18.1.2016
62 Menschen besitzen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung
Oxfam-Bericht belegt wachsende soziale Ungleichheit und fordert das Ende von Steueroasen
Weltwirtschaftsforum Davos
Soziale Ungleichheit nimmt weltweit dramatisch zu. Inzwischen besitzen die 62
reichsten Einzelpersonen – vor einem Jahr waren es noch 80 – genauso
viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Dies geht aus
dem Bericht „An Economy for the 1%“ hervor, den Oxfam im Vorfeld des
Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos veröffentlicht. Die
Entwicklungsorganisation fordert, das Geschäftsmodell der Steueroasen zu
beenden und sehr hohe Vermögen stärker zu besteuern.
Das Gesamtvermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung verringerte sich in den vergangenen fünf Jahren um rund eine Billion US-Dollar, eine Abnahme um 41 Prozent, trotz eines Bevölkerungszuwachses von 400 Millionen Menschen. Gleichzeitig wuchs das Vermögen der reichsten 62 Personen um mehr als eine halbe Billion US-Dollar. Die Geschwindigkeit, mit der die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, ist dabei noch größer als erwartet: Vor einem Jahr prognostizierte Oxfam, im Jahr 2016 werde das reichste Prozent der Weltbevölkerung (70 Millionen Menschen) mehr besitzen als die restlichen 99 Prozent
(sieben Milliarden Menschen) zusammen. Tatsächlich wurde diese Schwelle bereits 2015 erreicht, ein Jahr früher als erwartet. Dem Bericht zufolge droht soziale Ungleichheit, die Fortschritte bei der Armutsbekämpfung zunichte zu machen.
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https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2016-01-18-62-menschen-be...
Ein Wirtschaftssystem für die Superreichen
Wie ein Unfaires Steuersystem und Steueroasen Die soziale Ungleichheit verschärfen
Grafik:
Weltweiter Einkommenszuwachs für jedes Zehntel der Weltbevölkerung in
der Zeit von 1988 bis 2011: 46 Prozent des gesamten Zuwachses gingen an
die obersten zehn Prozent.[7]
[Hintergrundpapier]
Die Spirale der wachsenden sozialen Ungleichheit dreht sich weiter:
Mittlerweile besitzt ein Prozent der Weltbevölkerung mehr Vermögen als
der Rest der Welt zusammen. Nur 62 Menschen besitzen genauso viel wie
die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Das derzeitige Wirtschaftssystem
kommt vor allem den Reichen zugute und vertieft weltweit die Kluft
zwischen Arm und Reich. Ein wesentlicher Grund ist eine ungerechte
Steuerpolitik. Reiche Einzelpersonen halten in Steueroasen rund 7,6
Billionen US-Dollar versteckt, neun von zehn großen Unternehmen haben
mindestens eine Tochterfirma in Steueroasen. Sie entziehen sich damit
ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Wer soziale Ungleichheit und
Armut bekämpfen will, muss Steuergerechtigkeit schaffen und Steueroasen
trockenlegen.
Das aktuelle Ausmaß sozialer Ungleichheit
Führende Wirtschafts- und Finanzinstitutionen wie der Internationale
Währungsfonds (IWF) oder die OECD sind sich einig: Die wachsende soziale
Ungleichheit wird weltweit zu einem immer größeren Problem. Dies
unterstreicht der neueste Oxfam-Bericht „An Economy for the 1%. How
privilege and power in the economy drive extreme inequality and how this
can be stopped“, den die internationale Entwicklungsorganisation am 18.
Januar 2016 anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos
veröffentlicht.[1]
Demnach ist die Einkommens- und Vermögensungleichheit schockierend groß:
- Das oberste Prozent der Weltbevölkerung verfügt über mehr
Vermögen als der Rest der Welt zusammen – dies zeigt eine Analyse der
Zahlen des Credit Suisse Wealth Reports 2015.[2] - 2015 besaßen 62
Einzelpersonen (davon 53 Männer) genauso viel wie die ärmere Hälfte der
Weltbevölkerung, das heißt rund 3,5 Milliarden Menschen. Der Trend ist
eindeutig: 2010 besaßen noch 388 Individuen so viel wie die ärmere
Hälfte der Weltbevölkerung zusammen genommen, 2014 waren es 80
Personen.[3] - Das Vermögen der reichsten 62 Personen ist in nur
fünf Jahren um 44 Prozent gewachsen. Dies entspricht einem Anstieg von
mehr als einer halben Billion US-Dollar (542 Milliarden US-Dollar) auf
1,76 Billionen US-Dollar in 2015.[4] - Im gleichen Zeitraum ist
das Vermögen der unteren Hälfte der Weltbevölkerung um rund eine Billion
US-Dollar zurückgegangen. Dies entspricht einer Reduzierung um 41
Prozent.[5] - Seit dem Jahr 2000 ging nur ein Prozent der gesamten
weltweiten Vermögensgewinne an die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.
Die Hälfte aller Vermögensgewinne entfiel hingegen auf das oberste
Prozent.[6] - Das durchschnittliche Jahreseinkommen der ärmsten
zehn Prozent der Weltbevölkerung ist zwischen 1988 und 2011 um weniger
als drei US-Dollar gestiegen. Das tägliche Einkommen dieser Gruppe ist
jedes Jahr um weniger als ein US-Cent gewachsen. Demgegenüber kamen 46
Prozent der seit 1988 verzeichneten weltweiten Einkommenszuwächse den
obersten zehn Prozent zugute (siehe folgende Grafik).
Deutschland
Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern ist in Deutschland die
Ungleichheit bei Vermögen, Einkommen und Chancen besonders hoch und in
den vergangenen Jahrzehnten massiv angestiegen.
Die reichsten zehn Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen
mindestens 63 Prozent des Gesamtvermögens.[8] Der größte Anteil dieser
Vermögensungleichheit geht auf Erbschaften und Schenkungen zurück.
Deutschland weist die höchste Vermögensungleichheit in der Eurozone auf.[9]
Die Lohnspreizung hat in Deutschland seit dem Jahr 2000 erheblich
zugenommen. Die Löhne der untersten zehn Prozent der
sozialversicherungspflichtig Vollzeit-Beschäftigten sind
inflationsbereinigt zwischen 2000 und 2005 um zwei Prozent gesunken und
zwischen 2005 und 2010 um weitere sechs Prozent. Die oberen zehn Prozent
in der Einkommensskala haben dagegen enorm hinzugewonnen.[10]
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https://www.oxfam.de/system/files/20160118-wirtschaftssystem-superreiche...