Eltern wollen Kinder vor Süchtigen schützen

Von Angela Everts 13.3.13

mit einem Kommentar von Angela Everts

Kinder gehen auf eine weiter entfernte Schule, damit sie den Kamper Acker meiden.

Frank Heuner eskortiert die Kinder Neele, Nele und Jule zur Schule. S. Lepke

Frank Heuner eskortiert die Kinder Neele, Nele und Jule zur Schule.

Düsseldorf. Morgens, halb acht, in Holthausen: Frank Heuner macht sich mit Töchterchen Neele auf den Schulweg und sammelt zugleich auch die Freundinnen Nele und Jule ein. Obwohl die Kinder aus der Henkelsiedlung rund um die Straße Am Falder fast kreuzungsfrei in die St.-Apollinaris-Grundschule an der Itterstraße gehen könnten, haben die Eltern sie an der Adolf-Klarenbach-Schule an der Walter-Rathenau-Straße angemeldet. Der Grund: Der Nachwuchs soll die Methadonpraxis an der Itterstraße weiträumig umgehen. Damit er mit den Alkoholikern und den anderen Süchtigen am Kamper Acker nicht in Berührung kommt.

Gefühlte Welten trennen die Henkelsiedlung vom Kamper Acker

Auch Michaela Skowronek wird im nächsten Jahr ihre Zwillinge Timo und Mia nicht an der Itterstraße anmelden, sondern an der Adolf-Klarenbach-Schule. Wie fast alle aus der idyllischen Einfamilienhaus-Siedlung westlich des Elbroich-Parks. Dort ist ein kleines Dorf mitten in der Großstadt entstanden. In fast jeder der Doppelhaushälften lebt mindestens ein Kind, sie spielen gemeinsam auf den Grünflächen, man feiert gemeinsam ein Sommerfest – und man geht gemeinsam zur Schule. Damit die Kinder sicher über die Straße kommen, eskortiert im ersten Schuljahr abwechselnd ein Elternteil die Truppe.

Die Henkelsiedlung ist eine Welt für sich, der zur absoluten Selbstständigkeit eigentlich nur ein Tante-Emma-Laden fehlt. Oder zumindest ein Bäcker. Nötig wäre das nicht, denn das Einkaufszentrum am Kamper Acker liegt nahe, doch gefühlt trennen die beiden Bereiche Welten. „Ich bin dort beim Einkaufen zwar noch nie bedroht worden, dennoch habe ich stets ein ungutes Gefühl“, sagt Michaela Skowronek. Seit einiger Zeit ist Ehemann Gero stellvertretender Vorsitzender im CDU-Ortsverband. Im Rat würde er gerne etwas an der Situation ändern. Doch er weiß, dass es schwierig ist.

Denn schon der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Wolfgang Janetzky (CDU), ebenfalls Holthausener, hat sich die Zähne daran ausgebissen. Per Gericht wurde ihm untersagt, die Probleme in der Praxis öffentlich anzuprangern.

Ambulanzen: Früher hat es in der Stadt drei Methandonambulanzen gegeben, in Benrath, an der Graf-Adolf-Straße und der Flurstraße. Die an der Graf-Adolf-Straße wurde Ende vergangenen Jahres geschlossen, die in Benrath steht vor dem Aus und an der Flurstraße soll der Patientenkreis reduziert werden.


Protest: Mit einer Unterschriftenaktion haben jetzt Betroffene bei der Stadt und im Ausschuss für Gesundheit und Soziales ihren Protest gegen die Schließungen deutlich gemacht.


Praxis: Für die Methadonambulanzen sollen Arztpraxen die Ersatzdrogen ausgeben. Momentan sind das im Stadtgebiet sieben Praxen.


Patienten: Im Halbjahr 1. Juli bis 31. Dezember 2012 wurden in Düsseldorf insgesamt 1309 opiatabhängige Patienten substituiert. Durchschnittlich 170 Patienten gehen in die Drogenambulanz des Gesundheitsamtes an der Flurstraße. Der Rest entfällt auf die niedergelassenen Arztpraxen. Die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung für die Patienten in Düsseldorf liegt bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.

http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/eltern-wollen-kinder-vor-suechtigen-schuetzen-1.1265059

 

 

Kommentar: Berechtigte Angst der Eltern

Von Angela Everts

Nanninga, Bernd (bn)

Düsseldorf. Auf den ersten Blick ist es paradox, dass Eltern ihre Kinder auf einen weiteren Schulweg schicken als unbedingt notwendig. Und das nicht einmal, weil die eine Schule besser ist als die andere.

Doch die Sorgen der Eltern sind nachzuvollziehen. Denn die in der Praxis an der Itterstraße betreuten Abhängigen holen sich dort morgens nicht nur ihre Medikamente ab, sondern bevölkern in größeren und kleineren Gruppen auch die Straße und den benachbarten Kamper Acker. Ältere Kinder und Erwachsene können damit umgehen, bei jüngeren Schülern ist das nicht unbedingt gegeben.

Zudem ist der derzeit praktizierte Begleitservice nur ein zeitlich begrenzter Einsatz, denn später haben die Kinder ausreichend Routine, um den weiteren Schulweg auch ohne Begleitung zu bewältigen.

Frustrierend ist jedoch, dass die Probleme zwar seit vielen Jahren bekannt, Lösungsmöglichkeiten aber nicht in Sicht sind. Zudem ist es ein Skandal, dass es einem Ratsherrn untersagt wird, das Kind beim Namen zu nennen.

http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/berechtigte-angst-der-eltern-1.1265061