Mit einem großen Banner, auf dem „Reine Schikane“ zu lesen ist, sind am Donnerstag die Teilnehmer der
Protestaktion von Fiftyfifty vor das Rathaus gekommen. Die Organisation
hat die Aktion mit Wohnungslosen initiiert. Es geht um die
Straßenordnung, konkret um den Paragrafen 6 mit dem Namen „Störendes
Verhalten auf Straßen und in Anlagen“. Fiftyfifty hält den Teil des
Regelwerks für den öffentlichen Raum für rechtswidrig. Zudem wirft die
Organisation den Mitarbeitern des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD)
vor, Obdachlose gezielt zu schikanieren.
„Anlass für die Protestkundgebung heute sind vier Fälle, die wir zwischen November
2018 und Anfang Januar 2019 dokumentiert haben, in denen Obdachlose auf
verschiedene Weise von immer der gleichen OSD-Streife schikaniert
wurden“, sagt Sozialarbeiterin Julia von Lindern. In einem Fall soll die
Streife zum Beispiel gegen einen Obdachlosen im Hofgarten ein
Verwarngeld von 35 Euro ausgesprochen haben, weil dieser eine Plane
zwischen zwei Ästen aufgespannt hatte. Obwohl der Mann gebeten habe, die
Zahlungsaufforderung an seine Postadresse zu schicken, hätten die
Mitarbeiter auf die sofortige Zahlung bestanden, das Portemonnaie des
Mannes durchsucht und 28,50 Euro als Sicherheitsleistung einbehalten.
Besonders ärgert sich Fiftyfifty dabei über zwei Dinge: dass der OSD
Postadressen nicht akzeptiere und Sicherheitsleistungen wie Handys oder
eben Geld einbehalte.
Der zuständige Ordnungsdezernent Christian Zaum, der auch zu der Kundgebung gekommen war, wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Ich weise es aufs Schärfste zurück, dass es eine gezielte Schikane des OSD gegen Obdachlose gibt“, sagt er. Man betrachte immer den Einzelfall. Zudem halte er es für üble Nachrede, dass auf der Kundgebung die Namen seiner Mitarbeiter genannt wurden. Sicherheitsleistungen seien indes rechtlich zulässig: „Wir machen davon nur Gebrauch, wenn ein Verwarngeld nicht erbracht werden kann.“ 2017 seien drei Handys, 2018 zwei einbehalten worden. Ebenso akzeptiere man die Postadresse von Fiftyfifty. Die Kritik an der Straßenordnung kann er nicht nachvollziehen: Der Paragraf 6 sei rechtmäßig. Auch ärgere er sich darüber, dass er die von Fiftyfifty angeführten vier Fälle nicht kenne, die Organisation vor der Kundgebung nicht das Gespräch mit ihm gesucht habe. Dies sei kein guter Stil. Trotzdem werde er diese Fälle nun noch einmal prüfen.
Fifty-Fifty: Obdachlose fühlen sich schikaniert und protestieren vorm Rathaus
Düsseldorf Die Protestaktion richtet sich gegen Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Der
zuständige Dezernent Christian Zaum ist verärgert über die Vorwürfe.
Betteln und Lagern ist nach der Düsseldorfer Straßenordnung bereits seit mehr
als 20 Jahren auf öffentlichen Flächen verboten. Immer wieder kommt es
zu Konflikten zwischen Obdachlosen und den Mitarbeitern des
Ordnungsamtes. Die haben in den vergangenen Monaten offenbar zugenommen.
Zusammen mit Fifty-Fifty organisierten Obdachlose am Donnerstag eine
Protestaktion vor dem Rathaus. Ordnungsdezernent Christian Zaum stellte
sich den Vorwürfen und war verärgert über die Aktion. Denn eigentlich
sollten Konflikte im Dialog mit Fifty-Fifty geklärt werden.
Stattdessen habe man vier Fälle seit November vergangenen Jahres gesammelt,
erklärte Streetworker Oliver Ongaro. Die seien so dokumentiert, dass man
den Mitarbeitern des Ordnungs- und Servicedienstes unangemessenes
Verhalten gegen Wohnungslose nachweisen könne.
In einem Fall hatte ein Obdachloser im Hofgarten bei strömendem Regen eine Plane zwischen zwei Bäumen
aufgehängt, um sich zu schützen. Dafür sollte er einen Bußgeldbescheid
über 63,50 Euro bezahlen. Auf dem Weihnachtsmarkt im vergangenen Jahr
bot ein Fifty-Fifty-Verkäufer die Straßenzeitung an. Der Mann soll ein
Knöllchen über 83,50 Euro zahlen, weil er angeblich aggressiv gebettelt
hat. Manuela, eine der Betroffenen, berichtete außerdem darüber, dass
städtische Mitarbeiter Zelte zerstört und auf den Müll geworfen hätten.
