Düsseldorf beschließt neue Unterkünfte für 69 Millionen Euro
18.03.2016 | 22:00 Uhr
Zwei der neuen Modulanlagen für Flüchtlinge werden solche Holzbauten sein.Foto: Amt für Gebäudemanagement
Düsseldorf.
Die umstrittenen sechs Modulanlagen für Flüchtlinge sorgten
für hitzige Wortgefechte im Finanzausschuss. Die CDU drohte gar mit
rechtlichen Schritten.
Unter heftigem Protest der CDU hat der Haupt- und Finanzausschuss
gestern in einer Sondersitzung beschlossen, für 69 Millionen Euro sechs
neue Modulanlagen für Flüchtlinge zu kaufen. Die Abstimmung war vom Rat
in eine Sondersitzung verschoben worden, weil CDU und FDP mehr Details
wünschten – die CDU zur Frage der Nachhaltigkeit, die FDP zur
Finanzierung. Während Stadtkämmerin Dorothee Schneider die FDP-Bedenken
zerstreuen konnte, löste das Thema Nachhaltigkeit hitzige Wortgefechte
aus. Diese gipfelten darin, dass die CDU drohte, die Rechtmäßigkeit der
Abstimmung prüfen zu lassen.
Weil im Herbst 1900 Plätze für
Flüchtlinge wegfallen (unter anderem laufen Verträge aus), muss die
Stadt für Ersatz sorgen. Das wird nun in Form der sechs Anlagen
geschehen, die an der Oberlöricker Straße, Auf’m Tetelberg, In der
Nießdonk, an der Ickerswarder Straße, am Franz-Rennefeld-Weg und an der
Lützenkirchener Straße entstehen. Ohne diese Anlagen stünden Düsseldorf
nur noch 7000 Plätze zur Verfügung, was angesichts einer
prognostizierten Zahl von 11 000 bis 14 000 Flüchtlingen bis Jahresende
den Handlungsdruck erhöht.
Kaufen statt mieten langfristig günstiger
Anders
als bisher sollen die neuen Modulanlagen nicht gemietet, sondern
gekauft werden. „Das ist über einen Zeitraum von fünf Jahren die
günstigere Lösung“, sagte Schneider. 591 Euro betragen die
durchschnittlichen Unterbringungskosten pro Platz und Monat in gekauften
Modulanlagen, 601 Euro in gemieteten. Notfalllösungen wie Hotels (1131
Euro) oder Turnhallen (bis 1580 Euro) sind noch teurer. Die 69 Millionen
Euro für die neuen Unterkünfte werden laut Kämmerin mithilfe von
Krediten aus Förderprogrammen getragen, außerdem gibt es eine Erstattung
vom Land.
Kommentar
Was ein Theater
Für den Fall, dass Ihnen mal langweilig sein sollte, habe ich hier
den ultimativen Tipp für Sie: Besuchen Sie eine Sitzung im Rathaus,
denn da bekommt man ganz umsonst viel Unterhaltung geboten. Nicht, dass
wir uns falsch verstehen: Natürlich ist es völlig legitim, Kosten zu
hinterfragen und Alternativvorschläge zu machen, wie es die CDU im
Haupt- und Finanzausschuss bei der Debatte um sechs neue
Flüchtlingsunterkünfte getan hat. Nicht nachvollziehbar ist allerdings,
wie sie einerseits zustimmen kann, dass ihr Vorschlag in der gebotenen
Zeit nicht umzusetzen ist, gleichzeitig aber an ihm festhält und sogar
dann noch darüber abstimmen will, wenn er durch die Annahme des
Verwaltungsantrags bereits hinfällig ist. Da man nicht davon ausgehen
muss, dass es der CDU an logischem Denken mangelt, bleibt eigentlich nur
ein Schluss: Sie hat Spaß am Querulieren.
„Wir sind erschrocken über die Kosten für eine
Lösung, die nicht nachhaltig ist“, sagte CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt.
Er halte es daher für geboten nachzuverhandeln. „Wir werden den
Verdacht nicht los, dass es Anbieter gibt, die mit der Not der
Flüchtlinge und Kommunen einen Reibach machen wollen.“
Sozialer Wohnungsbau braucht zu viel Zeit
Die CDU hatte im Vorfeld einen Änderungsantrag gestellt. Der sah vor, dass
nur die Standorte Oberlöricker Straße und Auf’m Tetelberg bedingungslos
abgenickt werden, die Standorte Franz-Rennefeld-Weg und Lützenkirchener
Straße nur unter der Voraussetzung, dass weitere Angebote eingeholt
würden. Zudem sollte der Rat die Städtische Wohnungsgesellschaft damit
beauftragen, statt der zwei weiteren Modulanlagen öffentlich geförderte
Wohnungen zu bauen. Das ist aufgrund baurechtlicher Zwänge bis
Jahresende aber nur am Standort Lützenkirchener Straße möglich.
„Das eine zu tun, heißt nicht, das andere zu lassen“, sagte
Oberbürgermeister Thomas Geisel. Doch selbst größtes Tempo beim sozialen
Wohnungsbau könne den erheblichen Zeitdruck nicht lösen: „Wir müssen
jetzt Unterbringungen schaffen.“ Dass die Stadt dabei aus eigenem
Interesse das günstigste Angebot wähle, sei selbstverständlich.
CDU hält Abstimmung für untragbar
Manfred Neuenhaus, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, und
Bürgermeister Günter Karen-Jungen (Grüne) luden die CDU ein, gemeinsam
bis zur nächsten Ratssitzung einen Antrag zum nachhaltigen sozialen
Wohnungsbau zu erarbeiten. Statt darauf einzugehen, bestand die CDU auf
einer Abstimmung über ihren Änderungsantrag. Als Geisel das mit Verweis
auf den bereits beschlossenen Verwaltungsantrag ablehnte, wurde es noch
einmal turbulent. „Das ist eine untragbare Abstimmung! Wir behalten uns
eine rechtliche Prüfung vor“, wetterte Gutt.
Christine Holthoff
http://www.derwesten.de/nrz/staedte/duesseldorf/duesseldorf-beschliesst-...