De­men­ter Se­ni­or: Buß­geld für Aus­ru­hen an Hal­te­stel­le?

27. November 2017 | 15.06 Uhr

Bußgeld für Ausruhen an Haltestelle

Düsseldorfs Ordnungsamt entschuldigt sich bei Rentner

In der Nähe des Düsseldorfer
Hauptbahnhofs hat ein Rentner ein Bußgeld für das Sitzen auf einer Bank
in einer Bushaltestelle bekommen (Archiv).
FOTO: dpa, os kno

Düsseldorf.

Ein 86-Jähriger aus Düsseldorf sollte 35 Euro Bußgeld zahlen, weil er sich
für kurze Zeit an einer Bushaltestelle ausgeruht hatte. Das führte zu
Aufregung in sozialen Netzwerken. Zahlen muss der Mann aber nicht. 

Von Franziska Hein und Jörg Janßen

Der Fall aus Düsseldorf bekommt mittlerweile deutschlandweit Aufmerksamkeit: Am Sonntag hatte ein Post in den sozialen Medien für Aufregung gesorgt,
in dem ein Verwarngeldbescheid in Höhe von 35 Euro abgebildet war.

Ein Rentner sollte 35 Euro Strafe zahlen, weil er sich acht Minuten lang
auf einer Bank in einer Bushaltestelle ausgeruht haben soll.  

Der Rentner sei dement und herzkrank, hieß es in dem Posting. Er habe
die Haltestelle als "Ruheplatz" benutzt, steht in dem Bescheid in
Amtsdeutsch. 

Am Montag bestätigte die Stadt Düsseldorf den Fall und entschuldigte sich. Der Rentner muss die Strafe nun nicht mehr zahlen. 

Mitarbeiter erkannten Demenz nicht

"Ich hätte mir im konkreten Fall mehr Fingerspitzengefühl
gewünscht", sagt Christian Zaum (40), Ordnungsdezernent der Stadt
Düsseldorf. Grundsätzlich seien die Kontrollen, insbesondere im
Bahnhofsumfeld, erwünscht, um die Sitzgelegenheiten für Fahrer der
Rheinbahn, Pendler und Passanten frei zu halten. "Allerdings halte ich
viel vom Opportunitätsprinzip, das heißt von einer gründlichen Abwägung,
welcher Schritt in einer konkreten Situation tatsächlich angewendet
werden muss."

Ordnungsdezernent Christian Zaum
FOTO: Andreas Bretz

Den Mitarbeitern des Ordnungsdienstes müsse man zugutehalten, dass
sie die Demenzerkrankung des Düsseldorfers nicht direkt erkannt hätten.
Die Mitarbeiter hätten den Mann in jüngster Zeit häufiger angesprochen -
ohne ein Bußgeld zu verhängen.

Wie oft es solche Ansprachen gebe, kann Zaum nicht sagen.
"Bußgelder sind aber eine absolute Ausnahme. Ich halte es sogar für
denkbar, dass zum ersten Mal deswegen ein Bußgeld verhängt wurde. In der
Regel reicht in solchen Fällen ein Gespräch."

Düsseldorfer Straßenordnung ist Grund für Bußgeld

Das Bußgeld wurde laut Pressemeldung der Stadt am 14. November
wegen des Paragraphen 3 der Düsseldorfer Straßenordnung verhängt. Dort
steht in Absatz 1, dass die Anlagen des Öffentlichen Nahverkehrs nur im
Rahmen ihrer Bestimmung für öffentliche Verkehrszwecke benützt werden
dürfen.

Absatz 2 beschreibt, welches Verhalten darunter zu
verstehen ist. Die Nutzung als Ruhe-, Spiel- und Lagerplatz, sofern
nicht ausdrücklich erlaubt, sowie der Genuss von Alkohol oder anderen
berauschenden Mitteln, sind untersagt. Verstöße können als
Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld belegt werden.

