Obdachlose meiden Notschlafstellen

Warum Obdachlose die Notunterkunft auch bei Kälte oft meiden

25.01.2017 - 17:55 Uhr

Düsseldorf.  

Die Nächte sind bitterkalt - trotzdem
bleiben viele Obdachlose lieber draußen, als Notschlafstellen
aufzusuchen. Gewalt ist nur ein Grund dafür.

Chris zieht an seiner Zigarette und
krault Molli am Halsband. Die Sonne scheint auf sein Gesicht und auf das
Fell seiner Hündin - endlich ein bisschen warm. Die Nacht haben beide
in einem Zelt im Düsseldorfer Hofgarten verbracht. «In den letzten Tagen
ist es da schon ein bisschen frisch geworden», sagt der 26-Jährige. Er
meint: In der vergangenen Woche gingen die Temperaturen nachts mehrmals
unter null Grad. «Im Zelt geht es, man kann schlafen», sagt Chris. Er
lebt - mit Unterbrechungen - seit fünf Jahren auf der Straße.

Wenn es Winter wird, bereiten sich die NRW-Kommunen auf die sinkenden
Temperaturen vor und versuchen, Obdachlosen Schutz zu bieten. In Köln
werden zusätzliche Notschlafstellen eingerichtet. Ehrenamtliche laufen
nachts Routen ab, um Menschen, die draußen schlafen und frieren, zu
finden. Über eine 24-Stunden-Hotline können Bürger mitteilen, wenn sie
einen Schutzbedürftigen finden. In Dortmund hält die Stadt Wohnungen für
Notfälle bereit, in denen - zusätzlich zu den Schlafstellen - im Winter
Wohnungslose untergebracht werden können. In Düsseldorf wird zusätzlich
zu Notunterkünften und Obdachlosenheimen bei Schnee oder Temperaturen
unter null Grad ein zusätzlicher Raum geöffnet.

Die Notunterkunft ist keine Option

Für Chris ist eine Notunterkunft keine Option. Der Grund sitzt brav neben
ihm: Molli. Hunde sind in den Notunterkünften nicht gestattet. Chris hat
die Hündin schon seit sie ein Welpe war - sechseinhalb Jahre. Ohne sie
gehen? Was für eine Frage.

In einem Raum, der in Düsseldorf bei Kälte zusätzlich geöffnet wird, sind
Hunde erlaubt. Da hat Chris sogar schon eine Nacht verbracht: «30
Menschen in einem Raum, da habe ich kein Auge zugetan», erzählt er. «Das
ist keine gemütliche Jugendherbergsatmosphäre», sagt auch Rolf Jordan,
Fachreferent der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. In vielen
Unterkünften gebe es Diebstähle und Gewalt - für viele ein Grund, sie
zu meiden.

Nach dem Jobverlust verlor Chris die Wohnung

Bis vor vier Monaten hat Chris zur Untermiete gewohnt und hatte eine Arbeit
als Handwerker - nicht ganz offiziell, wie er sagt. Als er plötzlich
den Job verlor, sei auch das mit der Wohnung ganz schnell gegangen.
«Dann habe ich mir einen Schlafsack und eine Isomatte besorgt und bin
wieder auf die Straße.»

Wie viele Menschen in NRW auf der
Straße leben, ist schwer zu sagen. Die Obdachlosenstatistik des
Landessozialamtes von 2015 weist 21 000 Menschen ohne Wohnung aus. «In
Düsseldorf gehen wir von 150 bis 180 Menschen aus, die auf der Straße
oder in Notunterkünften schlafen», sagt Roland Buschhausen, Leiter des
Sozialamtes der Stadt. Die Zahl sei eine Schätzung der Streetworker und
in seinen Augen zuverlässig. Oliver Ongaro vom Düsseldorfer
Obdachlosenmagazin Fifty-Fifty sieht das anders: «Es gibt viele
Menschen, die bei Freunden unterkommen oder in Baracken schlafen. Die
tauchen in der Schätzung nicht auf.»

Laut Obdachlosenstatistik hatten in Düsseldorf 2015 rund 1500 Menschen keine
«rechtlich gesicherte Wohnung», in Köln waren das 4700, in Dortmund
440. Wie viele davon tatsächlich draußen oder in Notunterkünften
übernachten, ist schwer zu sagen. Nach Schätzungen gehe man in Dortmund
von etwa 300 Obdachlosen aus, sagt eine Sprecherin. In Köln schätzt das
Sozialamt 200 Personen, die auf der Straße leben.

