Reichtum schafft Reichtum. Ein Prozent der Weltbevölkerung verfügt über 44 Prozent der Werte

14. Oktober 2014

Analyse Reichtum schafft Reichtum

 Von 

Ferrari-Fans in Beverly Hills, USA. Foto: AFP

Mit seinem Buch über den Siegeszug des Kapitals im 21. Jahrhundert hat der französische Ökonom Thomas Piketty die Gerechtigkeitsdebatte neu angeheizt. Überraschende Unterstützung bekommt er nun von der Schweizer Großbank Credit Suisse. In ihrem Weltvermögensbericht kommt sie zu dem Schluss, dass die Ungleichheit wieder rasant zunimmt.

Die Weltwirtschaft stockt seit längerem, wie Arbeitnehmer rund um den Globus zu spüren bekam. Bei den Reichen ist von Flaute nichts zu spüren - im Gegenteil. Das globale Vermögen legte im vergangenen Jahr laut dem Global Wealth Report der Schweizer Bank Credit Suisse so rasant zu wie nie zuvor. Angetrieben vom Anstieg der Immobilienpreise und vor allem der Aktienkurse  schoss es um gut acht Prozent auf 263 Billionen Dollar hoch. Und so kann es weiter gehen, glauben die Experten der Credit Suisse.  Das globale Vermögen privater Haushalte wird laut ihrer Prognose in den nächsten fünf Jahren um weitere 40 Prozent steigen.

Die Aktualität des Bibel-Spruchs „Denn wer da hat, dem wird gegeben“ wird eindrucksvoll durch einen Blick auf einen größeren Zeitraum bestätigt. Erstaunlicherweise übertreffen die Gewinne von 2013 die Verluste aus dem Katastrophenjahr 2007/2008, als die Weltfinanzkrise begann  und die Börsen einbrachen. Heute liegt das Vermögen auf dieser Erde um 39 Prozent über dem Tiefstand von 2008.

Gesellschaften driften auseinander

Begleitet wird die Reichtumsmehrung von einer verschärften Ungleichheit. Nicht nur in China und Indien, auch in den wohlhabenden Industrienationen  driften die Gesellschaften auseinander. Enorme Unterschiede habe es fast in der gesamten Menschheitsgeschichte gegeben, schreiben die Autoren des Berichts. Traditionell sorgten Landbesitz, Erbschaften und Eroberungen für Reichtum weniger Talent oder harte Arbeit. Im 20. Jahrhundert sei jedoch ein neues Zeitalter angebrochen – die Vermögensungleichheit nahm ab. „Dieser Trend scheint nun zum Stillstand gekommen zu sein und dreht sich möglicherweise wieder um“, glaubt die Credit Suisse. 

Als Beleg führt sie die Verschiebungen in den USA an, weil dort eine gute Datenbasis historische Vergleiche ermöglicht. Demnach erreichte der Anteil der obersten ein Prozent am gesamten Vermögen in den 1920er Jahren mit rund 80 Prozent die höchsten Werte, bevor er lange bis in die 1970er fiel. Das erklärt die Studie mit dem Aufstieg der Arbeitnehmerschaft und deren wachsenden Besitz an Häusern und Autos und andern Wertgegenständen. Seitdem aber geht es wieder in die andere Richtung. Die  Ungleichheit in den Vereinigten Staaten ist nicht mehr weit von den alten Rekordständen vor einem Jahrhundert entfernt.

Topverdiener in den USA seit 70er Jahren Einkommen stark gesteigert

Der Report führt mögliche Gründe an. So hätten seit den 70er Jahren die Topverdiener in den USA ihre Einkommen stark gesteigert. Die aber sparen viel von ihren Gehältern. Dadurch sei das Angebot an Kapital gestiegen. Entsprechend sanken die Zinsen, was wiederum die Aktienkurse hochtreibt. So gesehen entstand für die gut Betuchten ein positiver Kreislauf.  Sicher hat die wachsende Spaltung auch etwas mit der Wirtschaftspolitik  zu tun, die den Ausbau des Sozialstaats stoppte und einen stärker liberalen Kurs einschlug. Noch nicht geklärt ist der Beitrag der Digitalisierung, die ähnliche Umbrüche einleiten könnte wie die Industrielle Revolution. Der Siegeszug  von Internet und Smartphone verschärft zweifellos die Ungleichheit z wischen den topqualifizierten Spezialisten und der großen Masse der leicht ersetzbaren Arbeitnehmer.  Dies sorgt für schärfere  Einkommensunterschiede, was  nach und nach auch die Vermögenskonzentration nach oben treibt.

