1. Februar 2017 | 06.49 Uhr
Kündigungen in Düsseldorf
Paar facht Debatte über Mieterschutz an
Familie S. muss ihre Wohnung in Unterbilk verlassen. Sie berichtet über ihren Fall nun einem Ausschuss des Stadtrats.
FOTO: Andreas Endermann
Düsseldorf.
Ein Eigentümer kündigt acht Wohnungen wegen Eigenbedarf. Der Fall beschäftigt nun die Politik. Das Wohnungsamt rät zum Handeln.
Von Arne Lieb
Ein aktueller Fall belebt die Diskussion um gesetzlichen
Schutz von Wohnraum. Acht Mietwohnungen fallen in Unterbilk weg, weil
ein Hauseigentümer den Mietern gekündigt hat. Auf den insgesamt 400
Quadratmetern soll nur noch dessen Familie wohnen, einen Teil der Fläche
will er gewerblich nutzen. Das Wohnungsamt rät zu einer
Zweckentfremdungssatzung, um solche Fälle zu verhindern - und bringt
damit ein Reizthema in der Kooperation aus SPD, Grünen und FDP wieder
auf die Tagesordnung.
"Andere Familien bewahren"
Familie S., die zu den gekündigten Mietern gehört, hat
sich an die Politik gewandt. Sie lässt ihren Fall am Mittwoch im
Anregungs- und Beschwerdeausschusses diskutieren. Das Gremium steht
allen Bürgern offen. Es geht Familie S. nicht um ihren Fall, für den
eine neue Regelung wohl sowieso zu spät käme, daher will man auch Namen
und Adresse nicht veröffentlichen. "Man könnte andere Familien vor einem
ähnlichen Vorgehen bewahren", schreibt sie.
Familie S. mit inzwischen zwei Kindern wohnt demnach seit
20 bzw. 16 Jahren in der Wohnung. Nach einem Eigentümerwechsel sei
Anfang 2016 die Kündigung auf Eigenbedarf gekommen. Laut dem Schreiben
an die Politik will der Eigentümer drei der Wohnungen in Ateliers
umwandeln. "Dadurch wird konkret unter anderem unser Wohnraum zerstört
und dem Wohnungsmarkt entzogen", schreibt S.
SPD und Grüne für Satzung
Politisch gewinnt der Fall an Fahrt, weil das Wohnungsamt
überraschend deutlich dem Paar beispringt. Es handele sich um eine
"klassische Variante" der Zweckentfremdung, wie sie insbesondere bei
repräsentativen Altbauten zu beobachten sei, schreibt Amtsleiter Thomas
Nowatius. Für eine Mischnutzung mit freiberuflicher Tätigkeit bedürfe es
in der Regel keiner besonderen Genehmigung. Eine Statistik darüber, wie
viele Fälle es gibt, führt das Amt offenbar nicht. Derzeit könne man
solchen Vorhaben nicht "wirksam begegnen". Nowatius regt eine Satzung
an, wie es sie in Köln, Bonn, Dortmund und Münster gibt. "Die Erhaltung
angemessenen, preisgünstigen Wohnraums" sei in öffentlichem Interesse.
Das stößt bei SPD und Grünen auf offene Ohren. Beide
Parteien hatten die Satzung im Wahlkampf gefordert. Das Thema fiel aber
den Verhandlungen mit der FDP zum Opfer - in der
Kooperationsvereinbarung ist davon nichts zu lesen. Vom Tisch ist das
Thema trotzdem nicht, sagt SPD-Ratsherr Matthias Herz. "Wir halten die
Satzung angesichts des Wohnungsmangels für dringend geboten." Sie helfe
auch gegen Vermietung mit der Internet-Plattform AirBnB. "Es wäre
falsch, das Instrument nicht zu nutzen", meint Herz.
Im Stadtrat fehlt aber eine Mehrheit. Denn die FDP
zweifelt immer noch am Sinn der Satzung. Ratsherr Rainer Matheisen
verweist auf eine Studie der Landesregierung, in der die Städte mit
einer Satzung angeben, diese habe nichts gebracht. Zudem erfordere sie
viel Bürokratie, schränke die Rechte von Eigentümern ein und führe zu
ungewollten Folgen, etwa, dass möbliertes Wohnen teurer wird. "Günstigen
Wohnraum schafft man nur durch Bau von Wohnungen", so Matheisen.
Quelle: RP
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/welche-rechte-der-mieter...