Übernachtung unter freiem Himmel auch bei

Bei Minusgraden lieber draußen schlafen, als im warmen Bett mit Dach über
dem Kopf - für viele unvorstellbar. Doch es gebe Gründe, sagt Ongaro.
Die meisten Notschlafstellen seien nach Geschlechtern getrennt, so dass
Paare nicht gemeinsam übernachten könnten.

Sozialarbeiter und Wohnungslose fordern, dass sich in Düsseldorf etwas verändert. Sie wollen mehr „niedrigschwellige“ Unterkünfte.

 

„Die Leute schlafen und sterben auf der Straße“

 

Zudem sei Alkohol in den Unterkünften verboten. Verständlich - trotzdem
entspreche das nicht der Realität vieler Obdachloser. «In Düsseldorf
muss niemand auf der Straße schlafen», betont Sozialamtsleiter
Buschhausen immer wieder. «Aber es schlafen Menschen auf der Straße und
es sterben auch Menschen auf der Straße», hält Streetworker Ongaro
dagegen.

Chris würde gerne wieder in eine Wohnung ziehen. Und arbeiten. «Das fehlt mir wirklich. Aber
ungeduscht und ohne frische Kleidung - wer stellt mich da ein?» Eine
Wohnung ist für ihn die Grundlage für alles. Doch eine zu finden, die er
sich leisten kann, sei schwierig: Die Auswahl sei klein, dann hätten
viele ein Problem mit seinem Hund, andere lehnten ihn ab, ohne einen
Grund zu nennen. Christ glaubt: «Viele haben ein Problem damit, wo ich
die letzten Monate gelebt habe.» (dpa)

http://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/warum-obdachlose-die-notunterkunft...

  

Obdachlose meiden Notschlafstellen RP 20.1.2017

VON KATHARINA PAVLUSTYK

Wohnungslose berichten von Streits und Schwierigkeiten in den städtischen Unterkünften. Manche verbringen die Nächte in Zelten.

Chris lebt seit vier Monaten wieder auf der Straße. An seiner Seite ist immer Hündin Molli. rp-foto: andreas bretz

Ein Kranz weißer Rosen, eine Grabkerze und
Abschiedsbriefe erinnern in der Altstadt, gleich neben dem Kom(m)ödchen,
an einen Menschen, der dort vor wenigen Wochen gestorben ist: die
obdachlose Elvira, die alle Elli nannten. „Es heißt, dass in Düsseldorf
niemand auf der Straße schlafen muss“, sagt Oliver Ongaro vom
Straßenmagazin Fiftyfifty. Die Realität sieht anders aus. Davon haben
Düsseldorfer Wohnungslose gestern berichtet, unweit der Stelle, an der
Elli starb.

Da ist Chris, 26. Er ist seit vier
Monaten wieder obdachlos. Vor einigen Jahren hat er schon einmal auf der
Straße gelebt, hatte zwischendurch Arbeit als Handwerker und eine
Wohnung. Der Job sei nicht ganz offiziell gewesen – und irgendwann war
er weg. Chris will für sich selbst sorgen. Doch seit Jahren findet er
keine Wohnung, die er sich mit seinem Hartz-IV-Satz leisten könnte.
Außerdem wollen viele Vermieter lieber jemanden, der einen festen Job
hat – und keinen Hund. Molli heißt die schwarz-weiße Hundedame des
26-Jährigen. Sie ist Chris wichtig; er hat sie seit sechseinhalb Jahren.
Von klein auf. Sie ist ein Grund, wieso Chris keinen Zugang zu einigen
Notschlafstellen in Düsseldorf hat. Und selbst, wenn er mit Molli in
einer Unterkunft willkommen ist, etwa in der Prinz-Georg-Straße, ist das
für ihn keine Alternative: „Da ist man mit 30 Leuten in einem Raum und
bekommt kein Auge zu“, sagt er. Deswegen schläft Chris mit drei anderen
Wohnungslosen draußen, in einer kleinen Zeltstadt an einem Ort, den er
nicht nennen will. Sie alle haben Hunde.

