Wer Häuser, Wohnungen und Aktien besitzt, konnte sein Vermögen in den
vergangenen Jahren mehren. An vielen Menschen in Deutschland geht der
Boom allerdings vorbei.
Frankfurt/Main
(dpa) - Aktien und vor allem Immobilien machen den Unterschied: Nach
Daten der Bundesbank sind die Vermögen der privaten Haushalte weiterhin
ungleich verteilt - auch wenn sie im Schnitt gestiegen sind.
Den reichsten zehn Prozent der Haushalte gehören 55 Prozent des gesamten Nettovermögens -
also des Vermögens abzüglich Schulden, Das geht aus der am Montag
veröffentlichten Bundesbank-Studie "Private Haushalte und ihre Finanzen"
(PHF) hervor.
Bei der vorherigen Studie 2014 waren es 60 Prozent. Die untere Hälfte der Haushalte muss
sich unverändert mit mageren 3 Prozent begnügen. Der Rest des
Nettovermögens ist im Besitz von 40 Prozent der Haushalte.
"Insbesondere die Nettovermögen von Immobilieneigentümern haben sich in Folge der
gestiegenen Immobilienpreise erhöht", heißt es im
Bundesbank-Monatsbericht. Allerdings besitzen nur 44 Prozent der
Privathaushalte in Deutschland Wohneigentum. An vielen Menschen geht der
Immobilienboom somit vorbei. In anderen Ländern im Euroraum, zum
Beispiel in Italien oder Spanien, ist die Quote der Immobilienbesitzer
mit zuletzt etwa 70 beziehungsweise rund 80 Prozent deutlich höher.
Insgesamt konnten die Bundesbürger dank niedriger Arbeitslosigkeit und höherer
Einkommen in den vergangenen Jahren mehr auf die Seite legen. Zugleich
profitierten sie von steigenden Aktienkursen und Immobilienpreisen.
Abzüglich Schulden verfügten die Haushalte 2017 im Schnitt über ein
Nettovermögen von 232.800 Euro. Das waren 18.300 Euro mehr als bei der
Auswertung drei Jahre zuvor. Befragt wurden 4942 repräsentativ
ausgewählte Haushalte.
Weil die Durchschnittswerte stark durch Extremwerte beeinflusst sind, halten die
Bundesbank-Experten eine andere Auswertung für aussagekräftiger: den
sogenannten Medianwert. Er liegt in der Mitte, wenn man die Werte der
Größe nach sortiert. Die Haushalte werden in eine reichere und eine
ärmere Hälfte geteilt.
Der Medianwert liegt deutlich niedriger als der Durchschnittswert: Netto bei
70.800 (2014: 60.400) Euro. "In der Mitte und im unteren Bereich der
Verteilung findet man kaum Haushalte mit Immobilieneigentum und
Aktienbesitz", erläuterte die Bundesbank.
Um zu den zehn Prozent der vermögendsten Haushalte in Deutschland zu
gehören, waren im Jahr 2017 den Angaben zufolge gut 555.400 Euro nötig.
Das waren knapp acht Mal soviel wie der Median. Der Medianwert ist in
Deutschland weiterhin geringer als in anderen Ländern, für die
vergleichbare Daten vorliegen. In Italien lag er zuletzt bei 126.000
Euro, in Österreich waren es 83.000 Euro.
In den vergangenen Jahren profitierten den Angaben zufolge allerdings auch
Menschen, die zur Miete leben, sowie Haushalte, die zur
vermögensärmeren Hälfte zählen, von gestiegenen Einkommen. "Sie
versetzen diese Haushalte in die Lage, mehr zu sparen und verringern die
Notwendigkeit neue Konsumentenkredite aufzunehmen", heißt es in der
Untersuchung.
Regional gibt es in Deutschland deutliche Unterschiede. So ist der Median im Westen mit
92.500 Euro etwa viermal so hoch wie im Osten (23.400 Euro). Grund sei
vermutlich der geringere Anteil an Wohneigentümern in den neuen Ländern.
Der höchste Medianwert findet sich in Bayern, Baden-Württemberg und
Hessen mit 139.800 Euro.
Die Notenbank hat die Studie zum dritten Mal durchgeführt. 9710 Menschen ab
einem Alter von 16 Jahren gaben Auskunft über ihr Vermögen: Haus und
Auto, wertvolle Sammlungen und Schmuck, Guthaben auf Sparkonten,
Bausparverträge, Aktien, Lebensversicherungen. Auf der Soll-Seite:
Hypotheken, Konsumentenkredite, Kreditkartenschulden, Bafög-Schulden.
Zwar sei die Vermögensungleichheit im Vergleich zur vorherigen Befragung
geringfügig gesunken, heißt es in der Studie. Ein eindeutiger Trend sei
aber nicht erkennbar, folgert die Bundesbank: "Nach wie vor ist
Deutschland ein Land, in dem die privaten Vermögen ungleich verteilt
sind."
https://www.fr.de/wirtschaft/hoechst-ungleich-verteilt-12194183.html