Mehr Dro­gen­de­lik­te im Fo­kus

Mehr Dro­gen­de­lik­te im Fo­kus

Die Lan­des­haupt­stadt ist ein gu­tes Pflas­ter für Dro­gen­dea­ler. 2019 nahm die Zahl der De­lik­te um mehr als 20
Pro­zent zu. Auch der Selbst­an­bau und Dro­gen­lie­fe­run­gen per Post
boo­men.

Von Uwe-Jens Ruhnau

DÜS­SEL­DORF |
In den neun­zi­ger Jah­ren hat­te Düs­sel­dorf am Haupt­bahn­hof ei­ne
of­fe­ne Dro­gen­sze­ne, aus ganz NRW reis­ten die Süch­ti­gen an. Seit
die­se Sze­ne zer­schla­gen wur­de, fällt das Ge­schäft mit der Sucht
höchs­tens noch am und rund um den Worrin­ger Platz auf. Das heißt
al­ler­dings nicht, dass Düs­sel­dorf kein Pro­blem mit Dro­gen hat. Im
Ge­gen­teil, un­ter den fünf größ­ten Städ­ten in Nord­rhein-West­fa­len
hat­te die Lan­des­haupt­stadt zu­letzt die größ­ten Zu­wäch­se zu
ver­zeich­nen. Zwi­schen 2500 und 4000 Süch­ti­ge, die har­te Dro­gen
kon­su­mie­ren, gibt es in der Stadt, ge­nau weiß das nie­mand.

Die Zahl al­ler Rausch­gift­de­lik­te er­höh­te sich in Düs­sel­dorf 2019
um 26,5 Pro­zent im Ver­gleich zu 2018. Ins­ge­samt wur­den 4418 Fäl­le
ge­zählt. Auf dem Vor­marsch wa­ren Can­na­bis­pro­duk­te (plus
761 Fäl­le), Ko­ka­in (plus 92) und Am­phet­ami­ne (plus 71).
Düs­sel­dorf ist mit rund 650.000 Ein­woh­nern die zweit­größ­te Stadt
im Land. Köln ist mit gut ei­ner Mil­li­on Ein­woh­ner die Num­mer 1,
dort lag das Plus bei knapp acht Pro­zent (7455 Fäl­le), die Städ­te
Dort­mund, Es­sen und Duis­burg mel­de­ten Rück­gän­ge. Seit März
sin­ken we­gen Co­ro­na die Zah­len, es war auch we­ni­ger Po­li­zei auf
der Stra­ße. Fol­ge: Das Mi­nus in der Sta­tis­tik liegt im ers­ten
Halb­jahr in Düs­sel­dorf bei 29,2 Pro­zent.

Die Aufs und Abs der Zah­len gibt es auch in an­de­ren Städ­ten und sie
ste­hen auch für die je­wei­li­ge Po­li­zei­ak­ti­vi­tät. Sie zei­gen
aber, wie re­le­vant die­se De­likt­grup­pe für das
Kri­mi­na­li­täts­ge­sche­hen ei­ner Stadt ist, auch wenn sie bei den
Pres­se­kon­fe­ren­zen mitt­ler­wei­le im hin­te­ren Be­reich ran­giert.
Man hat sich dar­an ge­wöhnt, dass Men­schen in ei­ner Groß­stadt
Dro­gen kon­su­mie­ren. Das sagt auch der
1. Kri­mi­nal­haupt­kom­mis­sar Eric Schmidt, der das zu­stän­di­ge
Kri­mi­nal­kom­mis­sa­ri­at im Düs­sel­dor­fer Prä­si­di­um lei­tet. Das
KK 21 ist seit 2017 nicht nur für die Dro­gen­straf­ta­ten zu­stän­dig,
son­dern auch für Rot­licht­kri­mi­na­li­tät (Dro­gen und
Men­schen­han­del) und Glücks­spiel. 20 Kri­po-Be­am­te ar­bei­ten im KK
21, „wir hät­ten auch mit 40 ge­nug zu tun“, sagt Schmidt.

