IW-Studie
Wohnungsbau am Bedarf vorbei
In Berlin und Stuttgart wurde im vergangenen Jahr nur jede
vierte benötigte Wohnung gebaut, heißt es in einer neuen Studie. Und
wenn Wohnungen gebaut werden, dann offenbar oftmals die falschen.
07.02.2017
© dpa
Insgesamt fehlen nach Angaben des IW 385.000 Wohnungen in Deutschland bis 2020.
Ein starker Zuzug und ein Mangel passender Wohnungen verschärfen einer
Studie zufolge die Wohnungsnot in Metropolen. Es würde weiter nicht nur
zu wenig gebaut, sondern auch am Bedarf vorbei, heißt es in einer
Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft
(IW) und dem Immobilienspezialisten Deutsche Invest Immobilien. „Mehr
als 88.000 neue Wohnungen jährlich müssten bis 2020 alleine in den
sieben Großstädten entstehen“, heißt es in der Analyse. Weitere 85.600
Wohnungen würden bis dahin in begehrten Städten mit mehr als 100.000
Einwohnern gebraucht. Bundesweit müssten jährlich 385.000 Wohnungen bis
2020 errichtet werden.
Doch bisher deckt der Neubau den
Angaben zufolge bei weitem nicht die Nachfrage. Zwischen 2011 und 2015
seien nur 32 Prozent der benötigten Wohnungen in Berlin, Hamburg,
Düsseldorf, Köln, Stuttgart, Frankfurt und München gebaut worden.
Bundesweit wurden gut die Hälfte der benötigten Einheiten (53 Prozent)
gebaut.
Ein besonders großer Mangel herrscht demnach in Berlin und Stuttgart, wo in
dem Zeitraum nur 25 beziehungsweise 27 Prozent der benötigten Wohnungen
errichtet wurden. In Frankfurt wurde der Bedarf zu 45 Prozent gedeckt.
Die Engpässe sorgten für stark steigende Immobilienpreise und Mieten.
Nicht zu viele Einfamilienhäuser
Grund sei aber nicht nur der starke Zuzug in die Metropolen, der 2015 wegen
der Zuwanderung von Flüchtlingen besonders kräftig war. Da es gerade
jüngere Menschen in Großstädte ziehe, fehlten besonders Wohnungen mit
zwei bis drei Zimmern, heißt es in der Studie. Auch wegen der
Überalterung der Gesellschaft würden mehr kleinere Wohnungen für ältere
Menschen gebraucht. Bei Einheiten mit fünf und mehr Zimmern – in der
Regel Ein- und Zweifamilienhäuser – sei der Mangel hingegen am
geringsten. „Errichtet werden vor allem große Wohnungen“, sagte Michael
Voigtländer, Immobilienexperte am IW. „Wir bauen am Bedarf vorbei.“
- Wohnen in Seoul: Hanok statt Hochhaus
- Immobilien-Neubau: Was Bauherren bei der Bauabnahme beachten müssen
- Mobilität in Metropolen: Neue Wege durch die Stadt
Um gegenzusteuern, dürften in der Nähe von Metropolen nicht zu viele Ein-
und Zweifamilienhäuser gebaut werden. „Vielmehr müssten mehr
Geschosswohnungen entstehen“, sagte Frank Wojtalewicz, Geschäftsführer
der Deutsche Invest Immobilien. Zudem sollten baurechtliche Vorgaben
gelockert werden, um Wohnungen leichter aufzuteilen oder Dachgeschosse
aufzustocken. In stark wachsenden Städten müssten zudem komplette
Viertel neu geschaffen werden.
Etwas Erleichterung für den Immobilienmarkt könnten indes die zuletzt stark
gestiegene Zahl der Baugenehmigungen bringen. So wurden nach Angaben des
Statistischen Bundesamts von Januar bis November 2016 rund 340.000 neue
Wohnungen bewilligt – der höchste Stand in diesem Zeitraum seit 1999.
Experten erwarten, dass 2017 die Schwelle von 300.000 fertig gestellten
Wohnungen überschritten wird.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/iw-studie-wohnu...