Diakonie fordert mehr Hilfe für wohnungslose Frauen
Philipp Rose
Foto: Roland Weihrauch
Düsseldorf.
Die Zahl an Hilfsbedürftigen stieg zuletzt stark an. Fast die Hälfte der Frauen ist Gewalt und sexuellen Übergriffen ausgesetzt.
Nicht nur an Plätzen in Frauenhäusern fehlt es in Düsseldorf, auch
Unterkünfte und Angebote für wohnungslose Frauen sind bis auf Ausnahmen
Mangelware. „Und das, obwohl wir es hier mit besonders schutzbedürftigen
Menschen zu tun haben“, erklärt Christian Heine-Göttelmann, Vorstand
des Diakonischen Werkes Rheinland-Westfalen-Lippe. Denn laut einer
Studie der Hochschule Düsseldorf, die frauenspezifische Angebote der
Wohnungslosenhilfe Diakonie in NRW untersuchte, haben rund 42 Prozent
der wohnungslosen Frauen Gewalt und sexuellen Missbrauch erfahren. Beim
Kirchenverband wird deshalb gefordert: „Wir brauchen dringend mehr
Notübernachtungsstellen, Wohnhilfen und Beratungsangebote, die sich
gezielt an Frauen richten“, so der Vorsitzende.
Tragische Schicksalsschläge sind oft der Auslöser
Insgesammt lebten im vergangenen Jahr
in Düsseldorf 4933 Wohnungslose – mehr als doppelt soviel als im Jahr
2016. Davon werden 3601 Personen durch kommunale Angebote in Düsseldorf
betreut, 1332 leben in Einrichtungen der freien Träger wie der Diakonie.
Ein Drittel der Wohnungslosen in NRW sind laut Diakonie Frauen. Alleine
im Zeitraum von 2016 auf 2017 gab es eine „explosionsartige Steigerung
bei der Zahl wohnungsloser Frauen um 30 Prozent“, so Heine-Göttelmann.
Während gerade im ländlichen Raum
spezifische Angebote fehlen, hat die Diakonie ihre Hilfen in Düsseldorf
schon seit über 40 Jahren entsprechend gestaltet. Es gibt eine
Beratungsstelle, eine Notübernachtungsstelle für 20 Frauen sowie eine
stationäre Unterkunft mit 31 Plätzen An der Icklack 26. Demnächst kommen
20 weitere Plätze dort hinzu. „Frauen finden bei uns eine dauerhafte
Unterkunft. Im Gegensatz zu Notfallsschlafstellen müssen sie tagsüber
nicht ihr Zimmer verlassen, die Frauen können hier rund 24 Monate
bleiben, in Notfällen auch länger. In der Zeit bieten wir ihnen Beratung
und helfen bei der Wohnungssuche“, sagt Stefanie Volkenandt, Leiterin
der Stelle „Icklack – Wohnen für Frauen“.
In Düsseldorf sind kaum günstige Wohnungen zu finden
Dass Wohnungslosigkeit oft das
Ergebnis tragischer Schicksalsschlägen ist, liegt auf der Hand:
„Wohnungslosigkeit ist keine selbstgewählte Lebensform, hinter jedem
Fall steckt eine persönliche Geschichte“, sagt Roland Meier, Vorstand
des Evangelischen Fachverbands bei der Diakonie-Wohnungshilfe.
Psychische Erkrankungen, Gewalt und der Verlust des Lebensmittelpunkts zeichnen
die Biografie vieler notleidender Frauen. Die Düsseldorferin Isa Dickers
ist eine von ihnen. Früh verheiratet hat die 61-Jährige viel Gewalt und
sexuelle Übergriffe in ihrem Leben erfahren: „Ich habe bei meinem Mann
mehr Prügel als Essen gekriegt. Danach war jede Beziehung für mich
erstmal gestört.“ Nach dem Tod ihrer Schwester kamen Depressionen, kurz
darauf verlor sie ihre Wohnung, weil sie nicht mehr in der Lage war,
fristgerecht Miete zu zahlen. „Ich landete direkt auf der Straße, aus
der Wohnung konnte ich nichts mitnehmen“, sagt sie. In einer
Notfallunterkunft mit Männern habe sie wegen ihrer Vergangenheit nicht
schlafen wollen. Nach einem Suizidversuch landete sie dann in der Klinik
– und dann zum Glück bei der Diakonie.
https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/diakonie-fordert-mehr-hilfe-fuer-...