Brechmittel-Prozess
Gericht rechnet mit 'Schlägen' für erneuten Freispruch
Der tödliche Brechmitteleinsatz gegen einen Kokain-Kleinhändler bleibt
weiter ungesühnt. Auch in einem zweiten Prozess hat das Landgericht Bremen den
verantwortlichen Arzt freigesprochen – nach dem Prinzip 'Im Zweifel für den
Angeklagten'.
Verteidiger Erich Joester nach dem
Prozess im Bremer Landgericht
Bremen –
„Wir werden Schläge für dieses Urteil einstecken“, sagte der
Ende 2004 hatte der Mediziner im Polizeiauftrag einem Kokain-Straßenhändler
Brechsirup und literweise Wasser eingeflößt – mit einem Nasen-Magen-Schlauch.
So ließen sich fünf verschluckte Drogenbehälter mit insgesamt 0,5 Gramm
Kokaingemisch als Beweismittel sicherstellen. Dabei fiel der gefesselte
35-Jährige ins Koma; elf Tage später war er tot.
In einem ersten Prozess sprach das Landgericht den Arzt 2008 frei, denn er
habe erstmals einen solchen Einsatz vorgenommen und sei überfordert gewesen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil 2010 wieder auf: Der unerfahrene
Mediziner hätte den Einsatz gar nicht erst übernehmen dürfen. Deshalb verwies
der BGH den Fall an eine andere Bremer Strafkammer zurück.
Dieses multifaktorielles Geschehen“ den Tod verursacht habe: ein
erst nachträglich entdeckter Herzfehler in Kombination mit Stress. Jedenfalls
habe der ausführende Arzt die tödliche Gefahr nicht vorhersehen können.
Nach Ansicht des Kammervorsitzenden
Nach dem Todesfall stoppte Bremen 2005 den Zwangseinsatz. Andere
Bundesländer folgten erst 2006, nachdem der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte den Brechmittelzwang als „unmenschlich und erniedrigend“
eingestuft hatte.
Mit dem neuerlichen
Nach Ansicht des BGH hatten auch andere Beteiligte „todesursächliche
Pflichtverletzungen“ begangen, nämlich ein hinzugezogener Notarzt und die
Leitung jenes privatisierten Beweismittelsicherungsdienstes, bei dem der
Angeklagte angestellt war. Die Staatsanwaltschaft sah jedoch keine Handhabe, um
auch diese Personen anzuklagen.
Bereits Ende 2001 war in Hamburg ein 19-Jähriger nach einem
Brechmittelprozess:
Fragwürdiger Freispruch
Tod durch Brechmittel: Freispruch für Arzt aufgehoben