Anmerkung der Redaktion: Nach Angaben der Stadt Düsseldorf ist
der Mann 86 Jahre alt und nicht 85 oder 83, wie es zuerst geheißen
hatte.

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-bussgeld-fue...

 

Buß­gel­der an Hal­te­stel­len meist we­gen Al­ko­hol

(jj)
Al­ko­hol- und Dro­gen­kon­sum rund um Hal­te­stel­len im
öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr sind der wich­tigs­te Grund da­für, dass
die Stadt Men­schen ver­warnt, die Sitz­bän­ke an die­sen
Hal­te­punk­ten für ih­re Ge­la­ge nut­zen. „Wir ha­ben in die­sem Jahr
162 Buß­gel­der, in al­ler Re­gel in Hö­he von 35 Eu­ro, vor al­lem
des­we­gen ver­hängt“, sagt ein Mit­ar­bei­ter des Ord­nungs­am­tes.
Ge­re­gelt sei das in Pa­ra­graf 3 der Stra­ßen­ord­nung, der es
un­ter­sa­ge, sol­che Sitz­ge­le­gen­hei­ten „nicht ih­rer
Zweck­be­stim­mung ge­mäß“ zu nut­zen.

An­ge­wandt hat­ten die Mit­ar­bei­ter des städ­ti­schen Ord­nungs­diens­tes (OSD)
die­sen Pa­ra­gra­fen al­ler­dings auch auf ei­nen 86-jäh­ri­gen, an
De­menz er­krank­ten Rent­ner, der sich nur et­wa acht Mi­nu­ten lang
auf ei­ner sol­chen Bank aus­ge­ruht hat­te. Der Fall hat­te
bun­des­weit für Auf­re­gung ge­sorgt. Die Stadt hat sich in­zwi­schen
ent­schul­digt und das Ver­fah­ren „von Amts we­gen“ ein­ge­stellt.
Ord­nungs­de­zer­nent Chris­ti­an Zaum hat­te von „feh­len­dem
Fin­ger­spit­zen­ge­fühl“ ge­spro­chen und an­ge­kün­digt, Ge­sprä­che
mit den Mit­ar­bei­tern füh­ren zu wol­len.

Tat­säch­lich ist die Zahl der Hal­te­stel­len-Buß­gel­der an­ge­stie­gen. 2016 war
112 Mal ein sol­ches Buß­geld „we­gen un­er­laub­ter Nut­zung von
An­la­gen des Öf­fent­li­chen Nah­ver­kehrs“ ver­hängt wor­den. Ei­ne
be­son­de­re An­wei­sung, hier noch ge­nau­er hin­zu­schau­en, gibt es
laut Ord­nungs­amt aber nicht. Der An­stieg im lau­fen­den Jahr sei
„üb­li­chen Schwan­kun­gen“ ge­schul­det.

Da die Ord­nungs­hü­ter den Grund für ih­re Ver­war­nun­gen ge­nau no­tie­ren,
lässt sich nach­voll­zie­hen, was bei den Sitz­bank-Ge­la­gen
kon­su­miert wur­de: Der Bo­gen reicht von Bier über Wod­ka bis hin zu
Dop­pel­korn. Jen­seits des Pa­ra­gra­fen 3 un­ter­sagt die
Stra­ßen­ord­nung noch ei­ne Rei­he wei­te­rer Be­tä­ti­gun­gen,
dar­un­ter das Aus­schüt­teln von Bet­ten in Rich­tung Stra­ße, den
Öl­wech­sel auf dem Geh­steig und das Wild­pin­keln. Zwi­schen 1500 und
2000 Buß­gel­der wer­den we­gen sol­cher Ver­stö­ße pro Jahr ver­hängt.

RP 29.11.17

 

De­men­ter Se­ni­or: Buß­geld für Aus­ru­hen an Hal­te­stel­le?

