Dortmund hat in diesem Jahr 265 Verwarngelder gegen Obdachlose ausgestellt

 

Warum Dortmund Knöllchen an Obdachlose verteilt - und andere Städte nicht

16.11.18

  Die Stadt Dortmund hat in diesem Jahr 265 Verwarngelder gegen Obdachlose
ausgestellt, weil sie im Freien übernachtet haben. Die Vorsitzende der
„Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe“ kennt keinen anderen
Fall.

Wer als Obdachloser im Freien übernachtet, hat in Dortmund ein zusätzliches Problem: Ihm droht ein Knöllchen. Wie der WDR berichtet,

hat die Stadt in diesem Jahr bereits 265 Verwarngelder gegen Obdachlose
ausgestellt. Obdachlose bekommen zunächst einen Platzverweis, beim
zweiten Mal dann das Knöllchen von 20 Euro. Zahlt man nicht, gibt es ein
Bußgeld. Wenn auch diese Schuld nicht beglichen wird, droht Ersatzhaft,
also Gefängnis.

Stadtsprecher Maximilian Löchter verweist gegenüber unserer Redaktion auf die „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Dortmund“.
Dort heißt es: „Es ist untersagt, auf Straßen oder in Anlagen auf
hierfür nicht besonders freigegebenen Flächen zu lagern, zu campieren
oder zu übernachten.“ Er schränkt allerdings ein: „Das Ordnungsamt
setzt keinen Arbeitsschwerpunkt auf die Kontrolle und Überwachung eben
dieser Vorschrift, weshalb in aller Regel hier eingeschritten wird, weil
es Beschwerden gibt.“ Unabhängig davon griffen die Streifendienstkräfte
solche Störungen vor allem an den bekannten Problemörtlichkeiten auf.
Zudem würden oftmals Ordnungswidrigkeiten vor Ort festgestellt, wie
beispielsweise Verunreinigungen des Umfeldes, Müllablagerungen,
Urinieren.

Verboten ist das Schlafen im Freien auch in anderen Städten. So heißt es in der „Ordnungsbehördliche Verordnung“ der Stadt Düsseldorf,
untersagt sei das „Nächtigen, insbesondere auf Bänken und Stühlen sowie
das Umstellen von Bänken und Stühlen zu diesem Zweck“. Köln hat eine
Verordnung mit einer ähnlichen Formulierung erlassen.

Das heißt aber nicht, dass die Städte Knöllchen
verteilen müssen. Zwar ist es durchaus üblich, Platzverweise
auszusprechen, mit dem Verwarngeld ist Dortmund allerdings eine
Ausnahme. „Eine Ahndung durch kostenpflichtige Verwarnungen erfolgt in
der Praxis nicht“, sagt Düsseldorfs Stadtsprecher Volker Paulat. Er sagt
aber auch: „Die Duldung setzt voraus, dass das Nächtigen nicht mit
weiteren Störungen, wie etwa Abfallablagerungen, Urinieren oder
ähnlichem verbunden ist.“ Im gesamten Jahr 2017 hat die Stadt kein
einziges Verwarnungsgeld gegen einen Obdachlosen erhoben. Ähnlich halten
es andere Städte. Unsere Anfragen ergaben, dass auch Mönchengladbach,
Duisburg, Essen und Bochum keine Knöllchen an Obdachlose verteilen. „Wir
glauben nicht, dass das zielführend ist“, sagt ein Sprecher der Stadt
Bochum.

Werena Rosenke, Geschäftsführerin der „Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe“ hat noch nie von so einem Fall wie in Dortmund gehört. Doch sie kennt
andere Maßnahmen, mit denen Städte versuchen zu verhindern, dass
Obdachlose im Freien übernachten. So erzählt sie von einem Fall, in der
ein bei Obdachlosen beliebter Schlafplatz umzäunt wurde. Auch gestalten
Städte Parkbänke um oder bauen sie gleich ganz ab.