29.12.2015
Deutsches Kinderhilfswerk: Erhöhung von Kindergeld und Hartz IV-Regelsatz für Kinder völlig unzureichend
Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert die Erhöhung des Kindergeldes und
des Regelsatzes für Kinder im Hartz IV-Bezug zum 1. Januar 2016 als
völlig unzureichend. „Zwei Euro mehr Kindergeld und drei Euro
Regelsatzerhöhung für Kinder im Hartz IV-Bezug sind ein Hohn. Mit diesen
mickrigen Beträgen werden wir es nicht schaffen, die Kinderarmutsquote
in Deutschland zu senken. Rund drei Millionen von Armut betroffene
Kinder und Jugendliche in Deutschland sind eine Schande für unser Land“,
betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Durch
die steuerlichen Kinderfreibeträge ist die monatliche Nettoentlastung
für Spitzenverdiener bereits jetzt wesentlich höher als das Kindergeld.
Hier klafft eine Lücke von annähernd 100 Euro. Jedes Kind sollte uns
aber gleich viel wert sein. Und wenn wir einem 5-jährigen Kind im Hartz
IV-Bezug täglich 2,94 Euro für Essen und Trinken zugestehen und einem
13-jährigen 19 Cent für Gesundheitspflege, hat das mit einem
soziokulturellen Existenzminimum, wie es das Bundesverfassungsgericht
fordert, nichts zu tun“, so Krüger weiter.
Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss die Bundesregierung
dringend die Teilhabechancen von armen Kindern in Deutschland stärker
in den Blick nehmen. Aktuelle Untersuchungen wie der Social Justice
Index der Bertelsmann Stiftung oder die Shell Jugendstudie zeigen
eindringlich, dass es in Deutschland mehr Anstrengungen zur Bekämpfung
der Kinderarmut und zur Herstellung von Chancengerechtigkeit braucht.
Denn Kinder in Armut werden immer weiter abgehängt. „Ein Nationales
Programm gegen Kinderarmut mit einem deutlich verbesserten
Bildungszugang, der die Auflösung der starken Abhängigkeit des
Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft ins Auge fasst, ist das Gebot
der Stunde. Hier müssen Bund und Länder schleunigst handeln“, so Krüger
weiter.
Kinderarmut wirkt sich auf viele Bereiche des täglichen
Lebens aus. Ein Nationales Programm zur Bekämpfung der Kinderarmut
sollte dementsprechend ressortübergreifend an verschiedenen Stellen
ansetzen. Das fängt an bei der Beschäftigungspolitik, damit Eltern durch
eigene Erwerbstätigkeit sich und ihren Kindern eine ausreichende
finanzielle Lebensgrundlage bieten können. Bund, Länder und Kommunen
müssen zudem gemeinsam dafür sorgen, dass Einrichtungen für Kinder und
Jugendliche so ausgestattet werden, dass sie deren Entwicklung zu
eigenständigen Persönlichkeiten adäquat fördern können. Ein gesundes
Aufwachsen sollte für alle Kinder, unabhängig vom Geldbeutel ihrer
Eltern, ebenso eine Selbstverständlichkeit sein. Mit Bildung stärken wir
die Kinder als Subjekte und ermöglichen es ihnen, ihr Leben selbst in
die Hand zu nehmen und nicht in Resignation zu versinken. Deutschland
darf bei der sozialen Gerechtigkeit nicht im Mittelmaß stecken bleiben.
Weitere Informationen und Rückfragen: Uwe Kamp, Pressesprecher
Telefon: 030-308693-11
Mobil: 0160-6373155
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Twitter: @DKHW_de
Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. ist seit mehr als 40 Jahren eine
bundesweit tätige Kinderrechtsorganisation und Interessenvertreter für
ein kinderfreundliches Deutschland. Der gemeinnützige Verein finanziert
sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen
an 50.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk
fördert und initiiert Projekte zu Kinderrechten, zur Beteiligung von
Kindern und Jugendlichen und für die Überwindung von Kinderarmut in
Deutschland.
https://www.dkhw.de/presse/pressemitteilungen/presse-details/deutsches-k...
30.12.2015
Grundsicherung
Hartz-IV-Sätze heute weniger wert als vor 11 Jahren
Zwar werden die Hartz-IV-Regelsätze zum Jahresbeginn
leicht angehoben – trotzdem haben Hartz-IV-Empfänger heute weniger Geld
zum Leben als zum Start des Hartz-Systems im Jahr 2005. Denn die Preise
sind seit 2005 deutlich stärker gestiegen als die Hartz-Sätze. Das zeigt
eine DGB-Analyse.
Colourbox.de
Nahrung und Strom: Krasse Lücke zwischen Hartz-Sätzen und tatsächlichen Kosten
Besonders krass ist die Lücke zwischen Preiserhöhungen und der
Erhöhung der Hartz-IV-Sätze bei Nahrungsmitteln und bei den
Energiekosten.
Während die Regelsätze seit 2005 bis 2015 um 15,7% gestiegen sind,
stiegen die Preise für Nahrungsmittel um 24,4% – eine Differenz von fast
9 Prozentpunkten.
Die Stromkosten eines Haushalts haben sich seit 2005 um etwa 54%
erhöht, hier hinken die Hartz-IV-Sätze also noch krasser hinterher.
Verfassungsgerichts-Urteil von 2014 noch nicht umgesetzt
Zu den Haushaltsstromkosten hatte das Bundesverfassungsgericht noch
im Juli 2014 gefordert, dass der Gesetzgeber bei kurzfristigen
Preissteigerungen eine Anpassung der Regelsätze vornehmen müsse. Dem ist
der Gesetzgeber bis heute nicht nachgekommen.
Buntenbach: Viele Kinder werden abgehängt
"Die Einkommensschwächsten in unserer Gesellschaft haben heute real weniger zum Leben als im Jahr 2005 beim Start von Hartz IV.
Trotz guter Konjunktur hat sich die Spaltung zwischen oben und unten
noch vergrößert", kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
"Ein Teil der Gesellschaft, darunter überproportional viele Kinder,
droht von der allgemeinen Wohlstandsentwicklung abgehängt zu werden. Die
Bundesregierung darf bei der kommenden Neubestimmung des
sozio-kulturellen Existenzminimums mit Wirkung ab 2017 nicht wieder die
Regelsätze kleinrechnen. Die Sicherung des Existenzminimums ist ein
Verfassungsauftrag und keine Frage fiskalpolitischer Opportunität."
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Analyse - DGB: Hartz-IV-Regelsätze heute weniger wert als vor 11 Jahren
http://www.dgb.de/themen/++co++965af73e-a975-11e5-822a-52540023ef1a