Mieter können immer öfter nicht zahlen
Blick auf das nahe
am Rhein gelegene Viertel Oberkassel mit hohem Altbaubestand und im
Durchschnitt besonders hohen Mieten in der Stadt. Foto: Bretz,
Andreas (abr)
Düsseldorf Die Folgen der Krise schlagen auch auf die
Mietverhältnisse in Düsseldorf durch - mit Folgen für beide
Vertragsparteien. Und die Lage wird sich Experten zufolge noch weiter
verschärfen.
Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise sind so massiv, dass
mehr und mehr Düsseldorfer ihre Mieten nicht zahlen können. Sowohl
der Mieterverein als auch die Interessenvertretung der Vermieter von
„Haus und Grund“ erkennen den Trend und fürchten sogar eine
Verschärfung der Lage.
„Noch kratzen viele Mieter ihre Ersparnisse zusammen, um ihre
Wohnungen unter allen Umständen halten zu können, aber die Mittel
auch aus den Hilfspaketen sind begrenzt“, sagt Hans-Jochem Witzke,
Vorsitzender des Mietervereins. Johann Werner Fliescher, Vorstand von
Haus und Grund, sieht das genau so.
Er weist zudem darauf hin, dass auch Vermieter hart getroffen
würden, da sie oft auf die Einnahmen – etwa zusätzlich zur Rente
– angewiesen seien. Die Hälfte aller Vermieter in Düsseldorf käme
nicht über Mieteinnahmen von 5000 Euro im Jahr hinaus. In einem
Beispielfall habe ein Düsseldorfer Vermieter sogar das Pech gehabt,
dass die Bewohner zweier Wohnungen in seinem Haus nicht mehr zahlen
konnten – und auch noch die Heizung kaputtgegangen sei.
Noch handelt es sich laut Witzke zwar nicht um einen
„Flächenbrand“, in den nächsten Monaten werde sich die Lage
allerdings verschlechtern, glaubt sein stellvertretender
Geschäftsführer Claus Nesemann, da sich die Wirtschaft nur sehr
langsam erhole. Schon heute drehten sich ein Drittel der rund 4000
Beratungen pro Monat um Coronafolgen. „Das Thema fährt jetzt hoch,
es ist erst der zweite Monat und die Fälle häufen sich schon“,
stimmt Fliescher zu.
Dazu passt, dass laut Stadtwerken eine vierstellige Zahl von
Kunden um eine Abschlagsanpassung gebeten habe. „In der Regel haben
wir dem Wunsch entsprochen“, sagt Sprecher René Schleucher. Auch
Stundungen seien vereinbart worden, diese Zahl liege allerdings
geringer als bei den Abschlagsanpassungen.
Sowohl Mieterverein als auch Haus und Grund fordern aufgrund der
zunehmenden Zahlungsschwierigkeiten einen „Sicher-Wohnen-Fonds“,
wie Fliescher ihn nennt. 200 bis 300 Millionen Euro solle das Land
aus Sicht von Witzke in die Hand nehmen und in Härtefällen keine
Rückzahlung fordern. Für Düsseldorf wären diesen Mittel wichtig,
da hier ein besonders hoher Anteil des Einkommens für die Miete
aufgewendet werden müsse. Witzke lobt zudem den Hilfsfonds, den die
Stadt Düsseldorf für soziale Härtefälle aufgelegt hat.
Uneinig sind sich die beiden Organisationen allerdings in der
Frage, ob der Kündigungsschutz verlängert werden sollte. Bis Ende
Juni darf Mietern nicht gekündigt werden, wenn sie aufgrund der
Pandemie Zahlungsschwierigkeiten haben. Witzke will die Regelung auf
drei Monate bis Ende September ausdehnen. Fliescher sieht jedoch
nicht, dass damit irgendjemandem geholfen wäre, da den Vermietern
weiter wichtige Einnahmen fehlen würden und der Schuldenberg bei den
Mietern noch größer werde, da sie die Miete ja nachzahlen müssten.
Tatsächlich kann die Miete nur gestundet werden. Hier werden laut
Fliescher und Nesemann unterschiedliche Einigungen zwischen Mietern
und Vermietern getroffen. Oft wird ein Teil der Miete weitergezahlt,
ein anderer gestundet. Der Mieterverein weist darauf hin, dass es
sehr wichtig sei, frühzeitig auf den Vermieter zuzugehen. „Manche
ergeben sich da in ihr Schicksal und stecken den Kopf in den Sand“,
sagt Nesemann.
Er verweist auf einen Vordruck für eine Stundungsvereinbarung auf
der Internetseite des Vereins mit 32.000 Mitgliedern. Denn erst nach
dieser schriftlichen Einigung sei man als Mieter auf der sicheren
Seite. Der Vermieter kann nämlich anzweifeln, dass der finanzielle
Engpass coronabedingt ist und trotzdem kündigen. Der Mieter muss
dann die nötigen Nachweise erbringen, was laut Nesemann für
Selbstständige oft nicht einfach ist.
Noch sei die Kooperationsbereitschaft aber auf beiden Seiten hoch,
sagen Haus und Grund sowie der Mieterverein. Witzke erlebe sogar
Vermieter, die auf Mieten verzichtet hätten. Nesemann warnt jedoch:
„Die Interessen der beiden Seiten laufen auseinander.“ Fliescher
glaubt an das weiterhin „partnerschaftliche Verhältnis“ beider
Seiten. Er glaube auch, dass mancher Vermieter die Miete senken
könnte, um Mieter zu halten. Allerdings sieht er auch, dass sich
manche Mieter irgendwann von ihrer Wohnung trennen müssten, wenn sie
schlichtweg zu teuer werde. „So hart das klingt.“
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