VON NI­CO­LE LAN­GE

Ein im In­ter­net kur­sie­ren­des Schrei­ben des Ord­nungs­am­tes an ei­nen
83-Jäh­ri­gen hat ges­tern für hef­ti­ge Dis­kus­sio­nen ge­sorgt.
Dar­in wird von dem Mann ein Ver­war­nungs­geld von 35 Eu­ro ver­langt,
weil er sich am 17. No­vem­ber für ei­ni­ge Mi­nu­ten an die
Bus­hal­te­stel­le Fried­rich-Ebert-Platz am Haupt­bahn­hof ge­setzt
ha­be. Ein – nach ei­ge­nem Be­kun­den – Be­treu­er des Man­nes
ver­öf­fent­lich­te ein Fo­to des Briefs bei Face­book und schrieb, der
Se­ni­or sei de­ment, herz­krank und ha­be sich kurz ge­setzt, als er
mit sei­ner Hün­din un­ter­wegs war.

Der Bei­trag
wur­de von vie­len Nut­zern ge­teilt, mit­tags aber wie­der ge­löscht.
Die Echt­heit und das Zu­stan­de­kom­men des Brie­fes konn­ten ges­tern
nicht ab­schlie­ßend ge­klärt wer­den. Der Ver­brei­ter des Bei­trags
war nicht zu er­rei­chen. Ei­ne Stadt-Spre­che­rin er­klär­te aber, dass
es Kon­trol­len der Hal­te­stel­len und ent­spre­chen­de
Ver­warn­gel­der durch­aus ge­be. Wenn ein Feh­ler ge­macht wor­den sei,
wer­de der Be­scheid na­tür­lich zu­rück­ge­nom­men. „Sie be­nutz­ten
die An­la­ge des ÖPNV an der vor­ge­nann­ten Ört­lich­keit nicht ih­rer
Zweck­be­stim­mung ent­spre­chend und nutz­ten die­se als Ru­he­platz“,
heißt es dar­in in knap­pem Amts­deutsch. Es geht um acht Mi­nu­ten um
die Mit­tags­zeit.

Ge­ra­de in Bahn­hofs­nä­he
kon­trol­liert der Ord­nungs- und Ser­vice­dienst (OSD) re­gel­mä­ßig
die Hal­te­stel­len. „Die War­te­häus­chen sol­len den Kun­den des
Nah­ver­kehrs zur Ver­fü­gung ste­hen“, so die Spre­che­rin. Es sei
nicht aus­zu­schlie­ßen, dass bei so ei­ner Kon­trol­le der 83-Jäh­ri­ge
auf­ge­fal­len sei und für den Mit­ar­bei­ter nicht klar war, dass der
Mann de­ment ist und ei­ne Pau­se brauch­te. „Wenn der Mit­ar­bei­ter
den Mann der Ob­dach­lo­sen- oder Trin­ker­sze­ne zu­ge­ord­net hat,
lie­ße sich das Schrei­ben wohl so er­klä­ren.“ Ei­ne Stel­lung­nah­me
des Be­trof­fe­nen rei­che, um die Sa­che aus der Welt zu schaf­fen.
Auch Ord­nungs­de­zer­nent Chris­ti­an Zaum sag­te: „Wenn das so
ge­lau­fen ist, wä­re das un­glück­lich.“ In die­sem Fall wür­de auch
das Ge­spräch mit dem Mit­ar­bei­ter ge­sucht. Er warb aber um
grund­sätz­li­ches Ver­ständ­nis für die Ar­beit des OSD, der im
Hin­blick auf Hal­te­stel­len oft Be­schwer­den nach­ge­he.

Kom­men­tar Sei­te D2

 

Un­be­dingt auf­klä­ren

ni­co­le.​lange@​rhe​inis​che-post.de

Vie­le Men­schen wa­ren ges­tern ent­setzt, dass ein of­fen­bar de­men­ter
Se­ni­or ein Ver­war­nungs­geld für das Aus­ru­hen an ei­ner
Bus­hal­te­stel­le zah­len soll. Das ist ver­ständ­lich: Kei­ner mag
sich vor­stel­len, wie ein äl­te­rer Mann, der sei­ne La­ge wo­mög­lich
nicht gut ar­ti­ku­lie­ren konn­te, um sei­ne Per­so­na­li­en ge­be­ten
und wohl aus dem War­te­häus­chen kom­pli­men­tiert wur­de.

