Manipulierte Zähler - Stromklau nimmt zu
11.12.2012 | 08:00 Uhr
Ulrich Graetsch ist
Spezialzählerprüfer bei der RWE Rhein-Ruhr Netzservice GmbH im Technik-Center
Zählerwesen in Essen-Kettwig.Foto: DETLEV KREIMEIER
Essen. Bei der RWE-Prüfstelle in
Essen-Kettwig tauchen seit einiger Zeit immer mehr manipulierte Strom-Zähler
auf. Doch Stromdiebstahl ist kein Kavaliersdelikt: Den Tätern drohen hohe
Strafen.
In der Regel laufen Stromzähler über Jahre reibungslos. Doch im
Technikcenter Zählerwesen der RWE Rhein-Ruhr Netzservice GmbH in Kettwig tauchen in den letzten Jahren immer häufiger
Stromzähler auf, die manipuliert worden sind. Der Stromklau nimmt zu.
„Offensichtlich
haben mehr Menschen Probleme, ihre Stromrechnung zu bezahlen“, sagt Peter
Wilms, Leiter der staatlich anerkannten Prüfstelle. Der Versuch, den Verbrauch
zu seinen Gunsten zu manipulieren, kann jedoch nach hinten losgehen. Der Täter
macht sich strafbar.
Rund 900 Kunden pro Jahr beantragten zuletzt im RWE-Netzgebiet, dass ihr
Zähler überprüft wird. Ihre Zahl hat laut RWE damit deutlich zugenommen - seit
2008 etwa um das Sechsfache. Das RWE-Netzgebiet erstreckt sich von
Niedersachsen über das Münsterland, Niederrhein, Ruhrgebiet, Rheinland,
Sauerland und die Eifel bis nach Rheinland-Pfalz.
Viele Kunden vertrauen offenbar ihrem Zähler nicht, wenn der eigene
Stromverbrauch gestiegen ist. Doch Wilms warnt: Zwar habe jeder Kunde das Recht
auf eine Überprüfung. Sollte sich jedoch herausstellen, dass er ordnungsgemäß
funktioniert, muss der Kunde die Überprüfung bezahlen. Das kostet 150 Euro.
Etwa ein Drittel der überprüften Zähler ist jedoch tatsächlich manipuliert,
sagt Wilms. Und der Anteil steigt. Und mit ihm auch der
Erfindungsreichtum, räumt er ein. „Aber wir entdecken jeden Fall, spätestens
bei der übernächsten Abrechnung“, so Wilms. Im Übrigen ziehe sich der Stromklau
durch alle sozialen Schichten.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie RWE den Tätern auf die Schliche kommt.
Alle will Wilms nicht verraten. Beispielsweise schaut der Netzbetreiber genauer
hin, wenn ein Kunde plötzlich deutlich weniger Strom als bei den letzten
Abrechnungen verbraucht. Aber auch aufmerksame Nachbarn geben hin und wieder
sachdienliche Hinweise. Schließlich zahlen ehrliche Kunden für die Betrügereien
mit. Viele Fälle fliegen zudem bei einem Mieterwechsel auf. Und manchmal geht
ein Manipulationsversuch auch nach hinten los, indem sich der Zähler danach sogar
schneller dreht.
Die RWE-Tochter bringt jeden Fall zur Anzeige, arbeitet nach eigenem
Bekunden bei Ermittlungen mit der Polizei zusammen. Stromdiebstahl ist kein
Kavaliersdelikt. Die Täter machen sich wegen „Entziehung elektrischer Energie“
und/oder der „Fälschung technischer Aufzeichnungen“ strafbar – beides
Paragrafen im Strafgesetzbuch. Die „Entziehung elektrischer Energie“ kann mit
einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet
werden.
http://www.derwesten.de/nrz/staedte/essen/manipulierte-zaehler-stromklau-nimmt-zu-id7381359.html