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Reichtumsbericht

Konzentration des Vermögens

»Global Wealth Report«: Ein Prozent der Weltbevölkerung verfügt über 44 Prozent der Werte

(Reuters/jW)

FOTO: Frank Leonhardt dpa/lby

14 Okt 2014 - 17:08

Die großen Privatvermögen weltweit sind erneut angewachsen. Dies
ist die zentrale Aussage des am Dienstag von der Schweizer Großbank
Credit Suisse veröffentlichten »Global Wealth Reports«. Allein in den
vergangenen zwölf Monaten ist deren Volumen um gut acht Prozent
gestiegen. Auf alle Erwachsenen weltweit verteilt kommt das Züricher
Institut auf Finanzanlagen und Immobilienwerte von theoretisch 56.000
Dollar pro Kopf.

Tatsächlich besitzt laut dem Bericht gerade mal ein Prozent der
Weltbevölkerung aber 44 Prozent des Reichtums. Demgegenüber teilen sich
70 Prozent gerade mal drei Prozent des globalen Vermögens von derzeit
263 Billionen US-Dollar. Diese Summe liegt bereits wieder um 39 Prozent
über dem Tiefstwert aus dem Jahr 2008. Damals hatte die globale
Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht. Die Verfasser der Studie rechnen
mit einem weiteren Zuwachs auf 369 Billionen Dollar bis zum Jahr 2019.
Knapp zehn Prozent des Vermögens dürften sich dem Report zufolge in fünf
Jahren in China konzentrieren. Die Spitzenstellung der USA, wo dann die
Marke von 114 Billionen Dollar überschritten werden dürfte, sehen die
Autoren nicht »gefährdet«. Weiterhin am besten geht es mit einem
durchschnittlichen Pro-Kopf-Vermögen von 581.000 Dollar den Schweizern,
gefolgt von den Australiern, Norwegern und US-Amerikanern. Die Schweiz
profitiert dabei vom hohen Anteil Superreicher: In dem Land leben 2.434
Personen mit einem Vermögen von mehr als 50 Millionen Dollar. An der
Spitze stehen diesbezüglich die USA, wo fast die Hälfte der weltweit gut
128.000 im Bericht »Ultra High Net Worth Individuals« genannten
Millionäre und Milliardäre zu Hause ist. In Deutschland sind es 5.548,
womit die Bundesrepublik hinter China – das allerdings auch 15mal so
viele Einwohner hat – auf Platz drei liegt.

Das größte Vermögenswachstum wurde von den Verfassern des Berichts in
Nordamerika verzeichnet. Es lag dort bei 11,4 Prozent, die Werte
wuchsen auf 91 Billionen Dollar an, was knapp 35 Prozent der
registrierten Gesamtsumme entspricht. In Europa lag das Wachstum bei
10,6 Prozent, die Vermögenssumme betrug 85 Billionen Dollar. In beiden
Regionen waren laut Report »die Kapitalmärkte« wichtigster Treiber des
Zuwachses an Privatbesitz. Dazu passt die Meldung vom Dienstag,
derzufolge die US-Großbank JP Morgan trotz unzähliger
Rechtsstreitigkeiten wieder satte Profite einfährt. Das legt ein am
Dienstag auf der Internetseite Shareholder.com veröffentlichtes Dokument
mit den Zahlen zum dritten Quartal nahe, über das die
Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Demnach weist das
Geldinstitut einen Gewinn von 5,6 Milliarden Dollar aus. Vor einem Jahr
hatte es noch einen Verlust von 380 Millionen Dollar verzeichnet.

(Reuters/jW)

https://www.jungewelt.de/kapital-arbeit/konzentration-des-verm%C3%B6gens