Der Ord­nungs­dienst geht täg­lich zahl­rei­chen ech­ten Be­schwer­den
nach, wird da­bei auch in Kon­flik­te ver­wi­ckelt. Un­be­dingt
auf­zu­klä­ren ist nun al­so, wie das Miss­ver­ständ­nis pas­sier­te:
Hat der be­tref­fen­de Mit­ar­bei­ter sich aus­rei­chend be­müht, die
La­ge des Se­ni­ors zu ver­ste­hen? Oder ist er vor Ort zu
un­auf­merk­sam und vor al­lem viel zu hart vor­ge­gan­gen?

Wenn das der Fall ist, müss­te die Stadt ihr Vor­ge­hen drin­gend
auf­ar­bei­ten, Mit­ar­bei­ter sen­si­bi­li­sie­ren und bei Be­darf
nach­schu­len. Klar si­gna­li­siert wur­de glück­li­cher­wei­se schon,
dass das Ver­warn­geld selbst­ver­ständ­lich nicht be­zahlt wer­den
muss, wenn sich hier ein kran­ker Mann ein­fach aus­ru­hen woll­te.

RP

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-dementer-sen...

 

27. November 2017 - 17:12 Uhr

Dementer Senior macht Pause und erhält Bußgeld vom Ordnungsamt

OSD-Mitarbeiter am Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Melanie Zanin

OSD-Mitarbeiter am Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Düsseldorf. Weil sich ein Rentner an einer
Haltestelle am Düsseldorfer Hauptbahnhof kurz ausgeruht hatte, erhielt
er ein Bußgeld vom Ordnungsamt. Im Netz sorgt der Fall für große
Empörung. Jetzt hat die Stadtverwaltung auf die massive Kritik reagiert.

Laut der schriftlichen Verwarnung, die der 85-Jährige vom
Ordnungsamt erhielt, ereignete sich der Vorfall am 14. November an einer
Bushaltestelle an der Friedrich-Ebert-Straße. Für einen Moment soll
sich der Senior an dem Haltepunkt hingesetzt haben. Dafür erhielt er vom
Ordnungsamt ein Bußgeld in Höhe von 35 Euro. Ein Bekannter des Rentners
stellte den Brief ins Internet und schrieb, dass der Mann dement und
herzkrank sei. Viele User reagierten empört und verbreiteten die
Geschichte im Netz.  

http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/dementer-senior-macht-pause-und-erh...

 

Unfassbar! DARUM verpasst das Ordnungsamt dementem Rentner ein Knöllchen

Von Marc Herriger 27.11.17, 16:43 Uhr

 

Haltestelle2

Dieses Knöllchen bekam ein 86-jähriger, dementer Rentner, weil er zu lange auf einer Bank in einer Rheinbahn-Haltestelle saß.

Foto:

Screenshot Twitter

Düsseldorf -

Wieder einmal
heiße Diskussionen um den städtischen Ordnungs- und Servicedienst
(OSD). Am Wochenende wurde bekannt, dass OSD-Mitarbeiter am 14. November
einen dementen 86-Jährigen mit einem Bußgeld belegt hatten – weil er
acht Minuten lang in einer Straßenbahnhaltestelle auf der Bank gesessen
hatte!

Nicht die erste Diskussion um das Vorgehen der OSDler (hier mehr lesen).

Dementer Senior brauchte Pause

Der Senior war mit seinem Hund spazieren. Aufgrund seines Alters und seiner
beginnenden Demenz, muss sich der 86-Jährige öfters ausruhen. Als er an
diesem Tag sein Päuschen in der Haltestelle direkt am Vorplatz des
Hauptbahnhofes machte, kamen Mitarbeiter des OSD auf ihn zu.