Wie viele ihrer Mitstreiter fühlt sie sich schikaniert.
Ostendorf: Bußgelder gegen
Obdachlose sind sinnlos
Wie Fifty-Fifty-Chef Hubert Ostendorf erklärte, seien Bußgelder gegen
Obdachlose, die ohnehin kein Geld haben, völlig sinnlos. Es gebe
außerdem immer Schwierigkeiten, weil Mitarbeiter des Ordnungsamtes sich
weigern, die Postadressen der Wohnungslosen anzuerkennen. Mitarbeiter
von Fifty-Fifty könne man Bußgeldbescheide an die Adresse der Zeitung
schicken. Das sei auch so mit der Stadt abgesprochen.
Beklagt wird auch, dass Obdachlosen von den
OSD-Mitarbeitern Geld oder Wertsachen abgenommen werden, um damit
ausstehende Bußgelder oder Geldstrafen zu begleichen. Bei einer solchen
Aktion geriet Oliver Ongaro selbst mit einer Streife des Ordnungsamtes
aneinander und kassierte eine Strafanzeige. Das Verfahren vor dem
Amtsgericht läuft noch.
Ordnungsdezernent Christian Zaum kniff nicht, sondern kam zur Protestaktion und nahm
Stellung. Er war verärgert darüber, dass man im Vorfeld nicht
miteinander gesprochen habe, denn das sei eigentlich so ausgemacht. Noch
ärgerlicher machte ihn allerdings die Tatsache, dass zwei seiner
Mitarbeiter im Rahmen der Protestaktion immer wieder namentlich genannt
wurden: „Die gehören zu der Gruppe, die in der Altstadt Dienst hat und
tauchen natürlich öfter auf.“
Zu den vier neuen Fällen konnte Zaum nicht
Stellung nehmen, weil er sie noch nicht kannte. Aber in der
Vergangenheit seien alle Verfahren rechtmäßig und korrekt abgelaufen. Zu
einer möglichen Änderung der Straßenordnung, wie sie Fifty-Fifty
fordert, sagte der Ordnungsdezernent: „Das ist eine politische Frage.“
Proteste gegen „systematische Bestrafung“ von Obdachlosen
Philipp Rose
Düsseldorf. Ordnungsamt steht weiter in der Kritik:
Obdachlose und Sozialarbeiter protestieren vor dem Düsseldorfer Rathaus
gegen „systematische Bestrafung“.
Bei einer Protestaktion vor dem Rathaus warfen am Donnerstag Obdachlose und Mitarbeiter des
Straßenmagazins Fiftyfifty dem Ordnungs- und Sicherheitsdienst (OSD)
„systematische Schikane von Obdachlosen“ vor. Immer wieder war der OSD
in die Schlagzeilen geraten, weil hohe Bußgelder gegen Obdachlose
verhängt oder Handys als Pfand beschlagnahmt wurden. Dezernent Christian
Zaum, der sich die Protestaktion vor dem Rathaus mit anhörte, wies die
Vorwürfe zurück: „Der OSD schikaniert keine Obdachlosen, es handelt sich
um Einzelfälle und nicht um ein System.“
OSD Düsseldorf steht in Kritik: Schikane oder Dienst nach Vorschrift?
Das Verhältnis zwischen den Obdachlosen in Düsseldorf und den
Mitarbeitern des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) ist konfliktreich.
Denn das Verständnis der OSD als „Dienstleister, um rat- oder
hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürgern möglichst schnell und
unbürokratisch zur Seite zu stehen“ erleben die Menschen mit
Lebensmittelpunkt Straße selten. Oft eskalieren Situationen und die
Streetworker der Obdachlosenzeitung fitftyfifty werfen dem OSD vor,
Regeln falsch auszulegen. Am Donnerstag (21.2.) protestierten Betroffene
und Unterstützer gemeinsam gegen die – ihrer Meinung nach Willkür – der
OSD-Mitarbeiter.
Vier Fälle haben die Streetworker von fiftyfifty im Zeitraum von
November 2018 bis Januar 2019 dokumentiert. In allen vier Fällen waren
die selben beiden Mitarbeiter des OSD beteiligt. Diesen beiden
Mitarbeitern wirft fiftyfifty schikanöses Verhalten und Willkür vor.
