Düsseldorf- Lebensgefährliche Konsequenzen
Stromsperre kann Leben kosten
Bei säumigen Zahlern legen die Stadtwerke Düsseldorf den
Stromzähler still. 20-mal am Tag wird abgeklemmt.
Von MICHAEL KERST und JULIA TODORINC
Georg Wallraff war in Sorge, weil seine lebenswichtigen
Beatmungsgeräte ohne Strom nicht funktionieren.
Foto: dpa
Es passiert durchschnittlich 20 mal
am Tag, mehr als 7000 mal im Jahr: Bei säumigen Zahlern legen die Stadtwerke
Düsseldorf den Stromzähler still. Das kann im Einzelfall lebensgefährliche
Konsequenzen haben.
Erst vor einer Woche machte ein dramatischer Fall aus
Velbert Schlagzeilen: Dort hatte ein 46-Jähriger, dem der Strom abgeklemmt
worden war, sich im Baumarkt benzinbetriebene Stromaggregate besorgt. Dass die
Geräte Kohlenmonoxid abgeben, bedachte der Mann nicht, als er sie in seiner
Wohnung in Betrieb nahm – ein tödlicher Fehler. Er starb an den Gasen.
Um seine Gesundheit musste auch Georg Wallraff (55) aus Lichtenbroich fürchten. Der Frührentner leidet seit 1996 an
einem Schlafapnoe-Syndrom – plötzlichen
Atemstillständen im Schlaf. Spezialgeräte schalten dann eine automatische
Sauerstoffzufuhr ein – aber nur, wenn auch Strom auf der Steckdose ist.
Monatelang hatte Wallraff allerdings seine Stromrechnung
nicht bezahlt. „Wir haben den Kunden mehrfach gemahnt“, berichtet Stadtwerke-Sprecherin Christina Näckel.
„Als er nicht reagiert hat, musste unser Forderungs-Management reagieren –
zumal Herr Wallraff uns über seine gesundheitlichen Probleme nicht unterrichtet
hat.“
Kunden, die auf lebensnotwendige Geräte angewiesen sind,
sollten sich auf jeden Fall bei den Stadtwerken melden, „und das tun sie auch
in der Regel“, betont Christina Näckel. „Und wir
berücksichtigen auch soziale Härten – wenn man auf uns zukommt.“ Wallraff
allerdings ist sich selbst keiner Schuld bewusst: „Ich habe das Geld doch
wirklich nicht! Deshalb kann man mich doch nicht wir einen Verbrecher behandeln
und einfach im Schlaf sterben lassen.“
Für den Stadtwerke-Kunden fand
sich am Dienstag zum Glück eine Lösung: „Er hat sich an das Amt für
Grundsicherung gewandt, dort eine Bestätigung bekommen, dass die offene
Rechnung übernomen wird“, so Christina Näckel. „Ab sofort hat er wieder Strom!“ exp 20.8.8.
Schlafapnoe:
Strom da, Atemgerät arbeitet wieder
(ost) Georg Wallraf kann sein
Atemgerät wieder benutzen. Die Stadtwerke hatten ihm den Strom abgedreht, weil
der Frührentner Außenstände von 900 Euro nicht begleichen konnte (RP berichtete
gestern). Was der Energieversorger nicht wusste: Der 55-Jährige leidet an einer
Schlafapnoe. Ein Beatmungsgerät gleich seinen
nächtlichen Atemstillstand aus. Das Sozialamt will nun gut die Hälfte der
Rechnung übernehmen. „Obwohl wir das Geld noch nicht haben, beliefern wir Herrn
Wallraff wieder mit Energie. Aus Kulanz“, bestätigte gestern Stadtwerke-Sprecherin Christina Näckel.
Den Rest will Wallraff mit Hilfe eines städtischen Darlehens begleichen. Jäckel
bekräftigte nochmals: „Wir stellen niemandem den Strom an, von dem wir wissen,
dass er gesundheitlich darauf angewiesen ist. Herr Wallraff hatte uns darüber
nicht informiert.“
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Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.194
Datum: Mittwoch, den 20. August 2008
Seite: Nr.14
Strom abgestellt, Atemgerät aus
(ost) Ein Alarmsignal riss Georg Wallraff gestern morgen aus dem Schlaf. Sein Beatmungsgerät warnte ihn, bevor es ausfiel. Kurz zuvor hatten ihm die Stadtwerke den Strom abgedreht. „Dabei bin ich auf den Strom angewiesen“, sagt er.
Der 55-Jährige leidet seit 1996 am Schlafapnoe-Syndrom. Nachts setzt bei ihm Atemstillstand ein. Ein Beatmungsgerät schaltet sich automatisch ein und überbrückt die kritischen Phasen. „Ohne das Gerät muss ich mit dem Schlimmsten rechnen. Ich könnte sterben“, erklärt Wallraff.
Weil er ausstehende Rechnungen nicht zahlte, haben die Stadtwerke seine Wohnung in Lichtenbroich vom Netz genommen. Außenstände von 900 Euro häuften sich seit Jahresanfang an. „Ich habe das Geld nicht“, sagt der Frührentner.
„Wir stellen unsere Lieferung ja nicht von heute auf morgen ein“, erklärte Stadtwerke-Sprecherin Christina Näckel auf Anfrage der RP. „Wir haben in mehreren Mahnungen davor gewarnt, aber Herr Wallraff hat die Schreiben ignoriert und keinen Kontakt zu uns gesucht.“ Mehrere tausend Kunden müsse der Versorger pro Jahr vom Netz nehmen, weil diese nicht zahlten. Grundsätzlich gebe es bei Krankheitsfällen aber Ausnahmen. „Bei einer Schlafapnoe wie bei Herrn Wallraff besteht keine Lebensgefahr. Deshalb erhalten wir die Stromsperre aufrecht, bis die Rechnungen beglichen sind“, sagte Näckel und verwies an die Arge, die Wallraff möglicherweise finanziell helfen könne. Der indes ist fassungslos, den Strom für sein Beatmungsgerät musste er sich letzte Nacht aus einer Kellersteckdose in die Wohnung holen. Mit Hilfe einer Kabeltrommel.
Harald Stöcker, Oberarzt der Kaiserswerther Lungenklinik, bestätigte gestern: „Je nach Schwere der Krankheit kann das Syndrom zum Tode führen.“
Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.193
Datum: Dienstag, den 19. August 2008
Seite: Nr.19
Exp. 16.8.08 Die Stadtwerke stellten ihm den Saft ab. Da warf der Mann Generatoren
an - und vergiftete sich dadurch in seiner eigenen Wohnung.
Das Opfer hatte seine Stromrechnung nicht bezahlt.
Foto: Ovelgönne
Dramatischer Tod eines 46-Jährigen: Er musste sterben, weil er kein Geld für Strom
hatte...
Am frühen Donnerstagmorgen meldete sich eine Bekannte bei der Polizei, weil sie sich
Sorgen um den Mann machte. Die Beamten fuhren zur Wohnung, ließen die Tür aufbrechen.
Da erblickten sie ein Bild des Grauens: Die Wohnung war total vermüllt, verdreckt
und stank. Im Wohnzimmer liefen zwei Diesel-Generatoren - und hier lag die Leiche des
Mannes.
Er hatte sich die Generatoren wohl angeschaltet, nachdem ihm der Strom abgestellt
worden war. Das hatte er wohl schon mehrfach gemacht - doch diesmal waren alle
Fenster zu.
Die Polizei ist sich sicher, dass das Kohlenmonoxid aus den Generatoren den Mann
erst betäubt und dann getötet hat.