Hartz
IV beschert Sozialgericht Duisburg viele Verfahren
Karl-Dieter te Heesen, Vizepräsident des Sozialgerichts in Duisburg. Foto:
Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Duisburg. Das Sozialgericht Duisburg meldet
einen neuen Rekordwert bei den Klageeingängen. 2010 gingen 13 115 Verfahren ein
und damit 726 mehr als im Jahr davor. Die Hartz-IV-Verfahren
machten dabei mit 4959 Klagen wieder mehr als ein Drittel der Eingänge aus.
Das Sozialgericht Duisburg meldet einen neuen Rekordwert bei den
Klageeingängen. 2010 gingen 13.115 neue Verfahren ein und damit 726 mehr als im
Jahr davor. Die Hartz-IV-Verfahren machten dabei mit 4959 Klagen wieder
mehr als ein Drittel aller Eingänge aus.
Die Hartz-IV-Gesetze beschäftigten im letzten Jahr
nicht nur die Politik in Berlin, sondern auch das Duisburger Sozialgericht.
Rund ein Drittel aller Klagen und Eilanträge im letzten Jahr richteten sich
gegen Bescheide von Jobcentern und Arbeitsgemeinschaften (Arge) zwischen Essen
und Straelen, Duisburg und Kleve, denn so weit reicht
die Zuständigkeit des Gerichts mit Sitz an der Mülheimer Straße. Tendenz:
steigend.
Gericht ist personell knapp bemessen
Obwohl das Gericht gemessen an der Zahl von 13 115 Verfahren personell „recht knapp bemessen ist“, so der kommissarische Leiter
und Vize-Präsident Karl-Dieter te Heesen,
konnten über 30 % innerhalb von sechs Monaten erledigt werden. „Das liegt an
dem hohen Einsatz von Richtern und Mitarbeitern“, lobt te
Heesen. Trotzdem sei vor dem Hintergrund steigender
Fallzahlen ein Bedarf an fünf zusätzlichen Richtern vorhanden. Richterin
Stefanie Klose: „Jeder Richter bearbeitete im Durchschnitt 429 Fälle.“ Von
allen erledigten Verfahren endeten 43 Prozent zumindest mit teilweisem Erfolg
der Kläger. Damit liegt die Quote etwas höher als der Landesdurchschnitt (40,5
%).
Die Erfolgsaussichten bei Klagen im Bereich Hartz
IV, so der Vize-Präsident des Sozialgerichts, seien auch deswegen so hoch, weil
„die Gesetze oft schlecht gemacht und mit der heißen Nadel gestrickt
sind.“
Noch höhere Fallzahlen werden erwartet
Klagen im Bereich Hartz IV erforderten oft einen hohen Ermittlungsaufwand. Zwar seien außendienstliche
Ermittlungen eher selten, doch der Recherche-Aufwand oft groß. Zwölf Richter
und ihre Mitarbeiter kümmern sich am Sozialgericht allein um Klagen und
Eilverfahren in Sachen Hartz-IV. Insgesamt stieg die
Zahl um 15 Prozent auf 3977 Klagen. Die Zahl der Anträge auf Eilverfahren sank
leicht von 1192 auf 982. In 44 % aller Fälle waren die Klagen erfolgreich. 4777
Verfahren wurden im letzten Jahr erledigt. Durchschnittliche Dauer: 9,5 Monate.
Erwartet wird nach Inkrafttreten der neuen Gesetze eine weitere Steigerung der
Fallzahlen in diesem Jahr.
Inhaltlich ging es in den Verfahren im Wesentlichen u.a.
um die Angemessenheit von Unterkunfts- und Heizkosten, Umzüge und deren
Folgekosten wie Kaution und Renovierung, Rückforderungen zu Unrecht gezahlter
Leistungen, Leistungskürzungen und Anrechnung von Einkommen und Vermögen sowie
Anrechnung von Einkommen in eheähnlichen Verhältnissen.
Die Gerichtsbarkeit an der Mülheimer Straße ist aber nicht nur auf die
Zuständigkeit in Sachen Hartz IV beschränkt:
Sozialhilfe, Leistungen für Asylbewerber, Schwerbehinderten- und
Versorgungsrecht gehören in den Aufgabenbereich der Richter ebenso wie
Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung oder Rechtsstreitigkeiten der
Vertragsärzte. Hier landeten insgesamt 8156 Akten auf den Tischen der Richter,
eine Steigerung um 405 Fälle gegenüber 2009.
"Mehr als nur Hartz IV"
„Das Sozialrecht umfasst weit mehr als nur Hartz
IV. Was man nicht vergessen darf, ist die Tatsache, dass hinter jedem Fall ein
Einzelschicksal hängt. Rechtsprechung braucht deshalb Genauigkeit“,
unterstreicht Karl-Dieter te Heesen.
Richterin Stefanie Klose, die den Fachgebiet Hartz
IV leitet, hat allerdings Verständnis für die Situation der Mitarbeiter, die in
den Jobcentern entscheiden. „Es sind ja auch nur Menschen. Viele sind nicht
ausreichend geschult für das, was sie machen.“ Hinzu komme, dass es sich um
eine relativ junge Behörde handele und sich Gesetze und Vorschriften oft
ändern. „Die müssen sich da auch erst einmal reinarbeiten. Viele Einsprüche
werden ja auch schon von ihnen behandelt. Bei uns landet dann die Spitze des
Eisbergs.“ Und jeder Bürger habe die Chance, dass sein Fall vom Gericht
überprüft wird.