27. November 2017 | 15.06 Uhr
Bußgeld für Ausruhen an Haltestelle
Düsseldorfs Ordnungsamt entschuldigt sich bei Rentner
In der Nähe des Düsseldorfer
Hauptbahnhofs hat ein Rentner ein Bußgeld für das Sitzen auf einer Bank
in einer Bushaltestelle bekommen (Archiv).
FOTO: dpa, os kno
Düsseldorf.
Ein 86-Jähriger aus Düsseldorf sollte 35 Euro Bußgeld zahlen, weil er sich
für kurze Zeit an einer Bushaltestelle ausgeruht hatte. Das führte zu
Aufregung in sozialen Netzwerken. Zahlen muss der Mann aber nicht.
Von Franziska Hein und Jörg Janßen
Der Fall aus Düsseldorf bekommt mittlerweile deutschlandweit Aufmerksamkeit: Am Sonntag hatte ein Post in den sozialen Medien für Aufregung gesorgt,
in dem ein Verwarngeldbescheid in Höhe von 35 Euro abgebildet war.
Ein Rentner sollte 35 Euro Strafe zahlen, weil er sich acht Minuten lang
auf einer Bank in einer Bushaltestelle ausgeruht haben soll.
Der Rentner sei dement und herzkrank, hieß es in dem Posting. Er habe
die Haltestelle als "Ruheplatz" benutzt, steht in dem Bescheid in
Amtsdeutsch.
Am Montag bestätigte die Stadt Düsseldorf den Fall und entschuldigte sich. Der Rentner muss die Strafe nun nicht mehr zahlen.
Mitarbeiter erkannten Demenz nicht
"Ich hätte mir im konkreten Fall mehr Fingerspitzengefühl
gewünscht", sagt Christian Zaum (40), Ordnungsdezernent der Stadt
Düsseldorf. Grundsätzlich seien die Kontrollen, insbesondere im
Bahnhofsumfeld, erwünscht, um die Sitzgelegenheiten für Fahrer der
Rheinbahn, Pendler und Passanten frei zu halten. "Allerdings halte ich
viel vom Opportunitätsprinzip, das heißt von einer gründlichen Abwägung,
welcher Schritt in einer konkreten Situation tatsächlich angewendet
werden muss."
Ordnungsdezernent Christian Zaum
FOTO: Andreas Bretz
Den Mitarbeitern des Ordnungsdienstes müsse man zugutehalten, dass
sie die Demenzerkrankung des Düsseldorfers nicht direkt erkannt hätten.
Die Mitarbeiter hätten den Mann in jüngster Zeit häufiger angesprochen -
ohne ein Bußgeld zu verhängen.
Wie oft es solche Ansprachen gebe, kann Zaum nicht sagen.
"Bußgelder sind aber eine absolute Ausnahme. Ich halte es sogar für
denkbar, dass zum ersten Mal deswegen ein Bußgeld verhängt wurde. In der
Regel reicht in solchen Fällen ein Gespräch."
Düsseldorfer Straßenordnung ist Grund für Bußgeld
Das Bußgeld wurde laut Pressemeldung der Stadt am 14. November
wegen des Paragraphen 3 der Düsseldorfer Straßenordnung verhängt. Dort
steht in Absatz 1, dass die Anlagen des Öffentlichen Nahverkehrs nur im
Rahmen ihrer Bestimmung für öffentliche Verkehrszwecke benützt werden
dürfen.
Absatz 2 beschreibt, welches Verhalten darunter zu
verstehen ist. Die Nutzung als Ruhe-, Spiel- und Lagerplatz, sofern
nicht ausdrücklich erlaubt, sowie der Genuss von Alkohol oder anderen
berauschenden Mitteln, sind untersagt. Verstöße können als
Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld belegt werden.
Anmerkung der Redaktion: Nach Angaben der Stadt Düsseldorf ist
der Mann 86 Jahre alt und nicht 85 oder 83, wie es zuerst geheißen
hatte.
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-bussgeld-fue...
