Höchststand an Drogentoten in NRW

 

Höchststand an Drogentoten in NRW

Die Zahl der Sterbefälle ist seit 2014 um über 370 Prozent gestiegen. Das Land ist besorgt, weil gerade der Crackkonsum dramatisch zunimmt. Es setzt vor allem auf die Wirksamkeit von Konsumräumen. Die gibt es aber nur in elf Städten.
Von Maximilian Plück 10.1.

DÜSSELDORF |Angesichts des Anstiegs bei der Zahl der Drogentoten in NRW und eines Vormarschs der Droge Crack hat sich die Landesregierung besorgt gezeigt. Das erklärte eine Sprecherin von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Man nehme diese Entwicklung sehr ernst. „Das Ministerium prüft derzeit, mit welchen Maßnahmen dieser Entwicklung entgegengewirkt werden kann. Drogenkonsumräume als ein wichtiger Teil der niedrigschwelligen Drogenhilfe besitzen dabei eine besondere Bedeutung, um für schwerstabhängige Menschen ein leicht zugängliches Hilfeangebot zu schaffen.“ Neben der Möglichkeit des hygienischen Konsums böten Drogenkonsumräume weiterführende Angebote der Drogenhilfe.

Nach Angaben des Innenministeriums von Herbert Reul (CDU) hat sich die Anzahl der Sterbefälle im Zusammenhang mit dem Drogenmissbrauch von 2014 bis zum Berichtsjahr 2023 um 373,91 Prozent gesteigert und stellt mit 872 Rauschgifttoten im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit 36 Jahren dar. Umgerechnet auf die Bevölkerung bedeutet dies, dass die Zahl von 1,0 (2014) auf 4,8 (2023) Rauschgifttote pro 100.000 Einwohner gestiegen ist. Das Alter der Drogentoten liegt im Schnitt zwischen 40 und 44 Jahren.

Aktuell bestehen in NRW an elf Standorten zwölf Drogenkonsumräume, davon zwei in Köln und jeweils einer in Troisdorf, Krefeld, Münster, Bonn, Bochum, Essen, Bielefeld, Düsseldorf, Dortmund und Wuppertal. Dort standen insgesamt 131 Plätze für den Konsum nicht verkehrsfähiger Betäubungsmittel wie Heroin, Kokain, Amphetamine und Benzodiazepine zur Verfügung. 66 Plätze sind für den intravenösen Konsum und 65 Plätze für den inhalativen Konsum vorgesehen. „Die jährliche Zahl der Konsumvorgänge an allen zwölf Standorten stieg im Zeitraum 2019 bis 2023 von 298.940 auf 366.726. Dieser Anstieg war nicht kontinuierlich, da es pandemiebedingt Einschränkungen des Angebots in den Drogenkonsumräumen in den Jahren 2020 und 2021 gab“, so die Sprecherin des Gesundheitsministeriums weiter. 2023 wie auch in den Vorjahren seit 2019 wurden mit 64 Prozent hauptsächliche Opioide konsumiert, gefolgt vom Kokain (31 Prozent) und „Cocktail“-Konsum (vier Prozent). „In den letzten Jahren zeigt sich eine verhältnismäßige Abnahme des Opioidkonsums, während der Kokainkonsum zunimmt“, so die Sprecherin weiter.

Daten speziell zum Crackgebrauch in den Drogenkonsumräumen in NRW lägen derzeit nicht vor, da der Kokain- und Crackkonsum bislang zusammengefasst erhoben werden. Für die Statistik soll sich das jedoch ändern. „Die Landesregierung blickt mit Sorge auf die zunehmende Verbreitung von Crack, insbesondere im Hinblick auf das hohe Abhängigkeitspotenzial und den starken Suchtdruck, den diese Substanz erzeugt“, sagte die Laumann-Sprecherin. Ziel der Landesregierung sei es, möglichst vielen schwer abhängigkeitserkrankten Menschen den Weg in die bestehenden Hilfeangebote zu eröffnen. „In dieser Hinsicht besitzen alle Drogenkonsumräume in NRW auch Plätze für den inhalativen Konsum, an denen Crack geraucht werden kann.“ Auf diesem Wege bestehe die Möglichkeit, weiterführende Hilfeangebote wahrzunehmen – etwa zur medizinischen Versorgung.

Die Oppositionspolitikerin Susanne Schneider (FDP) kritisierte, dass das Land zu langsam reagiere: „Die steigende Zahl der Drogentoten und der Anstieg des Crack- und Fentanyl-Konsums sind alarmierende Entwicklungen, die schnelles und entschlossenes Handeln erfordern.“ Schneider verlangte, die Zahl der Drogenkonsumräume zu erhöhen und dort ein sogenanntes Drug-Checking einzuführen, um die Konsumenten vor gefährlichen Verunreinigungen zu schützen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass die interne Abstimmung zur Verordnung bereits seit über einem Jahr stagniert“, kritisierte sie. Außerdem verlangte sie, die Substitutionsprogramme in NRW flächendeckend aus- und bürokratische Hürden für Ärzte und Betroffene abzubauen. Um die Zahl der Drogentoten zu senken, verlangte Schneider zudem einen besseren Zugang für Opiat-Konsumenten und ihre Angehörigen zu Naloxon-Nasensprays. Das Medikament hebt binnen weniger Minuten die atemlähmende Wirkung von Opioiden auf.

INFO
Unterschied zwischen Crack und Kokain

Kokain Farbloses, in seiner kristallinen Form weiß aussehendes Pulver. Grundsubstanz für die Gewinnung des Kokains sind die Blätter des Kokastrauchs.

Crack Rauchbare Sonderform von Kokain. Gilt als eine der am schnellsten abhängig machenden Substanzen. Der Name Crack stammt von dem knackenden Geräusch beim Verbrennen.
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