In Düsseldorf wird Ruf nach 29-Euro-Ticket lauter

 

In Düsseldorf wird Ruf nach 29-Euro-Ticket lauter
49-Euro-Ticket steht in den Startlöchern. Für Menschen mit geringem Einkommen werden Alternativen gefordert
Am 1. Mai wird das Deutschlandticket eingeführt. In Düsseldorf hofft man auch auf ein vergünstigtes Sozialticket. David Young dpa
Sebastian Besau

Das Deutschlandticket hat am Freitag im Bundesrat die letzte rechtliche Hürde genommen. 49 Euro soll es bekanntermaßen kosten. Das ist günstiger als es entsprechende Dauerfahrkarten bisher waren, doch für 3,2 Millionen von Armut bedrohte Menschen in Nordrhein-Westfalen immer noch kaum erschwinglich, kritisiert der NRW-Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands (VdK) mit Sitz in Düsseldorf.

Angebote für diese Menschen blieben auf der Strecke, mahnt VdK-Landesvorsitzender Horst Vöge. „Gerade für diese Gruppe muss eine zeitnahe Lösung her“, erklärt er. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer hatte am Mittwoch angekündigt, dass ein günstigerer Sozialtarif zum Deutschlandticket geprüft werde. „Es kann nicht sein, dass hier nur von Prüfaufträgen gesprochen wird – ohne überhaupt ein konkretes Zeitfenster zu nennen“, mahnt Vöge.

Hier hinke NRW anderen Bundesländern, wie Berlin oder Hessen, hinterher. Aktuell koste ein Sozialticket in NRW, etwa bei der Rheinbahn, für einen Monat 41,20 Euro, im Abo 36,22 Euro. Zum Vergleich: Hessen hat sich mit den Verkehrsverbünden auf die Modalitäten eines Sozialtickets geeinigt, das ab August als günstigere Alternative zum Deutschlandticket im Nahverkehr der gesamten Bundesrepublik gültig sein soll. Mit 31 Euro soll dieses Monatsticket für Geringverdienende bepreist sein. Hessen stellt pro Jahr 15 Millionen Euro dafür bereit.

Seine Forderung setzt der Sozialverband noch ein bisschen günstiger an: „Wir fordern ein bundesweit gültiges Sozialticket für 29 Euro“, so Vöge. Außerdem spricht sich der Sozialverband bei der Anschaffung für einheitliche Regelungen aus: „Menschen, die nicht über ein Smartphone oder Tablet verfügen, dürfen nicht ausgegrenzt werden“, so die Forderung.

„Ein bundesweites Sozialticket für 29 Euro, das ist erstmal eine richtig gute Initiative“, sagt auch Oliver Ongaro vom Verein Fiftyfifty, der Menschen in Obdachlosigkeit unterstützt. Denn der bisherige Preis des Sozialtickets sei für Düsseldorfer in Armut, Obdachlosigkeit und auch viele Rentner schwer zu stemmen. Ongaro erinnert sich dabei, dass das Sozialticket preislich vor vielen Jahren schon einmal bei 29 Euro lag. Fiftyfifty hatte das 9-Euro-Ticket im vergangenen Jahr sehr begrüßt und mehrmals für dessen Weiterführung demonstriert. Dabei lag das Augenmerk besonders auf dem großen Unterschied, den das Ticket für viele Fiftyfifty-Verkäufer gemacht hatte (NRZ berichtete). „Als es das 9-Euro-Ticket gab, ist auch niemand mehr schwarz gefahren“, betont Ongaro. Doch heute, nach vielen erheblichen Preissteigerungen im täglichen Leben, können selbst die 29-Euro „hart an der Grenze“ dessen sein, was viele Leute aufbringen können, befürchtet er. „Am Ende des Monats kommt es bei einigen Menschen auf jeden Euro an.“

Er schätzt, dass ein Ticket für 19 Euro, das dann zumindest innerhalb der Kommune gilt, günstig genug wäre, um von allen genutzt zu werden. Aber auch ganz grundsätzlich begrüße er günstigere Tickets im ÖPNV, weil sie zum Umstieg auf Bus und Bahn bewegen. Auch das 49-Euro Ticket sei für viele normalverdienende Pendler schon ein gutes Angebot, so Ongaro weiter.

Aber auch etwa für viele Auszubildende ist der Preis des neuen Deutschlandtickets nicht ohne, meint die Düsseldorfer DGB-Vorsitzende Sigrid Wolf. Sie will nun, dass hier Abhilfe geschaffen wird: „Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg haben es vorgemacht: In beiden Ländern können Azubis ab dem 1. Mai bundesweit ÖPNV und Regionalverkehr für 29 Euro nutzen. Warum zögert die Landesregierung?“ fragt die Gewerkschafterin. NRW verliere so weiter an Attraktivität als Ausbildungsland. „Das ist kein gutes Signal für die Mobilitätswende und kann angesichts des Fachkräftemangels auch nicht im Interesse der Wirtschaft sein“, so Wolf.

Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg hatten in den vergangenen Tagen als erste Bundesländer jeweils angekündigt, das neue Ticket zu bezuschussen. In Hamburg soll es mit zusätzlichen Mitfahrermöglichkeiten aufgewertet werden. Ebenso beim Sozialticket komme NRW nicht voran, kritisiert auch der DGB. ,,Wir erwarten jetzt von den schwarz-grünen Landtagsabgeordneten aus Düsseldorf, dass sie Druck auf die Landesregierung ausüben. Was Schwarz-Grün in Hessen kann, geht auch in NRW‘‘, so Wolf abschließend.

Die Forderung des VdK begrüßt der Düsseldorfer Grünen-Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld. „Das ist ein guter Vorschlag.“ Engstfeld selbst will sich für das günstigere Sozialticket einsetzen: „Ich habe schon mit dem Verkehrsminister darüber geredet und mich dafür stark gemacht.“

Ob der Preis von 29 Euro realisierbar ist, das werde die Prüfung des Ministeriums ergeben. Auch das vom DGB vorgeschlagene Azubiticket halte er für eine gute Idee, wisse jedoch nicht, ob die finanzielle Lage einen Preis von 29 Euro zulasse.

Das Preisniveau eines Sozialtickets ist abhängig von der Finanzierung, die aktuell vom Land zusammen mit den Tarifräumen erarbeitet werde, wie der VRR auf Anfrage der NRZ erklärt. Um Verkehre zu sichern, müsse jegliches Absenken des Tarifniveaus ausgeglichen werden. Eine Angleichung der Leistungen des Sozialtickets an die des Deutschlandtickets, würde der VRR im Sinne der Kunden begrüßen, heißt es weiter.

nrz 1.4.2023

https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/duesseldorf-ruf-nach-29-euro-tick...