In Luxemburg ist der Nahverkehr bald kostenlos

 

Öffentliche Verkehrsmittel
Freie Fahrt in Luxemburg

Stand: 21.01.2019 14:57 Uhr

Egal ob Bus, Bahn oder Tram: Luxemburgs
Bürger sollen vom 1. März 2020 an kostenlos unterwegs sein. Fahrgäste
müssen nur noch Tickets kaufen, wenn sie ins Ausland fahren wollen.

Von Holger Beckmann, ARD-Studio Brüssel

Was Luxemburg da vorhat, ist weltweit bisher
tatsächlich in dieser Form einmalig. Es gibt zwar Städte, in denen ist
der öffentliche Personennahverkehr vergleichsweise günstig, in einigen
ist er an bestimmten Wochentagen sogar kostenlos. Aber sieben Tage freie
Fahrt in Bussen und Bahnen für alle: Das ist etwas Neues. Keine
lästigen Fahrkarten mehr, kein bezahlen mit Handy oder Dauerticket und:
kein Schwarzfahren mehr.

Bei den meisten Menschen in Luxemburg kommt das
gut an: "Ich denke, wenn alle zu jederzeit kostenlos Bus und Bahn fahren
können, dann ist das etwas, woran andere sich ein Beispiel nehmen
sollten. Das trägt zur Weiterentwicklung der Mobilität in diesem Land
bei. Aber man muss auch weiter investieren, damit das so bleibt. Das ist
sehr wichtig."

Ein teurer Weg für mehr Umweltschutz

Luxemburgs Verkehrsminister François Bausch war
sich klar, dass das Konzept international für Aufmerksamkeit sorgt. Denn
tatsächlich geht es angesichts wachsender Umweltbelastungen, drohender
Fahrverbote und immer mehr Staus in vielen Städten um die Frage, wie
sich all das künftig verbessern lässt. Da erscheint der öffentliche und
kostenlose Personennahverkehr als eine Möglichkeit. Allerdings ist es
oft eine sehr teure.

Denn viele Nahverkehrssysteme wären schlicht und
einfach überlastet, wenn man sie kostenlos anbieten würde. In Luxemburg
gilt das allerdings nicht als Argument. Man habe abwägen müssen zwischen
der Überlastung von Straßen und Umwelt und einem stärker frequentierten
öffentlichen Transportsystem.

Luxemburgs Bürger sollen zum Umsteigen vom Auto auf Tram, Bus und Bahn bewegt werden.

Staat zahlt schon bislang 90 Prozent des ÖPNV

Außerdem subventioniert das Großherzogtum den
Personennahverkehr bislang schon sehr großzügig: 90 Prozent der Kosten
trägt der Staat schon. Wer unter 20 ist, fährt kostenlos Bus und Bahn.
Insofern ist der Schritt für Luxemburg nicht ganz so massiv, wie er für
andere Städte wäre. Aber der kleine Staat, der kaum größer als das
Saarland ist, hat massive Belastungen durch den Autoverkehr. Jeden Tag
pendeln 200.000 Menschen aus Deutschland, Frankreich und Belgien dorthin
- der Großteil per Auto. Das soll sich ändern.

Der kostenlose Nahverkehr ist Teil eines
luxemburgischen Mobilitätskonzeptes, das den öffentlichen
Transportsektor noch weiter ausbauen will. Großzügige Pendlerparkplätze
an den Grenzen zu den Nachbarländern gehören übrigens auch dazu - damit
Pendler umsteigen.

Einen Vorteil hat Luxemburg bei alledem: Das
Großherzogtum ist reich, die öffentlichen Kassen sind gut gefüllt, die
öffentliche Verschuldung ist gering. Beste Voraussetzungen, um viel Geld
für den öffentlichen Personenverkehr in die Hand zu nehmen.   

Luxemburg meint es ernst: ÖPNV wird kostenlos
Holger Beckmann, WDR Brüssel
21.01.2019 14:33 Uhr

 

Über dieses Thema berichtete NDR Info im Mittagsecho am 21. Januar 2019 um 13:05 Uhr.

https://www.tagesschau.de/ausland/luxemburg-oeffentliche-verkehrsmittel-...

