Nach einer aktuellen Uni-Studie im Auftrag der Diakonie gibt es zu wenig Angebote speziell für obdachlose Frauen

 

Hilfe für wohnungslose Frauen:
„Eine aggressive Männerstimme bringt mich zum Weinen“

Nach einer aktuellen Uni-Studie im Auftrag der
Diakonie gibt es zu wenig Angebote speziell für obdachlose Frauen – auch
in Düsseldorf.

Immer mehr Frauen sind von Wohnungslosigkeit
betroffen. Mittlerweile ist jede dritte der über 32.000 Wohnungslosen in
NRW weiblich. Für sie gibt es zu wenig Notübernachtungsstellen,
Wohnhilfen und Beratungsangebote, so das Ergebnis einer aktuellen Studie
der Hochschule Düsseldorf für das Diakonische Werk
Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL).

Im ländlichen Raum und in kleineren Städten fehlen
frauenspezifische Angebote für Wohnungslose. „Die Regel ist die
gemeinsame Unterbringung mit Männern“, sagt Christian Heine-Göttelmann,
Vorstand des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe. Laut Studie
haben rund 42 Prozent der wohnungslosen Frauen Gewalt und sexuellen
Missbrauch erfahren. Befragt wurden erstmals wohnungslose Frauen und
Mitarbeiterinnen der rund 260 Einrichtungen in der Wohnungslosenhilfe
des Landesverbandes. „Um Wohnungslosigkeit zu vermeiden, gehen Frauen
oft Zwangspartnerschaften ein“, beschreibt Roland Meier, Vorstand des
Evangelischen Fachverbands Wohnungslosenhilfe der Diakonie RWL. Oft
handele es sich um eine verdeckte Wohnungslosigkeit. „Bei Frauen ist es
oft nicht so, dass sie auf der Straße schlafen, sie nutzen zunächst ihr
soziales Netzwerk und Freundschaften“, erklärt er.

Die besondere Lebenslage von Frauen
berücksichtigen Einrichtungen wie „Icklack“. 31 Wohnplätze nur für
Frauen gibt es dort.18 bis 24 Monate können die Betroffenen dort
bleiben. „Hier leben Frauen von 18 bis 65 Jahren“, sagt die Leiterin der
Einrichtung, Stefanie Volkenandt. Beratung, Existenzsicherung und
Perspektiventwicklung stehen auf dem Programm.

„Ich hätte niemals in einer Unterkunft Hilfe
gesucht, in der ich gemeinsam mit Männern untergebracht bin“, sagt Isa
Dickers. Obwohl ihre schlechten Erfahrungen  schon über 40 Jahre her
seien, lösen aggressive Männerstimmen bei ihr etwas aus. „Dann sitze ich
heulend in der Ecke“, sagt sie. Mittlerweile fühlt sie sich stabil,
lebt mit fünf Frauen in einer Wohngemeinschaft: „Ich glaube, dass ich
wieder ein normales Leben führen kann“, sagt die gelernte Masseurin.
Dabei haben ihr die Angebote der Diakonie geholfen. Der Aufbau einer
Tagesstruktur und persönliche Beratungen verbesserten die Situation.

In Düsseldorf gibt es dieses Angebot schon seit
über 40 Jahren. Neben einer Notaufnahme für Frauen mit 20 Betten und den
31 Plätzen bei „Icklack“ steht auch eine Wohngemeinschaft für
wohnungslose Mütter mit Kindern zur Verfügung. Weitere 20 Plätze für
wohnungslose Frauen sollen in den nächsten zwei Jahren in Düsseldorf
hinzukommen. In der Studie wird deutlich, dass Frauen ihre Anliegen mit
weiblichen Ansprechpartnerinnen besprechen möchten. Hier sieht die
Diakonie RWL die Kommunen in NRW in der Pflicht, ihre Angebote weiter
auszubauen. „Jede Frau sollte im Umkreis von 25 Kilometern ein auf sie
zugeschnittenes Hilfsangebot finden“, sagt Heine-Göttelmann. In der
aktuellen Studie sieht er eine erste Basis und wünscht sich demnächst
eine weitere, größere Studie mit mehreren Trägern.

Isa Dickers ist derweil auf Wohnungssuche. Und das
ist der schwierigste Teil. „Hinter jedem Wohnungsnotfall steht eine
tragische Lebensgeschichte“, sagt Meier.

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