Sie belegten ihn mit einem Bußgeld von 35 Euro wegen des Verstoßes gegen Paragraph 3
der Düsseldorfer Straßensatzung: „Die Anlagen des ÖPNV dürfen nur im
Rahmen ihrer Bestimmung für öffentliche Verkehrszwecke benutzt werden“.

Die Stadt will damit verhindern, dass sich Leute aus der Trinker- und
Drogenszene in den Haltestellenhäuschen dauerhaft niederlassen. „Sobald
die Plätze für einen Daueraufenthalt auserkoren werden, fehlen sie an
diesen stark frequentierten Haltestellen schlicht für die Fahrgäste“,
erklärt Stadtsprecher Michael Buch.

Nachdem dieser Fall im NETT-Werk Düsseldorf bei Facebook öffentlich gemacht
wurde und sofort hohe Wellen schlug, hat die Stadt jetzt reagiert.

„Das Verfahren gegen den Rentner wird von Amts wegen eingestellt“, sagt Buch.

Ordnungsamtschef entschuldigt sich

Auch Ordnungsamts-Chef Michael Zimmermann äußerte sich gestern: „Das
Verhalten des Seniors hätte unter den Aspekten Angemessenheit und der
Opportunität bewertet werden müssen. Bei so einer Entscheidung muss das
Lebensalter des Betroffenen, das in diesem Alter natürliche Bedürfnis,
eine Ruhepause einzulegen und 'sich mal setzen' sowie die im
Bahnhofsumfeld fehlenden Sitzgelegenheiten außerhalb der ÖPNV-Anlagen
berücksichtigt werden. In der Abwägung dieser Sachverhalte hätte auf
eine Ahndung verzichtet werden müssen. Eine angemessene Kommunikation
hätte die Situation sicherlich bereits im Entstehen bereinigt. Wir
bedauern das Vorgehen sehr".

(exfo)

– Quelle: https://www.express.de/28961216 ©2017

 

 

Rentner muss nicht fürs Sitzen auf Wartebank zahlen

Lars Wienand

27.11.2017 - 18:03 Uhr

An dieser Haltestelle unweit des Düsseldorfer Bahnhofs bekam ein 85-Jähriger für acht Minuten Sitzen ein Knöllchen.

Düsseldorf 
35 Euro von einem 85-Jährigen, weil er
an einer Düsseldorfer Haltestelle saß? Nach der Empörung muss er nicht
zahlen. Andere müssen.

Verwarnungsgeld für zu langes Sitzen an der Haltestelle: Die Empörung
über ein Knöllchen für einen 85-jährigen demenzkranken Mann in
Düsseldorf ist groß, die Stadt hat am Montag beigegeben: Das Verfahren
wird von Amts wegen eingestellt. Der Fall wirft aber ein Licht auf den
Umgang mit der Obdachlosenszene. Gegen sie geht die Stadt häufiger so
vor, ohne dass das bisher breite Empörung ausgelöst hat. Selbst bei
Menschen mit Fahrkarte wird abkassiert, berichtet Sozialarbeiterin Julia
von Lindern, Streetworkerin vom Obdachlosenmagazin „Fiftyfifty“.

In der vergangenen Woche war es Guiseppe Memoli, der von Mitarbeitern des
Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) belangt wurde. Der 48-Jährige ließ
zwei Bahnen abfahren und saß immer noch auf einer Bank an einer
Haltestelle. Ordnungsamtsmitarbeiter hatten ihn zuvor schon
angesprochen, er hatte nach eigenen Angaben sogar sein Monatsticket
gezeigt. Nach der zweiten Bahn kamen sie wieder, erzählte er unserer
Redaktion am Montag.

Ohne Fahrabsicht kein Sitzen

Er dürfe da nicht so lange sitzen,
sagten ihm die Mitarbeiter nach seiner Darstellung. „Das ist nicht
erlaubt.“ Er habe offenbar „keine Fahrabsicht“. Die
Ordnungsamtsmitarbeiter sahen darin einen Verstoß gegen die Düsseldorfer Straßenordnung, die in Paragraf 3 zum Schutz der ÖPNV-Anlagen Verhalten verbietet, das der Zweckbestimmung widerspricht.