Sascha, 41, kann eine Weile bei einem Freund, den er seit Schultagen kennt,
schlafen. Bis dahin verbrachte er seine Zeit auf der Platte, der Straße,
dort, wo auch Elli lebte. Aktuell steht Sascha als Mietinteressent auf
der Liste einer Wohnbaugesellschaft. „Aber da sind noch fünf oder sechs
andere, die einen Job haben“, sagt er. Er kritisiert, dass es keinen
bezahlbaren Wohnraum gibt, kaum Sozialwohnungen. Notschlafstellen sind
auch für ihn keine Option: zu viele Menschen auf einem Haufen, Menschen
mit Problemen, Menschen, die stehlen oder gewaltbereit sind.

Eine ähnliche Erfahrung hat auch Andrzej, 63, gemacht. 1998 ist der Pole
nach Düsseldorf gekommen, hat für eine Abbruchfirma und eine Gärtnerei
gearbeitet, lebte in einer kleinen Wohnung. Nachdem er seine Arbeit
verlor, ging es bergab. In eine Notunterkunft will er nicht. Die
Zustände seien dort oft katastrophal: Es gibt Stress, wenn jemand zu
viel getrunken hat. Es ist zu laut, an Schlafen nicht zu denken. Die
Matratzen sind verdreckt, mit Kot und Urin.

Die Zustände in den Unterkünften, vor allem aber die allgemeine Situation
für Wohnungslose, bemängeln die Vertreter von Fiftyfifty und der
Altstadt-Armenküche, die das gestrige Treffen arrangiert haben. Der
Streetworker Oliver Ongaro wünscht sich mehr Engagement seitens der
Stadt. Es reiche nicht, zu sagen, dass niemand auf der Straße schlafen
müsse. Es braucht Taten, damit dieser Satz wahr wird.

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/obdachlose-meiden-notsch...

 

„Die Leute schlafen und sterben auf der Straße“

Annabell Fugmann

19.01.2017 - 17:33 Uhr

http://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/die-leute-schlafen-auf-der-strasse...

http://www.waz.de/staedte/duesseldorf/die-leute-schlafen-auf-der-strasse-und-sie-sterben-auf-der-strasse-id209331461.html

 

Nach Ellis Tod Fiftyfifty kritisiert die Stadt Düsseldorf: Es muss sich was ändern!

Ann-Kathrin Seidel 19.01.17, 18:20 Uhr

http://www.express.de/duesseldorf/nach-ellis-tod-fiftyfifty-kritisiert-d...

 

Obdachlose kritisieren die Stadt

19. Januar 2017 - 21:16 Uhr

http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/obdachlose-kritisieren-die-stadt-1....

 

Düsseldorf: Kein Platz für arme und obdachlose Menschen?

Ute Neubauer |20.01.2017 | 00:17:16 Uhr

http://www.report-d.de/Duesseldorf/Aktuelles/Duesseldorf-Kein-Platz-fuer...

 

Wohnungslose fordern bessere Unterkünfte

19. Januar 2017

http://www.centertv.de/2017/01/19/wohnungslose-fordern-bessere-unterkuen...

 

"Fifty Fifty" kritisiert Obdachlosensituation in Düsseldorf 19.01.2017

  • Obdachlosen-Organisation "Fifty Fifty" kritisiert Unterkunftsangebot
  • Betroffene können oder wollen die Unterkünfte nicht nutzen
  • Forderung nach mehr Sozialwohnungen für Obdachlose

http://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/kritik-fiftyfifty-obdachlosensi...

 

Vorwürfe von Fiftyfifty

19.01.2017 | 29:26 Min. | Verfügbar bis 26.01.2017 | WDR

http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-duesseldorf/video...

 

Städte wollen U-Bahnhöfe nicht für Obdachlose öffnen

23.01.2017 | 3 Min. | Verfügbar bis 23.01.2018 | Quelle: WDR

Immer wieder betonen die Kommunen in NRW, dass niemand auf der Straße leben
müsse. Allerdings passen die Bedingungen in den Schlafstätten nicht zur
Lebensrealität vieler Obdachloser. Die Öffnung der U-Bahnhöfe ist
allerdings nicht für alle Städte eine Option.

http://www.ardmediathek.de/tv/Aktuelle-Stunde/St%C3%A4dte-wollen-U-Bahnh...