Bußgelder an Haltestellen meist wegen Alkohol
(jj)
Alkohol- und Drogenkonsum rund um Haltestellen im
öffentlichen Nahverkehr sind der wichtigste Grund dafür, dass
die Stadt Menschen verwarnt, die Sitzbänke an diesen
Haltepunkten für ihre Gelage nutzen. „Wir haben in diesem Jahr
162 Bußgelder, in aller Regel in Höhe von 35 Euro, vor allem
deswegen verhängt“, sagt ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes.
Geregelt sei das in Paragraf 3 der Straßenordnung, der es
untersage, solche Sitzgelegenheiten „nicht ihrer
Zweckbestimmung gemäß“ zu nutzen.
Angewandt hatten die Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes (OSD)
diesen Paragrafen allerdings auch auf einen 86-jährigen, an
Demenz erkrankten Rentner, der sich nur etwa acht Minuten lang
auf einer solchen Bank ausgeruht hatte. Der Fall hatte
bundesweit für Aufregung gesorgt. Die Stadt hat sich inzwischen
entschuldigt und das Verfahren „von Amts wegen“ eingestellt.
Ordnungsdezernent Christian Zaum hatte von „fehlendem
Fingerspitzengefühl“ gesprochen und angekündigt, Gespräche
mit den Mitarbeitern führen zu wollen.
Tatsächlich ist die Zahl der Haltestellen-Bußgelder angestiegen. 2016 war
112 Mal ein solches Bußgeld „wegen unerlaubter Nutzung von
Anlagen des Öffentlichen Nahverkehrs“ verhängt worden. Eine
besondere Anweisung, hier noch genauer hinzuschauen, gibt es
laut Ordnungsamt aber nicht. Der Anstieg im laufenden Jahr sei
„üblichen Schwankungen“ geschuldet.
Da die Ordnungshüter den Grund für ihre Verwarnungen genau notieren,
lässt sich nachvollziehen, was bei den Sitzbank-Gelagen
konsumiert wurde: Der Bogen reicht von Bier über Wodka bis hin zu
Doppelkorn. Jenseits des Paragrafen 3 untersagt die
Straßenordnung noch eine Reihe weiterer Betätigungen,
darunter das Ausschütteln von Betten in Richtung Straße, den
Ölwechsel auf dem Gehsteig und das Wildpinkeln. Zwischen 1500 und
2000 Bußgelder werden wegen solcher Verstöße pro Jahr verhängt.
RP 29.11.17
Dementer Senior: Bußgeld für Ausruhen an Haltestelle?
VON NICOLE LANGE
Ein im Internet kursierendes Schreiben des Ordnungsamtes an einen
83-Jährigen hat gestern für heftige Diskussionen gesorgt.
Darin wird von dem Mann ein Verwarnungsgeld von 35 Euro verlangt,
weil er sich am 17. November für einige Minuten an die
Bushaltestelle Friedrich-Ebert-Platz am Hauptbahnhof gesetzt
habe. Ein – nach eigenem Bekunden – Betreuer des Mannes
veröffentlichte ein Foto des Briefs bei Facebook und schrieb, der
Senior sei dement, herzkrank und habe sich kurz gesetzt, als er
mit seiner Hündin unterwegs war.
Der Beitrag
wurde von vielen Nutzern geteilt, mittags aber wieder gelöscht.
Die Echtheit und das Zustandekommen des Briefes konnten gestern
nicht abschließend geklärt werden. Der Verbreiter des Beitrags
war nicht zu erreichen. Eine Stadt-Sprecherin erklärte aber, dass
es Kontrollen der Haltestellen und entsprechende
Verwarngelder durchaus gebe. Wenn ein Fehler gemacht worden sei,
werde der Bescheid natürlich zurückgenommen. „Sie benutzten
die Anlage des ÖPNV an der vorgenannten Örtlichkeit nicht ihrer
Zweckbestimmung entsprechend und nutzten diese als Ruheplatz“,
heißt es darin in knappem Amtsdeutsch. Es geht um acht Minuten um
die Mittagszeit.