Memoli erklärte den OSD-Beschäftigten, „dass ich auf eine Bahn warte, in der
ein Bekannter sitzt.“ Aber das änderte nichts. Er habe den Ausweis
zeigen müssen, bekam ein Verwarnungsgeld über 35 Euro angekündigt. „Ich
habe das noch nicht in der Post gehabt, aber ich gehe natürlich dagegen
vor.“

„Immer auf die Schwachen“

Der Hintergrund der Aktion sei ihm
schon klar, er saß am Worringer Platz, der auch als Drogenumschlagplatz
bekannt ist. „Ich habe aber mit Drogenhandel überhaupt nichts zu tun.“
Auch von der Friedrich-Ebert-Straße, wo der 85-Jährige gesessen hatte,
klagen Anwohner über die Drogenszene, die Stadt wird vom Einzelhandel
unter Druck gesetzt.

Memoli hat einen festen Wohnsitz, kennt aber Menschen unter den Obdachlosen. „Und
ich höre jetzt von überall her, dass Leute zahlen sollen, weil sie an
einem Wartehäuschen gesessen haben. Das geht doch nicht“, sagt er. Immer
gehe das auf die Schwachen.

Obdachlosenhilfe: Vorgehen zeigt exemplarisch die Schikane

Für das Obdachlosenmagazin „Fiftyfifty“ zeigt das Vorgehen gegen den
85-Jährigen vor wenigen Tagen „exemplarisch das schikanöse Verhalten von
OSD-Mitarbeitern gegenüber augenscheinlich armen Menschen“. Der Verein
rate Betroffenen, sich dort zu melden, „wir legen Widerspruch ein“.
Zynisch gesagt könnten die Obdachlosen jetzt froh sein, dass durch den
Fall nun dieses Vorgehen bekannt wird.

Am Wochenende hatte auf Facebook das Posting eines Mannes große Wellen

geschlagen, der sich als Betreuer eines dementen Ehepaars bezeichnet. Er
hatte den Bescheid des Ordnungsamts gepostet: Für acht Minuten
Aufenthalt in einem Haltestellenhäuschen sollte der herzkranke demente
Mann demnach 35 Euro zahlen.

Das Vorgehen macht viele Menschen sprachlos, die Stadt Düsseldorf meldete
sich noch am Sonntag erstmals: Wenn es wie geschildert sei, müsse das
Paar sich nur melden und den Sachverhalt klarstellen.

Betreuer von 85-Jährigem von Welle überfordert

Das wäre schwer geworden, wenn das Paar wie in dem Posting erklärt dement
ist. Und auch der Mann, der den Fall mit seinem Facebook-Beitrag
öffentlich machte, ist für das Ordnungsamt aktuell keine Hilfe. Nach
Informationen unserer Redaktion hat ihn die Resonanz völlig überrollt,
er fühlt sich überfordert. Die Stadt erklärte aber am Montag: „Einer
schriftlichen Stellungnahme bedarf es nicht mehr.“ Das Verhalten des
Seniors hätte unter den Aspekten Angemessenheit und der Opportunität
bewertet werden müssen, so die Stadt.

An der in der Straßenordnung
festgehaltenen Praxis von Verwarnungsgeldern fürs Sitzen in
Wartehäuschen wird das nichts ändern. 2016 gab es deshalb 112 Verfahren,
in diesem Jahr bereits 172. Vor einer Ahndung als Ordnungswidrigkeit
oder einem Platzverweis stünden aber immer aufklärende Hinweise und
Gespräche, erklärt die Stadt.

