zu ihnen gehören. Sie sitzen in der Nische am
Brunnen auf dem Kurt-Schumacher-Platz oder in der Grünanlage an der
Kardinal-Graf-Galen-Straße in Eppinghofen. Dort hatten sich unlängst
Anwohner beschwert, die Umgebung einer Bank sei nicht mehr zu betreten
wegen herumliegender Flaschen, Korken, wegen Uringeruchs. Die Bank wurde
inzwischen abgebaut; die Gruppe hat sich in der Nähe eine neue Bleibe
gesucht.

„Diese Menschen gehören zum Bild unserer Gesellschaft. So lange sie
nicht mit Flaschen werfen und Menschen aggressiv angehen, gibt es für
uns keine Handhabe, sie zu vertreiben“, erklärt Kerstin Kunadt. „Wir
haben fast täglich Beschwerden über Alkoholisierte oder Ruhestörungen.
Und wir prüfen jeden Fall“, verspricht sie. „Wir können auch
Platzverweise aussprechen und Strafen verordnen.“ Bisher seien die
Ordnungshüter aber gut damit gefahren, mit den Menschen zu sprechen.

CDU forderte „mehr Durchgreifen“

„Erst wenn das nicht hilft, können wir härtere Regeln innerhalb des
gesetzlichen Rahmens anwenden“, hatte Bernd Otto, Leiter des
Ordnungsamtes vor einigen Wochen im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung
erklärt. Dort hatten die Christdemokraten Beschwerden von Anwohner der
Ruhrpromenade zur Diskussion gestellt – und „mehr Durchgreifen“
gefordert.

„Dass es im öffentlichen Raum in zunehmendem Maße exzessiven
Alkoholgenuss gibt, ist der Gesellschaft nicht dienlich, einer
gedeihlichen Stadtentwicklung nicht zuträglich.“ Ulrich Schreyer nimmt
bei dem Thema kein Blatt vor den Mund. Man wolle „zum Schutz der
Allgemeinheit ja auch keinen Drogenkonsum in der Öffentlichkeit“.

Immer häufiger erfahre er, dass Menschen Teile der Innenstadt
bewusst meiden, weil sie sich unwohl dort fühlen. Es könne doch nicht
sein, dass Frauen mit Kinderwagen oder Schulkinder Umwege gehen müssten,
nur um den „sozial auffälligen Menschen“ nicht begegnen zu müssen. „Die
Gesellschaft darf eine solche Entwicklung nicht widerspruchslos
hinnehmen“, findet Schreyer. Zur Tafel des Diakoniewerkes komme im
Übrigen auch niemand mit Bierflasche in der Hand. Alkohol in der
Öffentlichkeit müsse tabu sein – doch klar sei auch: „Es ist ein
Krankheit, die man behandeln muss. Man muss den Betroffenen
Hilfsangebote machen und Treffpunkte einrichten.“

Deike Frey und Frank-Rainer Hesselmann

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