Hartz IV: Wieder mehr Strafen

Hartz IV: Wieder mehr Strafen

Knapp 500.000 Sanktionen im ersten Halbjahr. Hauptgrund: »Meldeversäumnisse«

Jana Frielinghaus

FOTO: Jan Woitas/dpa/Bildfunk

14 Okt 2014 - 18:08

Erneut ist die Zahl der Geldstrafen gegen Bezieher des Arbeitslosengeldes II gestiegen. Das berichtete Bild am Dienstag unter Berufung auf aktuelle Daten der Bundesagentur für
Arbeit (BA). Demnach registrierte die BA in den ersten sechs Monaten des
Jahres 498.002 neue Sanktionen. Dies seien rund 12.000 bzw. 2,4 Prozent
mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein im Juni haben die Jobcenter fast
81.000 Strafen verhängt. In 60.000 Fällen hätten die Betroffenen ein
Treffen versäumt, »obwohl sie vom Jobcenter sogar per SMS an Termine
erinnert werden«, wie Bild hinzufügte. 9.800 Hartz-IV-Beziehende wurden
im Juni bestraft, weil sie es ablehnten, einen Job, eine Ausbildung oder
»Maßnahme« fortzusetzen. In 8.560 weiteren Fällen seien Pflichten der
Eingliederungsvereinbarung nicht erfüllt worden. Im Schnitt wurde den
Betroffenen der Regelsatz dem Bericht zufolge für drei Monate um je
107,70 Euro gekürzt.

Um die verpassten Termine bzw. »Meldeversäumnisse« streiten derzeit
die Parteien der Regierungskoalition. Insbesondere die CSU stemmt sich
gegen die Pläne des Bundesarbeitsministeriums, die Vorschriften zu den
Sanktionen teilweise zu entschärfen. Dessen Chefin Andrea Nahles (SPD)
will junge Erwerbslose unter 25 Jahren künftig nicht mehr härter
bestrafen als ältere. Linksparteichefin Katja Kipping forderte nach
Veröffentlichung der neuen Zahlen einmal mehr die Abschaffung aller
Kürzungen bei bestehenden Grundsicherungsleistungen. »Mit den Sanktionen
sollen Hartz-IV-Beziehende diszipliniert werden, gefügig gemacht und
gedemütigt werden«, erklärte Kipping am Dienstag in Berlin. Dafür nehme
die Bundesregierung »die Existenznot der Betroffenen billigend in Kauf«.
Denn schon die vollen Regelsätze seien unzureichend. Auch angesichts
der Tatsache, dass zahlreiche Klagen gegen widerrechtliche Sanktionen
erfolgreich sind, müsse das System der Bestrafung insgesamt in Frage
gestellt werden, betonte die Linke-Vorsitzende.

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