Wenn die Plätze von „Menschen mit Mittelpunkt auf der Straße“ für einen
„Daueraufenthalt“ auserkoren würden, fehlten sie „an diesen stark
frequentierten Haltestellen schlicht für die Fahrgäste“. In diesem Jahr
sei die Zahl der Verfahren gestiegen, weil Beschwerden über nicht
nutzbare ÖPNV-Anlagen massiv zugenommen hätten.

Manche Obdachlose können Verwarnungsgelder zahlen

Bei den Obdachlosen könnten manche Verwarnungsgelder bezahlen, sagt
Sozialarbeiterin von Lindern. „Bei anderen werden daraus Privatschulden,
die gepfändet werden könnten, wenn es was zu holen geben würde.“

Schlagzeilen machte das Düsseldorfer Ordnungsamt bereits mit dem Umgang mit dem Obdachlosen
Sascha Podschelni. Als er das Verwarnungsgeld für das Nichtanleinen
seines Hundes nicht zahlen konnte, nahmen ihm Mitarbeiter sein
Smartphone als Sicherheitsleistung ab. Podschelni hat eine Postanschrift
bei „Fiftyfifty“, das Ordnungsamt habe das aber von dem Vorgehen nicht
abgehalten. „Und ein Handy braucht man eigentlich, es kann ja immer mal
was Wichtiges sein, und da habe ich auch alle meine Kontakte“, sagt
Podschelni.

Von Strafen fürs Sitzen an Haltestellen hat er selbst noch nichts mitbekommen. „Ich finde
das krass, zumal die Deutsche Bahn auf der anderen Seite angekündigt
hat, niemanden aus dem Bahnhof vertreiben zu wollen, wenn es kalt ist.“

„Viele Mitarbeiter sind auch umgänglich“

In einem anderen Fall beschlagnahmte das Ordnungsamt nach Darstellung von „Fiftyfifty“ 600
Euro bei einem Obdachlosen, der mit einem Fahrrad in der Fußgängerzone
angehalten wurde. Von Lindern: „Darf er nicht, aber sie machten eine
Leibesvisitation und nahmen ihm das Geld ab, das er gerade als
Nachzahlung von der Arge erstritten hatte.“ Weil ein langjähriger
Streetworker sich einschaltete und von Mitarbeitern des Ordnungsamts
angegangen worden sei, hat „Fiftyfifty“ Anzeige gegen Mitarbeiter des
Ordnungsamts erstattet.

Die Behörde in Düsseldorf sei in ihrem Vorgehen gegenüber Obdachlosen
insgesamt krasser als etwa die in Köln, meint Podschelni. Aber in der
Regel seien es doch einzelne Mitarbeiter, die überzogen agierten. „Viele
sind da auch umgänglich.“

Verschärft haben sich die Probleme in Düsseldorf laut Sozialarbeiterin von Lindern
vor etwas mehr als zehn Jahren mit der Neufassung der Straßenordnung,
die neben dem Schutz von ÖPNV-Anlagen auch Regelungen zum aggressiven
Betteln beinhaltet. „Ein absoluter Gummiparagraf. In der Altstadt können
zwei Leute drei Meter nebeneinander ein Bier trinken, der eine ist
Tourist, der andere kann wegen aggressiven Bettelns belangt werden.“

https://www.nrz.de/panorama/strafe-fuers-sitzen-auf-wartebank-duesseldor...

 

https://rtlnext.rtl.de/cms/rentner-ruht-sich-an-bushaltestelle-aus-und-kriegt-ein-knoellchen-4134531.html

https://www.derwesten.de/panorama/strafe-fuers-sitzen-auf-wartebank-duesseldorf-kassiert-oefter-id212665705.html

https://www.stern.de/panorama/weltgeschehen/duesseldorf--das-sagt-die-stadt-zu-ihrem-knallhart-knoellchen-7764070.html

http://www.focus.de/regional/duesseldorf/duesseldorf-darum-verpasst-das-ordnungsamt-dementem-rentner-ein-knoellchen_id_7904301.html

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/duesseldorf-senior-fuer-pause-an-haltestelle-verwarnt-stadt-lenkt-ein-a-1180558.html