Den 45 reichsten Deutschen gehört so viel wie der Hälfte der übrigen Bevölkerung?

 

DIW-Studie zur Ungleichheit

Den 45 reichsten Deutschen gehört so viel wie der Hälfte der übrigen Bevölkerung?

Ein Protest-Plakat vor dem Hotel Orania in Berlin

(Foto: dpa)

Eine Ungleichheits-Studie des DIW zur
Vermögensverteilung in Deutschland erregt Aufsehen - auch, weil sie mit
einem Trick besonders große Unterschiede feststellt.

    Von Alexander Hagelüken

    Das Jahr 2017 brachte
    für den Lidl-Gründer Dieter Schwarz die Nachricht, er sei in der Runde
    der reichsten Deutschen nicht mehr Nummer fünf, sondern sogar Nummer
    drei. Jedenfalls wenn man dem Manager Magazin glaubt. Das neue
    Jahr bringt eine neue Nachricht. Eine, die den doch sehr abstrakten
    Dukatenberg des Discounterkönigs von geschätzt 22 Milliarden Euro sehr anschaulich macht: Demnach besitzt Dieter Schwarz zusammen mit den übrigen 44
    reichsten Haushalten in Deutschland, etwa Erben von BMW und Aldi, so
    viel wie - die gesamte ärmere Hälfte aller Haushalte im Land.

    Weniger als 50 Reichen gehört mit 214 Milliarden Euro genauso viel wie etwa 50
    Prozent aller Deutschen? Das ist eine Nachricht, die
    Aufregungspotenzial birgt angesichts der zunehmenden Ungleichheit in der
    Bundesrepublik mit stagnierenden Reallöhnen vieler. Besonders brisant
    wirkt sie angesichts der Verhandlungen zu einer neuen Regierung, in der
    weder eine Rückkehr der Vermögensteuer noch ein höherer
    Spitzensteuersatz eine Rolle spielt.

    Wie seriös ist der Vergleich von Daten aus unterschiedlichen Quellen?

    Herausgearbeitet hat dieses Verhältnis ein Forscherteam um Stefan
    Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Dabei
    arbeiten sie ungewöhnlich für Ökonomen, ziehen für ihre Rechnung unter
    anderem das Manager Magazin heran - und werfen die Frage auf, wie seriös
    deren Vergleich von Daten aus unterschiedlichen Quellen sein kann. Es
    war schon bekannt, dass der Reichtum in der Bundesrepublik so ungleich
    verteilt ist wie fast nirgends in der Euro-Zone. Die zehn Prozent der
    Reichsten besitzen 60 Prozent des gesamten
    Vermögens. Dies fand die Europäische Zentralbank (EZB) in umfangreichen
    Befragungen heraus. Forscher klagen jedoch, solche Umfragen
    unterschätzten die Ungleichheit, weil Superreiche sich
    ihrer verweigerten.

     

     

     

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    Stefan Bach und seine Kollegen nahmen deshalb nun die EZB-Daten
    und ergänzten sie mit diversen Reichen-Listen. Ihr Aufsatz "Auf der
    Suche nach fehlenden Reichen" klingt wie ein Action-film - und stöbert
    zusätzlich eine Billion Euro in den Schatullen auf. Ergebnis: Den
    reichsten fünf Prozent der Haushalte gehört auf einmal die Hälfte des
    gesamten Vermögens - laut EZB-Umfrage war es nur ein Drittel (siehe Grafik).

     

    "Große Vermögen haben große Macht und Einfluß - auch auf die Politik."

    Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zu den europäischen
    Nachbarn Spanien und Frankreich. Bei denen steigt der Vermögensanteil
    der Reichsten bei Weitem nicht so stark, zieht man die Listen von Forbes oder Manager Magazin heran. In Spanien und Frankreich besitzen deutlich
    mehr Bürger Immobilien, schon deshalb klaffen nicht so große
    Unterschiede zwischen Reich und Arm. Das klingt nach einem Auftrag für
    die neue Bundesregierung: Die Vermögensbildung breiter Schichten
    verbessern - und Reiche stärker besteuern, um "eine Refeudalisierung der
    Gesellschaft zu verhindern", wie es Stefan Bach ausdrückt: "Große
    Vermögen haben große Macht und Einfluß - auch auf die Politik."

    Aber darf man überhaupt so rechnen, wie Bach es tut, um am Ende
    einige Superreiche und die ärmere Bevölkerungshälfte gegenüberzustellen?
    Die NGO Oxfam wurde für einen ähnlichen Ansatz bereits kritisiert. Das
    DIW-Modell allerdings unterscheidet sich davon deutlich. Es vergleicht
    anders als Oxfam Bürger desselben Landes. Und es verwendet keine
    Schätzung des Vermögens der Ärmeren, sondern eben EZB-Daten, die mit den
    Reichenlisten auf wissenschaftliche Art ergänzt werden. "Unser Ergebnis
    sollte mit einer gewissen Vorsicht interpretiert werden", relativiert
    Bach, verteidigt aber sein Vorgehen. Haltlos wären Reichenlisten nur,
    wenn sie die Reichtumsangaben von Lidl-Schwarz oder den Aldi-Erben
    systematisch verzerrten, worauf es keine Hinweise gebe.

     

    Bach muss lachen. Es gäbe natürlich einen Weg zu exakteren
    Zahlen: die Vermögensteuer wieder einzuführen, die Bundeskanzler Helmut
    Kohl (CDU) vor gut 20 Jahren abschaffte. Sie würde genaue Daten liefern, die heute schlicht nicht existieren können.

    Besteuert Daten und Maschinen - nicht die Arbeit!

    Viele Jobs können in Zukunft erhalten bleiben,
    wenn Arbeit wieder günstiger wird. Das geht aber nur, wenn sie nicht so
    hoch besteuert wird.

    Kommentar von Claus Hulverscheidt

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    http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/diw-studie-zur-ungleichheit-den-re...

    https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.575245.de