Gerade in Bahnhofsnähe
kontrolliert der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) regelmäßig
die Haltestellen. „Die Wartehäuschen sollen den Kunden des
Nahverkehrs zur Verfügung stehen“, so die Sprecherin. Es sei
nicht auszuschließen, dass bei so einer Kontrolle der 83-Jährige
aufgefallen sei und für den Mitarbeiter nicht klar war, dass der
Mann dement ist und eine Pause brauchte. „Wenn der Mitarbeiter
den Mann der Obdachlosen- oder Trinkerszene zugeordnet hat,
ließe sich das Schreiben wohl so erklären.“ Eine Stellungnahme
des Betroffenen reiche, um die Sache aus der Welt zu schaffen.
Auch Ordnungsdezernent Christian Zaum sagte: „Wenn das so
gelaufen ist, wäre das unglücklich.“ In diesem Fall würde auch
das Gespräch mit dem Mitarbeiter gesucht. Er warb aber um
grundsätzliches Verständnis für die Arbeit des OSD, der im
Hinblick auf Haltestellen oft Beschwerden nachgehe.
Kommentar Seite D2
Unbedingt aufklären
nicole.lange@rheinische-post.de
Viele Menschen waren gestern entsetzt, dass ein offenbar dementer
Senior ein Verwarnungsgeld für das Ausruhen an einer
Bushaltestelle zahlen soll. Das ist verständlich: Keiner mag
sich vorstellen, wie ein älterer Mann, der seine Lage womöglich
nicht gut artikulieren konnte, um seine Personalien gebeten
und wohl aus dem Wartehäuschen komplimentiert wurde.
Der Ordnungsdienst geht täglich zahlreichen echten Beschwerden
nach, wird dabei auch in Konflikte verwickelt. Unbedingt
aufzuklären ist nun also, wie das Missverständnis passierte:
Hat der betreffende Mitarbeiter sich ausreichend bemüht, die
Lage des Seniors zu verstehen? Oder ist er vor Ort zu
unaufmerksam und vor allem viel zu hart vorgegangen?
Wenn das der Fall ist, müsste die Stadt ihr Vorgehen dringend
aufarbeiten, Mitarbeiter sensibilisieren und bei Bedarf
nachschulen. Klar signalisiert wurde glücklicherweise schon,
dass das Verwarngeld selbstverständlich nicht bezahlt werden
muss, wenn sich hier ein kranker Mann einfach ausruhen wollte.
RP
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-dementer-sen...
27. November 2017 - 17:12 Uhr
Dementer Senior macht Pause und erhält Bußgeld vom Ordnungsamt
OSD-Mitarbeiter am Düsseldorfer Hauptbahnhof.
Melanie Zanin
OSD-Mitarbeiter am Düsseldorfer Hauptbahnhof.
Düsseldorf. Weil sich ein Rentner an einer
Haltestelle am Düsseldorfer Hauptbahnhof kurz ausgeruht hatte, erhielt
er ein Bußgeld vom Ordnungsamt. Im Netz sorgt der Fall für große
Empörung. Jetzt hat die Stadtverwaltung auf die massive Kritik reagiert.
Laut der schriftlichen Verwarnung, die der 85-Jährige vom
Ordnungsamt erhielt, ereignete sich der Vorfall am 14. November an einer
Bushaltestelle an der Friedrich-Ebert-Straße. Für einen Moment soll
sich der Senior an dem Haltepunkt hingesetzt haben. Dafür erhielt er vom
Ordnungsamt ein Bußgeld in Höhe von 35 Euro. Ein Bekannter des Rentners
stellte den Brief ins Internet und schrieb, dass der Mann dement und
herzkrank sei. Viele User reagierten empört und verbreiteten die
Geschichte im Netz.
http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/dementer-senior-macht-pause-und-erh...
Unfassbar! DARUM verpasst das Ordnungsamt dementem Rentner ein Knöllchen
Von Marc Herriger 27.11.17, 16:43 Uhr
Dieses Knöllchen bekam ein 86-jähriger, dementer Rentner, weil er zu lange auf einer Bank in einer Rheinbahn-Haltestelle saß.
