DÜSSELDORF
Jenseits der Kö knurrt der Magen
Armut ist in Düsseldorf ein Thema. Das merken etwa die Franziskaner, die Essen für Arme ausgeben: Mittlerweile kommen auch Kinder, weil sie sonst hungrig bleiben.
Die Ordensmänner legen damit den Finger in eine offene Wunde: "Als wir vor neun Jahren damit begannen, kamen um die 50 Personen, meist Obdachlose. Heute hat sich die Zahl fast verfünffacht", sagt Bruder Klaus-Dieter. Was die Sache für die Geistlichen besonders arg macht: Längst holen sich nicht nur Obdachlose bei ihnen eine warme Mahlzeit oder benutzen Duschen und Toiletten: "Es kommen immer mehr Alte und sogar Familien mit Kindern." Platz für alle gibt es längst nicht mehr, das Speisezimmer, die Firminus-Klause, platzt aus allen Nähten. Wer Pech hat, muss draußen sitzen auch im Winter. Männer, Frauen und Kinder müssen sich Toiletten teilen. Mit ihrer Aktion wollen die Franziskaner darauf aufmerksam machen. Die Botschaft: Mit einem Euro kann ein Bedürftiger einen Tag ernährt werden. Noch reichen die Rücklagen für ein halbes Jahr, Geld für den dringenden Ausbau gibt es nicht. Nicht nur die Franziskaner haben mit zunehmender Not zu kämpfen, derzeit gibt es um die zehn Stellen in der Stadt, die Mahlzeiten kostenlos oder für kleines Geld abgeben. In vielen Stadtteilen gibt es mittlerweile Geschäfte, in denen Menschen ohne Geld rabattierte Lebensmittel oder Kleidung erhalten. In Flingern ist es etwa "Der Laden" vom Verein Flingern mobil, der Lebensmittel billiger abgibt. Soziale Preise gegen soziale Härte, heißt das Motto. 180 Menschen kommen je Woche. "Besonders viele allein Erziehende oder Familien mit Kindern sind darunter", sagt Projektleiter Karl-Heinz Beulen. Zum Monatsende könnten sich viele noch nicht einmal ein Brot leisten, auch wenn es nur 25 Cent koste. Seit der Eröffnung im Mai 2004 steigt die Zahl der Kunden. Wer nicht aus den Pfarrbezirken Flingern-Düsseltal oder Stadtmitte kommt, wird abgewiesen "Der Laden" ist mit seiner Kapazität am Ende angelangt. Ein Beispiel aus dem Stadtsüden: In Wersten kümmert sich die Stiftung "Mit Herz und Hand für Wersten" um Menschen, die am Rande der Gesellschaft ohne festes Einkommen leben. Dort leiden häufig die Kleinen: "Es gibt Kinder, die ohne Frühstück oder Pausenbrot zur Schule kommen", sagt Silvia Pantel von der Stiftung. "De facto gibt es bei uns Kinder, die nicht satt werden." "Es gibt zwar immer mehr Hilfen für Menschen, die nichts haben", sagt Hubert Ostendorf von der Obdachlosen-Initiative Fifty-Fifty. "Es gibt aber auch immer Menschen, die unbemerkt an der Grenze zur Armut leben. In keiner anderen Stadt in Deutschland ist die Kluft zwischen arm und reich so groß wie in Düsseldorf." Die Zahl der Obdachlosen sei gesunken, jetzt seien es Familien mit Kindern, die Hilfe brauchen. "Kinder sind ein Armutsrisiko", sagt Ostendorf, "eine bittere Vorstellung." Sein Vorschlag: "Es muss eine gemeinsame Aktion von allen Seite geben: Stadt, Hilfevereine und soziale Einrichtungen." Dafür müsse es nicht nur einen kommunalen Armutsbericht geben, sondern auch einen Reichtumsbericht. Übrigens: Der Armutsbericht ist aus dem Jahr 1999. Man sehe keinen Sinn darin, ihn weiterzuschreiben, heißt es im Sozialdezernat. 09.08.05 |
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