UNICEF: Mehr Kinderarmut durch Finanzkrise

UNICEF stellt Bericht vor Mehr Kinderarmut durch Finanzkrise

Stand: 28.10.2014 18:06 Uhr

Die Finanzkrise von 2008 hatte nicht nur wirtschaftliche Folgen - auch die Kinderarmut ist deutlich gestiegen,
wie UNICEF heute bekannt gab. Besonders betroffen sind Industrienationen
wie Griechenland, Italien und die USA.

Von Gregor Hoppe, ARD-Hörfunkstudio Rom

Verglichen mit der Kinderarmut in den armen
Ländern der Erde sind es wenig sensationelle Daten und Zahlen, die
UNICEF in dem Bericht "Kinder der Rezession" vorlegt - und doch geben
sie zu denken. Denn in mehr als der Hälfte der reichen Länder der Erde
lebt beispielsweise eines von fünf Kindern in Armut. In Griechenland,
Italien, Spanien und den USA ist es eines von drei Kindern. Für Jöran
Holmkvist, der beim UN-Kinderhilfswerk UNICEF die Forschungsabteilung
für den Kinderarmutsbericht leitet, ist es die besorgniserregendste
Entwicklung seit 2008. "Es ist ein sehr deutlicher Anstieg der
Kinderarmut, und - nicht weniger wichtig - es gibt das Problem der 14-
bis 25-Jährigen, die weder eine Schule besuchen noch einer Arbeit
nachgehen."

Ausbildungsjahre verstreichen ungenutzt

Die Kinderarmut in Industriestaaten hat durch die Finanzkrise von 2008 deutlich zugenommen.

Dies habe in erster Linie die weltweite
Finanzkrise von 2008 verursacht, so UNICEF, und die Auswirkungen seien
noch nicht vorüber. Vor allem brauche es die längerfristige Perspektive,
um zu erkennen, wie groß die Belastung wirklich ausfallen wird - von
einer Generation, deren Ausbildungsjahre ungenutzt verstreichen. "Das
meiste Daten- und Forschungsmaterial deutet auf langfristige Folgen
hin", erklärt Holmkvist. "Wenn Menschen zwischen 14 und 25 weder zur
Schule gehen noch eine Lehrstelle oder einen Job haben, versäumen sie
eine Lebenschance. Denn es handelt sich um eine Lebensphase, in der man
in sein eigenes Kapital investiert. Und die wahre Gefahr liegt eben in
diesen Dauerauswirkungen, die nach der Rezession weiter anhalten. Sie
gehen zu Lasten der jungen Generation, die ein wenig die Hoffnung
verliert, wie wir an vielen Beispielen gesehen haben."

Mehr Kinderarmut durch Finanzkrise
G. Hoppe, ARD Rom
28.10.2014 19:36 Uhr

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UNICEF sucht nach Lösungsansätzen

Auf einem ganztägigen Fach- und Pressetreffen
suchte UNICEF nach Lösungsansätzen. Das Kinderhilfswerk ist dabei Gast
der italienischen Regierung, die die EU-Ratspräsidentschaft innehat. In
dem Bericht heißt es zwar, die Abkehr von wachstumsfördernden
Investitionen der öffentlichen Hand hin zu einer reinen
Austeritätspolitik treffe kinderreiche Familien in der
industrialisierten Welt besonders hart. Dennoch will UNICEF das
Datenmaterial nicht als Handlungsanweisung an einzelne Regierungen
verstanden wissen - zumal die Sparnation schlechthin, Deutschland,
vergleichsweise gut durch die Krise kam. Sie habe im Kampf gegen die
Kinderarmut achtbare Erfolge vorweisen können, so UNICEF.  

Laut Unicef-Bericht leiden Kinder in Industriestaaten unter den Folgen der Finanzkrise
tagesschau 20:00 Uhr, 28.10.2014, Jörg Hertle, ARD Rom

http://www.tagesschau.de/ausland/kinderarmut-101.html