Foto:
Screenshot Twitter
Düsseldorf -
Wieder einmal
heiße Diskussionen um den städtischen Ordnungs- und Servicedienst
(OSD). Am Wochenende wurde bekannt, dass OSD-Mitarbeiter am 14. November
einen dementen 86-Jährigen mit einem Bußgeld belegt hatten – weil er
acht Minuten lang in einer Straßenbahnhaltestelle auf der Bank gesessen
hatte!
Nicht die erste Diskussion um das Vorgehen der OSDler (hier mehr lesen).
Dementer Senior brauchte Pause
Der Senior war mit seinem Hund spazieren. Aufgrund seines Alters und seiner
beginnenden Demenz, muss sich der 86-Jährige öfters ausruhen. Als er an
diesem Tag sein Päuschen in der Haltestelle direkt am Vorplatz des
Hauptbahnhofes machte, kamen Mitarbeiter des OSD auf ihn zu.
Sie belegten ihn mit einem Bußgeld von 35 Euro wegen des Verstoßes gegen Paragraph 3
der Düsseldorfer Straßensatzung: „Die Anlagen des ÖPNV dürfen nur im
Rahmen ihrer Bestimmung für öffentliche Verkehrszwecke benutzt werden“.
Die Stadt will damit verhindern, dass sich Leute aus der Trinker- und
Drogenszene in den Haltestellenhäuschen dauerhaft niederlassen. „Sobald
die Plätze für einen Daueraufenthalt auserkoren werden, fehlen sie an
diesen stark frequentierten Haltestellen schlicht für die Fahrgäste“,
erklärt Stadtsprecher Michael Buch.
Nachdem dieser Fall im NETT-Werk Düsseldorf bei Facebook öffentlich gemacht
wurde und sofort hohe Wellen schlug, hat die Stadt jetzt reagiert.
„Das Verfahren gegen den Rentner wird von Amts wegen eingestellt“, sagt Buch.
Ordnungsamtschef entschuldigt sich
Auch Ordnungsamts-Chef Michael Zimmermann äußerte sich gestern: „Das
Verhalten des Seniors hätte unter den Aspekten Angemessenheit und der
Opportunität bewertet werden müssen. Bei so einer Entscheidung muss das
Lebensalter des Betroffenen, das in diesem Alter natürliche Bedürfnis,
eine Ruhepause einzulegen und 'sich mal setzen' sowie die im
Bahnhofsumfeld fehlenden Sitzgelegenheiten außerhalb der ÖPNV-Anlagen
berücksichtigt werden. In der Abwägung dieser Sachverhalte hätte auf
eine Ahndung verzichtet werden müssen. Eine angemessene Kommunikation
hätte die Situation sicherlich bereits im Entstehen bereinigt. Wir
bedauern das Vorgehen sehr".
(exfo)
– Quelle: https://www.express.de/28961216 ©2017
Rentner muss nicht fürs Sitzen auf Wartebank zahlen
Lars Wienand
27.11.2017 - 18:03 Uhr
An dieser Haltestelle unweit des Düsseldorfer Bahnhofs bekam ein 85-Jähriger für acht Minuten Sitzen ein Knöllchen.
Düsseldorf
35 Euro von einem 85-Jährigen, weil er
an einer Düsseldorfer Haltestelle saß? Nach der Empörung muss er nicht
zahlen. Andere müssen.
Verwarnungsgeld für zu langes Sitzen an der Haltestelle: Die Empörung
über ein Knöllchen für einen 85-jährigen demenzkranken Mann in
Düsseldorf ist groß, die Stadt hat am Montag beigegeben: Das Verfahren
wird von Amts wegen eingestellt. Der Fall wirft aber ein Licht auf den
Umgang mit der Obdachlosenszene. Gegen sie geht die Stadt häufiger so
vor, ohne dass das bisher breite Empörung ausgelöst hat. Selbst bei
Menschen mit Fahrkarte wird abkassiert, berichtet Sozialarbeiterin Julia
von Lindern, Streetworkerin vom Obdachlosenmagazin „Fiftyfifty“.