Dabei ging es um das Einbehalten von Sicherungsleistungen in Form von
Bargeld, wenn beispielsweise Obdachlose in Grünanlagen ihr Lager
aufgeschlagen haben oder die Obdachlosenzeitung auf dem Weihnachtsmarkt
verkauften. In einem Fall wurde der Hund eines Obdachlosen
„sichergestellt“ und ins Tierheim überführt.
Wird ein Düsseldorfer mit festem Wohnsitz bei einem Vorgang angetroffen, der gegen die
Düsseldorfer Straßenordnung verstößt, wird ein Verwarngeld angeboten,
das wie bei einem Falsch-Parken-Knöllchen per Post zugestellt wird.
Obwohl fast alle Obdachlose eine Postadresse bei fiftyfifty haben, wird
diese Adresse von den OSD-Mitarbeitern nicht akzeptiert. Stattdessen
wollen die OSDler Sicherheitsleistungen einbehalten. Dazu wird der
Betroffene durchsucht und der Inhalt seiner Geldbörse überprüft. Findet
sich dabei Bargeld oder ein Handy, wird dies einbehalten.
Ordnungsdezernent Christian Zaum signalisierte - wie auch in der
Vergangenheit - Gesprächsbereitschaf. Er zeigte sich enttäuscht, dass
ihm die Probleme nicht direkt übermittelt wurden.
Fiftyfifty
wirft dem OSD vor, mit zweierlei Maß zu messen. Es gäbe eine Postadresse
und damit könnten Obdachlose wie alle anderen Düsseldorfer behandelt
werden. Ordnungsdezernent Christian Zaum widerspricht der Darstellung:
„Wenn eine Postadresse genannt werde, sei die Zustellung des Bescheides
möglich und kein Einbehalten von Sicherheitsleistungen notwendig“.
Ob alle Mitarbeiter des OSD sich an die Aussage ihres Chefs halten,
bezweifeln die Betroffenen. Sie erzählen vor dem Rathaus sogar von einem
Zwischenfall, bei dem einer der OSD'ler in Privatkleidung und versehen
mit einer Tränengaskartusche die Räumung eines Lagerplatzes persönlich
begleitet hat. Zaum kann sich das nicht vorstellen, denn die
Amtsausführung dürfe nur in Dienstkleidung erfolgen, betont er der
Presse gegenüber. Zu den konkreten Vorwürfen könne er allerdings nichts
sagen, da fifty fifty ihm gegenüber die vier vorgestellten Fälle noch
nicht dargelegt hätte. Er betont das gute Einverständnis des OSD mit den
Obdachlosenorganisationen der Franzfreunde und Horizont. Alle
OSD-Mitarbeiter würden im sensiblem Umgang mit wohnungslosen Menschen
auf der Straße geschult. Die Schulung würde bewusst von
Obdachlosenorganisationen gehalten, um die besondere Lage der
Wohnungslosen zu vermitteln.
Jeder der Obdachlosen konnte von Zusammentreffen mit dem OSD berichten, positiv waren die wenigsten
Offenbar
vertraut fiftyfifty nicht mehr auf die Aussagen des Ordnungsdezernenten
und wählte den Gang in die Öffentlichkeit. Die in der Vergangenheit
geführten Gespräche seien nicht mehr als Lippenbekenntnisse gewesen,
erklären die Streetworker und erhalten dafür Beifall von den
Betroffenen. „Das Verhalten des OSD muss aufhören“, erklärt
fiftyfifty-Streetworker Oliver Ongaro. Jeder der Obdachlosen, die am
Donnerstag zum Rathausplatz gekommen sind, hat bereits schlechte
Erfahrungen mit dem OSD gemacht. Sie fühlen sich schikaniert, da die
OSD'ler am längeren Hebel säßen und ihre Macht ausspielten.
Grundlage für das Handeln des OSD ist die Düsseldorfer Straßenordnung.
Rechtsanwalt Jasper Prigge hat in einem Gutachten die Rechtswidrigkeit
der Straßenordnung dargestellt. Aber erst nach einer Klage eines
konkretes Falles vor Gericht könnte die Stadt dazu gezwungen werden,
diese zu überarbeiten. Die Kraft, einen solchen Prozessweg
durchzustehen, haben die wenigsten Obdachlosen.
Ihre Stimmen werden normalerweise nicht wahrgenommen. Doch gestern waren
Düsseldorfs Obdachlose nicht zu überhören. Zusammen mit der
Hilfsorganisation „fiftyfifty“ protestierten rund 20 Wohnungslose vor
dem Rathaus gegen den OSD. Die Vorwürfe: Schikane, Rechtsbrüche,
Respektlosigkeit.