Die Fahn­der muss­ten ih­ren Ein­satz­trupp zu­guns­ten des
Staats­schut­zes (Ter­ro­ris­mus) und den Kampf ge­gen
Kin­der­por­no­gra­phie ab­ge­ben und len­ken vor dem Hin­ter­grund
knap­per Res­sour­cen ihr Haupt­au­gen­merk nicht auf Dea­ler oder
Kon­su­men­ten, son­dern auf die Strip­pen­zie­her im Hin­ter­grund.
Ziel ist es, gro­ße Men­gen an Dro­gen vom Markt zu be­kom­men. Das
be­deu­tet auf­wen­di­ge Ver­fah­ren, zwei bis drei da­von sind pro Jahr
zu schaf­fen. So stell­te die EK Rex im vo­ri­gen Jahr et­wa
56 Ki­lo­gramm Am­phet­ami­ne si­cher. Da­ne­ben ist Schmidt der
Ju­gend­be­reich und da­mit auch die Prä­ven­ti­on wich­tig. Von den
Ju­gend­li­chen, die jetzt ge­schnappt wer­den, tau­chen spä­ter 30 bis
50 Pro­zent nicht mehr auf.

Beim Gros der Be­täu­bungs­mit­tel geht es um wei­che Dro­gen, Can­na­bis hat den
größ­ten An­teil. Es hat laut The­ra­peu­ten je­doch ei­nen ho­hen
Sucht­fak­tor und ist ge­fähr­lich, Psy­cho­sen kön­nen bei
Lang­zeit­kon­sum aus­ge­löst wer­den. Je­de Wo­che er­hält das KK 21
meh­re­re Hin­wei­se auf Zucht­an­la­gen in Wohn­häu­sern. Die
Wachs­tums­bo­xen kön­nen im In­ter­net be­stellt wer­den, sie
be­nö­ti­gen nicht mal ei­nen Qua­drat­me­ter. Da­zu ein Lüf­ter, ei­ne
Hoch­leis­tungs­lam­pe und acht Pflan­zen – der Ei­gen­be­darf kann
ge­deckt wer­den. Hun­der­te Be­schwer­den gibt es im Jahr, weil es
ir­gend­wo im Trep­pen­haus oder Kel­ler nach Dro­gen riecht.
Nach­ge­hen kön­nen die Fahn­der nicht al­len Hin­wei­sen, es wird
kräf­tig ge­siebt.

Ein Trend, der zu­neh­mend nach Düs­sel­dorf schwappt, ist der Han­del mit neu­en psy­cho­ak­ti­ven
Sub­stan­zen, die syn­the­tisch her­ge­stellt wer­den. Die­se Stof­fe
sind oft hoch­toxisch, das KK 21 ver­fügt in­zwi­schen über ei­ne
Ab­saug­an­la­ge, un­ter der sol­che Sub­stan­zen un­ter­sucht wer­den
kön­nen. Die Dro­gen wer­den auch mas­sen­haft im In­ter­net be­stellt,
und es ist schon vor­ge­kom­men, dass die Po­li­zei, wenn sol­che
Lie­fe­run­gen im Pos­ter­mitt­lungs­zen­trum auf­flo­gen, zu den
Kon­su­men­ten ge­fah­ren ist, um sie vor der Ein­nah­me der Stof­fe zu
war­nen. Straf­ver­fah­ren gab’s als Zu­ga­be.

Sor­gen macht den Be­am­ten zu­dem der rei­ne Stoff, der auf den Markt kommt.
Die Teil­nah­me am Pro­jekt „Drus­ec“ der Uni­ver­si­tät Frei­burg
för­dert die Er­kennt­nis­se zu­ta­ge. Dort­hin wer­den
Ver­pa­ckungs­res­te oder Fil­ter ge­schickt, um den Wirk­stoff­ge­halt
von Dro­gen zu be­stim­men. Mehr­fach hat Schmidt aus dem
Dro­gen­hil­fe­zen­trum die Nach­richt er­reicht, dass in Düs­sel­dorf
Ko­ka­in kon­su­miert wird, das zu 99 Pro­zent rein ist. Der
Stan­dard­wert liegt bei 70 Pro­zent.

RP 13.11.2020