In der vergangenen Woche war es Guiseppe Memoli, der von Mitarbeitern des
Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) belangt wurde. Der 48-Jährige ließ
zwei Bahnen abfahren und saß immer noch auf einer Bank an einer
Haltestelle. Ordnungsamtsmitarbeiter hatten ihn zuvor schon
angesprochen, er hatte nach eigenen Angaben sogar sein Monatsticket
gezeigt. Nach der zweiten Bahn kamen sie wieder, erzählte er unserer
Redaktion am Montag.
Ohne Fahrabsicht kein Sitzen
Er dürfe da nicht so lange sitzen,
sagten ihm die Mitarbeiter nach seiner Darstellung. „Das ist nicht
erlaubt.“ Er habe offenbar „keine Fahrabsicht“. Die
Ordnungsamtsmitarbeiter sahen darin einen Verstoß gegen die Düsseldorfer Straßenordnung, die in Paragraf 3 zum Schutz der ÖPNV-Anlagen Verhalten verbietet, das der Zweckbestimmung widerspricht.
Memoli erklärte den OSD-Beschäftigten, „dass ich auf eine Bahn warte, in der
ein Bekannter sitzt.“ Aber das änderte nichts. Er habe den Ausweis
zeigen müssen, bekam ein Verwarnungsgeld über 35 Euro angekündigt. „Ich
habe das noch nicht in der Post gehabt, aber ich gehe natürlich dagegen
vor.“
„Immer auf die Schwachen“
Der Hintergrund der Aktion sei ihm
schon klar, er saß am Worringer Platz, der auch als Drogenumschlagplatz
bekannt ist. „Ich habe aber mit Drogenhandel überhaupt nichts zu tun.“
Auch von der Friedrich-Ebert-Straße, wo der 85-Jährige gesessen hatte,
klagen Anwohner über die Drogenszene, die Stadt wird vom Einzelhandel
unter Druck gesetzt.
Memoli hat einen festen Wohnsitz, kennt aber Menschen unter den Obdachlosen. „Und
ich höre jetzt von überall her, dass Leute zahlen sollen, weil sie an
einem Wartehäuschen gesessen haben. Das geht doch nicht“, sagt er. Immer
gehe das auf die Schwachen.
Obdachlosenhilfe: Vorgehen zeigt exemplarisch die Schikane
Für das Obdachlosenmagazin „Fiftyfifty“ zeigt das Vorgehen gegen den
85-Jährigen vor wenigen Tagen „exemplarisch das schikanöse Verhalten von
OSD-Mitarbeitern gegenüber augenscheinlich armen Menschen“. Der Verein
rate Betroffenen, sich dort zu melden, „wir legen Widerspruch ein“.
Zynisch gesagt könnten die Obdachlosen jetzt froh sein, dass durch den
Fall nun dieses Vorgehen bekannt wird.
Am Wochenende hatte auf Facebook das Posting eines Mannes große Wellen
geschlagen, der sich als Betreuer eines dementen Ehepaars bezeichnet. Er
hatte den Bescheid des Ordnungsamts gepostet: Für acht Minuten
Aufenthalt in einem Haltestellenhäuschen sollte der herzkranke demente
Mann demnach 35 Euro zahlen.
Das Vorgehen macht viele Menschen sprachlos, die Stadt Düsseldorf meldete
sich noch am Sonntag erstmals: Wenn es wie geschildert sei, müsse das
Paar sich nur melden und den Sachverhalt klarstellen.
Betreuer von 85-Jährigem von Welle überfordert
Das wäre schwer geworden, wenn das Paar wie in dem Posting erklärt dement
ist. Und auch der Mann, der den Fall mit seinem Facebook-Beitrag
öffentlich machte, ist für das Ordnungsamt aktuell keine Hilfe. Nach
Informationen unserer Redaktion hat ihn die Resonanz völlig überrollt,
er fühlt sich überfordert. Die Stadt erklärte aber am Montag: „Einer
schriftlichen Stellungnahme bedarf es nicht mehr.“ Das Verhalten des
Seniors hätte unter den Aspekten Angemessenheit und der Opportunität
bewertet werden müssen, so die Stadt.