Nicki (36) macht seit drei Jahren „Platte“. Sie übernachtet im Freien. In
diesen drei Jahren hat sie immer wieder mit Mitarbeitern des städtischen
Ordnungsdienstes (OSD) zu tun gehabt.
„Sie haben mir meinen Hund weggenommen, mit der Begründung wir würden
angeblich zur Bettelmafia gehören. Dann wurden unsere Zelte am NRW-Forum
zerschnitten, während wir uns in der Altstadt Frühstück besorgt haben.“
Andere Obdachlose berichten gestern vor dem Rathaus von Bußgeldbescheiden
gegen sie und den Einzug von „Sicherheitsleistungen“, weil sie angeblich
keine Adresse für die Zustellung von städtischen Bescheiden hätten.
OSD beschlagnahmte Handys
„Dabei haben die Leute alle Postfächer bei fiftyfifty. Es wurden sogar Handys
als Sicherheitsleistung beschlagnahmt. Dagegen werden wir jetzt
rechtlich vorgehen“, erklärt Jasper Prigge, Rechtsanwalt von fiftyfifty.
„Es ist ungeheuerlich, von den Ärmsten unserer Gesellschaft noch Bußgelder
zu nehmen. Zum Beispiel dafür, bei Regen in einer Bushaltestelle zu
sitzen“, erklärt Julia von Lindern.
30 Euro Sicherheitsleistung würden für die Hartz-IV-Empfänger fast 10
Prozent ihres Einkommens bedeuten. Schuld daran sei die Düsseldorfer
Straßensatzung, die abgeschafft gehöre.
Es seien immer wieder dieselben Mitarbeiter des OSD, die negativ auffielen, sagte von Lindern.
„Die Satzung ist rechtskonform“, sagt dagegen Ordnungsdezernent Christian
Zaum, der sich gestern die Proteste persönlich anhörte. „Wir
schikanieren keinesfalls systematisch Obdachlose. Wir schreiten aber bei
Beschwerden ein und erteilen Platzverweise. Wir sind immer zu
Gesprächen bereit“. Gespräche, die auch fiftyfifty weiter führen möchte.
Massive Kritik am OSD; Stadt widerspricht den Vorwürfen
Bei einer Protestaktion von Obdachlosen und fifty-fifty gegen das Ordnungsamt hat es heftige Vorwürfe gegeben.
Fifty-fifty wirft einigen Mitarbeitern des Ordnungsamts Angriffe auf Obdachlose
vor – außerdem würden sie immer wieder auch schikaniert. Fifty-Fifty wirft den
Mitarbeitern des Ordnungsamts zum Beispiel vor unverhältnismäßige Bußgelder zu
verhängen oder Zelte zu zerstören. Konkret nannte fifty-fifty bei der Demo vor
dem Rathaus zwei Mitarbeiter des Ordnungsamts mehrfach namentlich.
Ordnungsdezernent Christian Zaum weist die Vorwürfe zurück. Und wirft
fifty-fifty Verleumdung vor. Die Mitarbeiter des Ordnungsamts würden sich streng
an das Ordnungswidrigkeitengesetz halten. Und das gelte für alle, so Zaum. Ihm
lägen keine Fälle vor, die dagegen verstoßen würden. 22.2.19
Die Düsseldorfer Wohnungslosenhilfe "fiftyfifty" will am Donnerstag (21.02.2019) gemeinsam mit Obdachlosen gegen das Ordnungsamt protestieren. "fiftyfifty" meint, dass die Ordnungshüter einige Obdachlose zu oft mit hohen Bußgeldern belegen.
Streife verteilt viel Knöllchen
Angeblich gebe es eine bestimmte Streife des
Ordnungsamts, also zwei Personen, die auffällig oft Bußgelder für
Obdachlose ausstellt. Ein Obdachloser habe zum Beispiel im Park
übernachtet und hätte dort eine Plane als Witterungsschutz zwischen
Sträucher gespannt. Die Ordnungsamt-Streife habe ihn morgens getroffen,
die Plane zerstört und ihm direkt ein Bußgeld dafür ausgestellt.
Obdachlose: Protest gegen Bußgelder in Düsseldorf
WDR Studios NRW | 20.02.2019 | 00:48 Min.
Stadt kennt die Vorwürfe nicht
Laut Straßenordnung ist das Schlafen im Gebüsch verboten. Die Stadt Düsseldorf teilte auf Anfrage des WDR mit, ihr seien die hohen Bußgeldfälle bisher nicht bekannt.
Draußen sein — Obdachlose und ihre Geschichte | Lokalzeit aus Düsseldorf | 19.02.2019 | 05:59 Min. | Verfügbar bis 19.02.2020 | WDR | Von Tina Kraus