Politik will neue Debatte über Zweckentfremdung von Wohnungen RP 2.2.2017
(arl) Die Anregung einer Familie aus
Unterbilk bringt das Thema Zweckentfremdung von
Wohnraum wieder in den Stadtrat – das hat der
Anregungs- und Beschwerdeausschuss beschlossen.
Eine (ungewöhnliche) Mehrheit aus SPD, Grünen,
Linkspartei, Piraten und Freie Wähler votierte
dafür, dass sich der fürs Wohnen zuständige
Ausschuss damit befasst, ob Düsseldorf eine Satzung
erlassen sollte, die verhindert, dass Wohnraum zu
Gewerbeflächen umgewandelt wird. Auch das „Forum
Zukunft“, ein Kreis aus Politik, Verwaltung und
Wohnungswirtschaft, soll debattieren. Der
Anregungs- und Beschwerdeausschuss hat
empfehlende Wirkung.
Die Beschwerdeführer müssen, wie
berichtet, nach 20 Jahren ihre Wohnung verlassen,
genau wie die anderen Mieter des Hauses. Der Grund
ist, dass der Eigentümer Eigenbedarf angemeldet
hat. Nach Darstellung der Familie möchte er einen
Teil der Wohnungen in von ihm selbst gewerblich
genutzte Ateliers umwandeln. Den Antragstellern
gehe es nicht um ihren Fall, wie sie betonten. Darin
könnte die Politik ohnehin nicht eingreifen. Ihrer
Meinung nach gibt es viele ähnliche Fälle. Der
Leiter des Wohnungsamts, Thomas Nowatius, hatte
sich der Forderung nach der Satzung angeschlossen –
auch deshalb will die Politik die Debatte führen.
Im Ausschuss entspann sich eine lange
Diskussion. SPD-Mann Matthias Herz meinte, man
brauche in der dramatischen Marktlage jede
Wohnung. Günter Karen-Jungen (Grüne) ist der
Ansicht, eine Satzung könne die Bemühungen um
Wohnungsbau ergänzen. Die FDP lehnt die Satzung ab.
Die Liberalen verweisen darauf, dass andere
Städte schlechte Erfahrungen gemacht haben. Auch
die CDU äußert sich ablehnend. Andreas-Paul Stieber
beklagte, dass in der Schilderung des Falls die
Interessen des Eigentümers nicht beachtet würden.
„Ich empfinde es nicht als verwerflich, wenn eine
Familie ein Haus kauft.“
1. Februar 2017 | 06.49 Uhr
Kündigungen wegen Eigenbedarfs
Düsseldorfer Paar facht Debatte über Mieterschutz an
Familie S. muss ihre Wohnung in Unterbilk verlassen. Sie berichtet über ihren Fall nun einem Ausschuss des Stadtrats.
FOTO: Andreas Endermann
Düsseldorf.
Ein Eigentümer kündigt acht Wohnungen in Düsseldorf wegen Eigenbedarfs. Der
Fall beschäftigt nun die Politik. Das Wohnungsamt rät zum Handeln.
Von Arne Lieb
Ein aktueller Fall belebt die Diskussion um gesetzlichen
Schutz von Wohnraum. Acht Mietwohnungen fallen in Unterbilk weg, weil
ein Hauseigentümer den Mietern gekündigt hat. Auf den insgesamt 400
Quadratmetern soll nur noch dessen Familie wohnen, einen Teil der Fläche
will er gewerblich nutzen. Das Wohnungsamt rät zu einer
Zweckentfremdungssatzung, um solche Fälle zu verhindern - und bringt
damit ein Reizthema in der Kooperation aus SPD, Grünen und FDP wieder
auf die Tagesordnung.
"Andere Familien bewahren"
Familie S., die zu den gekündigten Mietern gehört, hat
sich an die Politik gewandt. Sie lässt ihren Fall am Mittwoch im
Anregungs- und Beschwerdeausschusses diskutieren. Das Gremium steht
allen Bürgern offen. Es geht Familie S. nicht um ihren Fall, für den
eine neue Regelung wohl sowieso zu spät käme, daher will man auch Namen
und Adresse nicht veröffentlichen. "Man könnte andere Familien vor einem
ähnlichen Vorgehen bewahren", schreibt sie.
Familie S. mit inzwischen zwei Kindern wohnt demnach seit
20 bzw. 16 Jahren in der Wohnung. Nach einem Eigentümerwechsel sei
Anfang 2016 die Kündigung auf Eigenbedarf gekommen. Laut dem Schreiben
an die Politik will der Eigentümer drei der Wohnungen in Ateliers
umwandeln. "Dadurch wird konkret unter anderem unser Wohnraum zerstört
und dem Wohnungsmarkt entzogen", schreibt S.
SPD und Grüne für Satzung
Politisch gewinnt der Fall an Fahrt, weil das Wohnungsamt
überraschend deutlich dem Paar beispringt. Es handele sich um eine
"klassische Variante" der Zweckentfremdung, wie sie insbesondere bei
repräsentativen Altbauten zu beobachten sei, schreibt Amtsleiter Thomas
Nowatius. Für eine Mischnutzung mit freiberuflicher Tätigkeit bedürfe es
in der Regel keiner besonderen Genehmigung.
Eine Statistik darüber, wie viele Fälle es gibt, führt
das Amt offenbar nicht. Derzeit könne man solchen Vorhaben nicht
"wirksam begegnen". Nowatius regt eine Satzung an, wie es sie in Köln,
Bonn, Dortmund und Münster gibt. Die Zweckentfremdungssatzungen in
diesen Städten schreiben vor, dass Eigentümer eine Genehmigung brauchen,
wenn sie Wohnungen zum Beispiel gewerblich nutzen, lange leer stehen
oder abreißen lassen wollen. "Die Erhaltung angemessenen, preisgünstigen
Wohnraums" sei in öffentlichem Interesse.
Das stößt bei SPD und Grünen auf offene Ohren. Beide
Parteien hatten die Satzung im Wahlkampf gefordert. Das Thema fiel aber
den Verhandlungen mit der FDP zum Opfer - in der
Kooperationsvereinbarung ist davon nichts zu lesen. Vom Tisch ist das
Thema trotzdem nicht, sagt SPD-Ratsherr Matthias Herz. "Wir halten die
Satzung angesichts des Wohnungsmangels für dringend geboten." Sie helfe
auch gegen Vermietung mit der Internet-Plattform AirBnB. "Es wäre
falsch, das Instrument nicht zu nutzen", meint Herz.
Im Stadtrat fehlt aber eine Mehrheit. Denn die FDP
zweifelt immer noch am Sinn der Satzung. Ratsherr Rainer Matheisen
verweist auf eine Studie der Landesregierung, in der die Städte mit
einer Satzung angeben, diese habe nichts gebracht. Zudem erfordere sie
viel Bürokratie, schränke die Rechte von Eigentümern ein und führe zu
ungewollten Folgen, etwa, dass möbliertes Wohnen teurer wird. "Günstigen
Wohnraum schafft man nur durch Bau von Wohnungen", so Matheisen.
Quelle: RP
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/welche-rechte-der-mieter...
Zweckentfremdung von Wohnraum: Kann die Stadt Mieter besser schützen? 1. Februar 2017 - 22:31 Uhr
http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/zweckentfremdung-von-wohnraum-kann-...