An der in der Straßenordnung
festgehaltenen Praxis von Verwarnungsgeldern fürs Sitzen in
Wartehäuschen wird das nichts ändern. 2016 gab es deshalb 112 Verfahren,
in diesem Jahr bereits 172. Vor einer Ahndung als Ordnungswidrigkeit
oder einem Platzverweis stünden aber immer aufklärende Hinweise und
Gespräche, erklärt die Stadt.
Wenn die Plätze von „Menschen mit Mittelpunkt auf der Straße“ für einen
„Daueraufenthalt“ auserkoren würden, fehlten sie „an diesen stark
frequentierten Haltestellen schlicht für die Fahrgäste“. In diesem Jahr
sei die Zahl der Verfahren gestiegen, weil Beschwerden über nicht
nutzbare ÖPNV-Anlagen massiv zugenommen hätten.
Manche Obdachlose können Verwarnungsgelder zahlen
Bei den Obdachlosen könnten manche Verwarnungsgelder bezahlen, sagt
Sozialarbeiterin von Lindern. „Bei anderen werden daraus Privatschulden,
die gepfändet werden könnten, wenn es was zu holen geben würde.“
Schlagzeilen machte das Düsseldorfer Ordnungsamt bereits mit dem Umgang mit dem Obdachlosen
Sascha Podschelni. Als er das Verwarnungsgeld für das Nichtanleinen
seines Hundes nicht zahlen konnte, nahmen ihm Mitarbeiter sein
Smartphone als Sicherheitsleistung ab. Podschelni hat eine Postanschrift
bei „Fiftyfifty“, das Ordnungsamt habe das aber von dem Vorgehen nicht
abgehalten. „Und ein Handy braucht man eigentlich, es kann ja immer mal
was Wichtiges sein, und da habe ich auch alle meine Kontakte“, sagt
Podschelni.
Von Strafen fürs Sitzen an Haltestellen hat er selbst noch nichts mitbekommen. „Ich finde
das krass, zumal die Deutsche Bahn auf der anderen Seite angekündigt
hat, niemanden aus dem Bahnhof vertreiben zu wollen, wenn es kalt ist.“
„Viele Mitarbeiter sind auch umgänglich“
In einem anderen Fall beschlagnahmte das Ordnungsamt nach Darstellung von „Fiftyfifty“ 600
Euro bei einem Obdachlosen, der mit einem Fahrrad in der Fußgängerzone
angehalten wurde. Von Lindern: „Darf er nicht, aber sie machten eine
Leibesvisitation und nahmen ihm das Geld ab, das er gerade als
Nachzahlung von der Arge erstritten hatte.“ Weil ein langjähriger
Streetworker sich einschaltete und von Mitarbeitern des Ordnungsamts
angegangen worden sei, hat „Fiftyfifty“ Anzeige gegen Mitarbeiter des
Ordnungsamts erstattet.
Die Behörde in Düsseldorf sei in ihrem Vorgehen gegenüber Obdachlosen
insgesamt krasser als etwa die in Köln, meint Podschelni. Aber in der
Regel seien es doch einzelne Mitarbeiter, die überzogen agierten. „Viele
sind da auch umgänglich.“
Verschärft haben sich die Probleme in Düsseldorf laut Sozialarbeiterin von Lindern
vor etwas mehr als zehn Jahren mit der Neufassung der Straßenordnung,
die neben dem Schutz von ÖPNV-Anlagen auch Regelungen zum aggressiven
Betteln beinhaltet. „Ein absoluter Gummiparagraf. In der Altstadt können
zwei Leute drei Meter nebeneinander ein Bier trinken, der eine ist
Tourist, der andere kann wegen aggressiven Bettelns belangt werden.“
https://www.nrz.de/panorama/strafe-fuers-sitzen-auf-wartebank-duesseldor...