Bundesrepublik bei Vermögenskonzentration auf Platz eins

 

Aus: Ausgabe vom 06.01.2022, Seite 2 / Kapital & Arbeit 6. Januar 2022
Reichtum in der BRD

Europameister der Reichen

Studie: Bundesrepublik bei Vermögenskonzentration auf Platz eins
Von David Maiwald
   

Spitzenreiter: Laut Schweizer Studie belegt die Bundesrepublik bei Privatvermögen den ersten Platz

 

Die Bundesrepublik ist um einen Spitzenplatz reicher. Wie das
Schweizer Institut Redisigning Financial Services (RFS) am Mittwoch
berichtete, belegt das Land bei den Privatvermögen in Europa in der
Gesamtsumme den vordersten Rang unter 16 EU-Staaten und der Schweiz.
Dies betrug in der BRD im Jahr 2020 demnach rund 16,4 Billionen Euro,
gefolgt von Frankreich (12,6 Billionen Euro) sowie Italien und
Großbritannien (jeweils zehn Billionen Euro). In der Bundesrepublik
seien die Nettovermögen laut RFS im letzten Jahrzehnt um 52 Prozent
gewachsen, was einem Wert von rund 5,6 Billionen Euro entspricht. Zudem
gebe es in der BRD die meisten Millionäre: 2,9 Millionen tummeln sich
laut Bericht im Bundesgebiet.

Der RFS-Reichtumsbericht (European
Wealth Report) stellt insgesamt eine zunehmende Konzentration von
Reichtum in Europa fest. Im Pandemiejahr erreichte das europäische
Vermögen demnach ein Allzeithoch von 69 Billionen Euro. Obwohl das reale
Bruttoinlandsprodukt in den untersuchten Ländern um 6,4 Prozent
zurückging, stiegen die Privatvermögen um 3,9 Prozent an. Der Report
stellt fest, Kapitalerträge würden in Zukunft wohl weiterhin schneller
wachsen als das Wirtschaftswachstum, was darauf hindeute, dass
europäische Familien, die Kapital besitzen, »ein größeres Stück des
wachsenden europäischen Wohlstandskuchens« erhielten.

Die Studie zeige, wie dringend gerade in der Bundesrepublik eine
gerechtere Vermögensverteilung sei, sagte Stefan Körzell,
Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), am Mittwoch
gegenüber junge Welt. Neben einer Vermögenssteuer brauche es
eine »gerechte Erbschaftssteuer, die Unternehmenserben nicht länger
besserstellt«. Die gegenwärtige Erbschaftssteuer bevorzuge »gerade
Superreiche«. Die extreme Höhe des Privatvermögens in Deutschland und
seine starke Konzentration bei wenigen Unternehmerfamilien schreie
geradezu nach einer Umverteilung von oben nach unten, äußerte sich am
Mittwoch auch der Armutsforscher Christoph Butterwegge gegenüber jW. Dass
sich SPD, Grüne und FDP der Besteuerung der Reichen verweigerten, sei
»skandalös«. Der Ampelkoalitionsvertrag habe »einen steuerpolitischen
Stillstand festgeschrieben«, so Butterwegge, »der die Vermögen von
Reichen und Hyperreichen vier Jahre lang schont«.

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