 

 

 

Erstes Land der Welt

 

In Luxemburg ist der Nahverkehr bald kostenlos

  • Aktualisiert am 06.12.2018-15:55

Ein Regionalzug der Societe Nationale des Chemins de Fer

 

Luxembourgeois (CFL) fährt in Petange (Luxemburg) an Wohnhäusern vorbei.

Bild: Picture-Alliance

Verkehrsstaus und Autoabgase beschäftigen nicht nur Deutschland.
Luxemburg wagt nun ein Experiment – und schafft die Gebühren für den
öffentlichen Personennahverkehr als erstes Land der Welt komplett ab.

 

 

In Aschaffenburg fahren die Menschen seit dem ersten Adventssamstag an
Samstagen kostenlos Bus und Bahn. Luxemburg geht noch einen bedeutsamen
Schritt weiter: Der Kleinstaat ist das erste Land der Welt, das seinen
öffentlichen Personennahverkehr kostenlos anbieten wird – für alle und
an jedem Tag der Woche.

Wie der „Guardian“ berichtet,
sollen die Gebühren für Busse, Bahn und Trambahnen ab kommenden Sommer
wegfallen. Das hat die wiedergewählte Regierungskoalition aus
Demokraten, Arbeiterpartei und Grünen beschlossen. Premierminister Xavier Bettel,
der am Mittwoch seine zweite Amtszeit antrat, hatte schon während des
Wahlkampfes versprochen, künftig den Fokus stärker auf die Umwelt zu
richten.

Doch die Maßnahme hat noch einen weiteren Grund: Die Stadt Luxemburg hat eine der
höchsten Verkehrsdichten der Welt und leidet seit Jahren unter Staus.
Zwar leben nur 110.000 Menschen in der Hauptstadt des kleinen
europäischen Landes. Doch täglich pendeln weitere 400.000 Berufstätige
in die Stadt. Der „Guardian“ beruft sich auf eine Studie, wonach Autofahrer dort im Jahr 2016 im Schnitt 33 Stunden im Stau standen.

Was passiert mit der ersten Klasse?

Fast 200.000 Menschen überqueren täglich
von Frankreich, Belgien und Deutschland aus die Landesgrenze nach
Luxemburg, das mit 600.000 Einwohnern demnach jeden Tag zusätzlich ein
Drittel seiner Bevölkerung aufnimmt und wieder abgibt.

Luxemburg
versucht deshalb verstärkt, dem Verkehrsproblem beizukommen. Im Sommer
dieses Jahres beschloss die Regierung kostenlosen Nahverkehr für Kinder
und junge Erwachsene unter 20 Jahren. Schüler weiterführender Schulen
können gebührenfreie Transportangebote zwischen ihrem Zuhause und den
Bildungseinrichtungen nutzen. Für alle anderen Bürger gilt bislang ein
Tarif von 2 Euro für zwei Stunden Reise – in einem Land, das gerade mal
knapp 2600 Quadratkilometer groß ist, deckt das fast alle Wege ab.

 

Mehr zum Thema

 

Ab 2020 sollen nun sämtliche Ticketpreise abgeschafft werden. Der Staat spart sich
dadurch immerhin die Kosten für die Kontrolle der Tickets. Das neue
Gesetz ist dem „Guardian“ zufolge allerdings noch nicht ganz ausgegoren:
So muss noch beschlossen werden, wie künftig zwischen erster und
zweiter Klasse unterschieden werden kann.

Anmerkung
der Redaktion: In einer früheren Fassung dieses Textes hatten wir
irrtümlich eine falsche Größe für Luxemburg angegeben. Richtig ist: Das
Land ist knapp 2600 Quadratkilometer groß und damit ein kleines bisschen
größer als das kleinste deutsche Flächen-Bundesland, das Saarland.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/luxemburg-macht-nahverkehr-als-er...