Es ist offenkundig: Deutschland ist vielfach gespalten, und
Spaltungsprozesse nehmen eher zu als ab: Zwischen prosperierenden und
abgehängten Regionen, zwischen Arm und Reich, Alt und Jung, zwischen den
Geschlechtern und zwischen Einheimischen und Zugewanderten. Die
Ursachen für diese Spannungen und Konflikte sind vielfältig und nicht
nur sozialer, sondern auch kultureller Natur.
Der Paritätische legt nun schon zum sechsten Mal neben regelmäßigen
Berichten zur Armuts- und Ungleichheitsentwicklung in Deutschland einen
eigenen Bericht zur Entwicklung des sozialen Zusammenhalts vor. Er
versteht sozialen Zusammenhalt - vom Europarat definiert als „Fähigkeit
einer Gesellschaft, das Wohlergehen all ihrer Mitglieder zu sichern und
durch Minimierung von Ungleichheiten und Vermeidung von Marginalisierung
Unterschiede und Spaltung zu bewältigen sowie dieMittel zur Erreichung
desWohlergehens aller zu gewährleisten“ - als eine
gesamtgesellschaftliche Zukunftsfrage: „Gesellschaften, in denen es
Spaltung und Ungleichheit gibt, sind nicht nur ungerecht, sie können auf
lange Sicht auch keine Stabilität garantieren.“
Wachsende soziale und regionale Disparitäten und der Verlust an
sozialem Zusammenhalt - sogenannte Kohäsionskrisen - sind auch eine
Gefährdung des gesellschaftlichen Miteinanders und der Demokratie. Die
erschreckenden Wahlerfolge der rechtsextremen AfD belegen das, auch wenn
sie nicht auf eine einfache Ursache reduziert werden können.
Sozialer Zusammenhalt und gleichwertige Lebensverhältnisse bauen
aufeinander auf und bedingen einander. Beides sind soziale Qualitäten,
die in den vergangenen Jahren erodiert sind. Das Paritätische
Jahresgutachten analysiert diese Entwicklungen und will bestehende
Defizite und Problemlagen, aber auch positive Entwicklungen und
Handlungschancen aufzeigen.