Prostitution - Gelsenkirchen wird zum Sperrbezirk

Prostitution - Gelsenkirchen wird zum Sperrbezirk

17.12.2014 | 17:33 Uhr

Das Geschäft mit dem käuflichen Sex ist an der Münsterstraße bald verboten - zumindest tagsüber.Foto: Gerhard Schypulla

Gelsenkirchen. In der gesamten Stadt Gelsenkirchen gilt ab Montag,
5. Januar, ein Sperrbezirk. Im Norden der Stadt ist die Prostitution
dann tagsüber verboten.

„Die paar Anwohner“ im Eichkamp, die ziemlich genau vor einem Jahr
ihren Hilferuf öffentlich gemacht haben, fühlen sich nun verstanden.
Denn am Mittwoch hat die Bezirksregierung Münster den Antrag der Städte
Gelsenkirchen und Herten auf Errichtung einer Sperrgebietsverordnung
positiv entschieden.

Ab Montag, 5. Januar, gilt in der gesamten Stadt Gelsenkirchen ein
Sperrbezirk . Im Norden – dem neuen Gebiet – zeitlich eingeschränkt: von
6 bis 20 Uhr während der Winterzeit und 6 bis 22 Uhr im Sommer.

Im Bereich der Münsterstraße gilt dieses Verbot auch im angrenzenden
Herten. Hier hat der Regierungspräsident den Verlauf der Landstraße L
622 von Recklinghausen-Hochlar nach Resse als nördliche Grenze
festgelegt. Ansonsten gilt das Verbot südlich bis zur Stadtgrenze von
Herne.

Drastische Strafen drohen

Damit reagiert der Regierungspräsident auch auf die Beschwerden der
Anwohner. Mehr als 30 Prostituierte gingen im Bereich Kleiweg und
Münsterstraße ihrem Gewerbe nach. Anwohner berichteten wiederholt über
„nackte Hintern und schaukelnde Autos“, die sie sich ansehen mussten.
Und natürlich von der Verschmutzung. Kondome und anderer „Liebesmüll“
würden entlang des Kleiwegs einfach weggeschmissen. „Früher waren die
Kinder im Sandkasten, heute spielen sie mit Kondomen“, schimpften sie.

Ein erster Schritt

Gelsenkirchens Rechtsdezernent Dr. Christopher Schmitt begrüßt die
Entscheidung der Bezirksregierung. „An erster Stelle steht für uns der
Schutz der Bürgerinnen und Bürger“, sagt er. Dabei komme dem
Jugendschutz eine besondere Bedeutung zu. „Wir befinden uns jetzt auf
einem guten Weg.“

Eichkamp

Anwohner sehen Entwicklung „vorsichtig positiv“

Im Eichkamp hat man die Nachricht vom Sperrbezirk „vorsichtig
positiv“ aufgenommen. „Wir begrüßen die Entscheidung“, sagt eine
Anwohnerin. „Und bedanken uns beim Ordnungsamt und Oberbürgermeister
Frank Baranowski für die Unterstützung“.

„Nach wie vor ist jedoch der dritte Schritt für uns entscheidend“,
erwidert ein Nachbar. Und fordert weiterhin die „Zuweisung eines
Bereiches nach dem Essener Modell“. Die Anwohner befürchten, dass gerade
das wichtige Argument der „Kindeswohlgefährdung“ durch die zeitliche
Befristung in Zukunft entfallen könnte.

Es gelte jetzt die Entwicklung zu beobachten, „nicht dass das
Wandern einsetzt und die Dienstleistung in Herne tagsüber angeboten
wird, um dann in der Nacht wieder zu uns zurück zu schwappen“.

Damit meint Schmitt, dass die Stadt Gelsenkirchen auch weiterhin
nach einem Gelände suchen wird, wo sie sogenannte Verrichtungsboxen nach
Essener Vorbild bauen kann. „Ich halte die jetzt vorgeschlagene
Regelung als Zwischenschritt für unbedingt notwendig“, betont er.
Zunächst werden daher die Mitarbeiter des Ordnungsamtes und der Polizei
ab dem 5. Januar überprüfen, ob sie Prostituierte während der
Tagesstunden im Stadtgebiet antreffen.

Beratungsangebote für die Frauen

Für den Fall bereitet die Stadt zurzeit Materialien vor. „Wir
erstellen Broschüren in mehreren Sprachen, die die betroffenen Frauen
über die neue Situation informieren“, sagt Martin Schulmann,
Pressesprecher der Stadt Gelsenkirchen. „Darüber hinaus werden wir den
Frauen Beratungsangebote machen“, so Schulmann.

Sollten die Damen nicht reagieren, drohen übrigens drastische
Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen von bis zu sechs Monaten. Die
„paar Anwohner“ haben also in Zukunft eine geringere Chance,
„Bordsteinschwalben, die ein neues Habitat im Emscherbruch gefunden
haben“ beobachten zu müssen. Sie können sich wieder auf Ringelnatter,
Reh und Hase freuen.

Angelika Wölke

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