65.000 Einbrüche in Nordrhein-Westfalen

5. November 2015 | 06.35 Uhr

65.000 Einbrüche in Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf.

2015 droht einer Prognose der Polizei zufolge eine dramatische Zunahme. Seit
18 Jahren war die Zahl der Einbrüche nicht mehr so hoch.

Von Christian Schwerdtfeger

 

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Nordrhein-Westfalen wird aller
Voraussicht nach zum Ende des Jahres auf einem neuen Höchststand liegen.
Die Experten der Polizei rechnen 2015 landesweit mit rund 65.000
Einbrüchen - das wären dann so viele wie seit mindestens 18 Jahren nicht
mehr. Die Ermittler gehen bei ihrer Prognose von einer Verdoppelung der
Einbruchszahlen des ersten Halbjahres aus.

Bis Ende Juni verzeichnete das Landeskriminalamt (LKA) mit 33.500
Einbrüchen bereits einen dramatischen Anstieg im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum. "Das ist eine kritische Entwicklung", sagte
NRW-Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann. "Leider hat die positive
Entwicklung aus dem Vorjahr nicht gehalten", sagte er. Im Jahr 2014
waren die Einbruchszahlen in NRW mit 53.000 Delikten zum ersten Mal seit
sieben Jahren rückläufig gewesen.

Das bedeuten die Gaunerzinken

FOTO: RPO

Als einen Hauptgrund für die negative Tendenz sieht Schürmann eine
erneute Zunahme krimineller Aktivitäten osteuropäischer Banden, die
laut Polizei für eine Vielzahl von Einbrüchen verantwortlich sind. "Die
Zahl der reisenden Tätergruppen, die für die Einbrüche gezielt ins Land
kommen, ist dramatisch gestiegen", so Schürmann. Nach Erkenntnissen der
einzelnen Fachkommissariate kommen diese Banden in erster Linie aus
Serbien, Rumänien und der Türkei. Mit etwas Abstand folgen Gruppierungen
aus den baltischen Staaten.

Besorgniserregend bleibt nach wie vor die geringe
Aufklärungsquote. Nur bei etwa jedem siebten Delikt können die Täter
ermittelt werden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) führt das unter
anderem auf Personalmangel zurück: "Nur weil das Land bei den Stellen in
der Kriminaltechnik spart, können wir die Täter nicht überführen,
obwohl es von den Spuren her möglich wäre", kritisierte der
NRW-Vorsitzende der GdP, Arnold Plickert, auf einem Kriminalforum der
Gewerkschaft in Düsseldorf. Plickert forderte NRW-Innenminister Ralf
Jäger (SPD) auf, besonders betroffene Einbruchskommissariate personell
deutlich zu verstärken. "Solange ein Ermittler weiter jeden Monat
zwischen 80 und 100 neue Fälle auf den Schreibtisch bekommt, dürfen wir
uns nicht wundern, dass Einbrüche nur noch verwaltet werden, statt die
Täter zu ermitteln."

So schützen Sie sich vor Wohnungseinbruch

Ganz anders sieht die Entwicklung etwa in Bayern aus. Dort
zeichnet sich bei der Einbruchskriminalität in diesem Jahr eine moderate
Entspannung der Lage ab. "Nach den Daten unserer Kriminalstatistik
hatten wir bis einschließlich September 2015 im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum einen leichten Rückgang der Einbruchszahlen", sagte
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). In Bayern war im
vergangenen Jahr mit 65 Einbrüchen pro 100.000 Einwohner das
Einbruchsrisiko rund fünfmal geringer als in Nordrhein-Westfalen, wo im
selben Zeitraum 300 Einbrüche pro 100.000 Einwohner verübt wurden.
Hermann führt die Rückgänge in seinem Bundesland unter anderem auf einen
erhöhten Fahndungsdruck, eine bessere internationale Zusammenarbeit und
verstärkte Präventionsmaßnahmen zurück. Aber auch die sogenannte
Schleierfahndung ist nach Angaben bayerischer Ermittlungsbehörden
wichtig für den Rückgang an Einbrüchen. Hierbei kontrollieren Polizei
und Bundesgrenzschutz Personen auch ohne konkreten Verdacht.

Für das nordrhein-westfälische Innenministerium kommt die
Schleierfahndung jedoch nicht in Betracht, weil sie gegen geltendes
Landesrecht verstößt. "Wir haben aber ohnehin schon genügend Anlässe,
Personen zu kontrollieren, so dass wir dieses Instrument auch nicht
bräuchten", so der NRW-Landeskriminaldirektor.

"Einbruchs-Vorhersage": Diese Daten sollen helfen

Von Vergleichen mit anderen Bundesländern, wie sie Politiker immer
wieder heranziehen, hält die Gewerkschaft der Polizei nichts. Denn
diese berücksichtigten nicht die unterschiedlichen Gegebenheiten in den
Ländern. "NRW kann mit seinen vielen Großstädten und Ballungsräumen
nicht mit Flächenländern wie Bayern oder Thüringen verglichen werden",
erklärte Wolfgang Spies vom GdP-Landesvorstand. Bayern ist das größte
deutsche Flächenland und hat nach NRW mit 12,6 Millionen die
zweitmeisten Einwohner. Auch verfügt Bayern über eine deutlich längere
Grenzen zu Nachbarstaaten als NRW. Anders als in Bayern, sagte Spies,
könnten Täter in NRW ein enges Verkehrsnetz nutzen, das ihnen beste
Voraussetzungen zur Flucht biete. Darum sei es auch kein Zufall, dass
die meisten Einbrüche in Städten entlang der Autobahnen A 2 und A 3
verübt werden.

Quelle: RP

http://www.rp-online.de/nrw/panorama/65000-einbrueche-in-nordrhein-westf...