Paritätischer fordert menschenwürdige Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitslose und Regelsatzanhebung auf 571 Euro

Hartz IV: Paritätischer fordert
menschenwürdige Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitslose und
Regelsatzanhebung auf 571 Euro

Pressekonferenz vom 26.04.2018

Mit einem „Konzept zur Neuausrichtung der Grundsicherung für
Arbeitslose“ mischt sich der Paritätische Wohlfahrtsverband in die
aktuelle parteiübergreifende Debatte zur Überwindung von Hartz IV ein.
Der Verband fordert einen konsequenten Paradigmenwechsel, der mit dem
negativen Menschenbild, das dem System Hartz IV zu Grunde liege, bricht,
und Respekt und die Würde des Menschen in das Zentrum des Hilfe- und
Unterstützungssystems für Arbeitslose rückt. Insgesamt elf konkrete
Reformmaßnahmen schlägt der Paritätische vor, die von einer Stärkung der
Arbeitslosenversicherung, über die Abschaffung von Sanktionen und den
Ausbau von Qualifizierungs- und öffentlichen Beschäftigungsangeboten bis
hin zu einer Anhebung der Regelsätze auf ein menschenwürdiges Niveau
reichen. Nach einer aktuellen Expertise der Paritätischen
Forschungsstelle ist dafür eine Anhebung der Regelsätze für Erwachsene
auf 571 Euro (statt derzeit 416 Euro) erforderlich. Darüber hinaus
fordert der Verband die Einführung einer existenzsichernden
Kindergrundsicherung.

Hartz IV sei gefloppt, konstatiert der
Paritätische. Zwar sei mit guter Konjunktur und entsprechend guter
Arbeitsmarktlage über die Jahre die Zahl der offiziell gezählten
Langzeitarbeitslosen zurückgegangen, 42 Prozent der Langzeitarbeitslosen
sei jedoch schon länger als vier Jahre im Bezug und über eine Million
Menschen bereits seit Einführung des Systems auf Leistungen angewiesen.
Die faktische Vermittlungsquote der Arbeitsverwaltung bei arbeitslosen
Hartz IV-Beziehern liege bei lediglich etwa fünf Prozent. Die
Regelleistungen schützten zudem in keiner Weise vor Armut. Entsprechend
gering sei die Akzeptanz in der Bevölkerung. „Hartz IV steht in der
Bevölkerung längst nicht mehr für Hilfe. Hartz IV wird heute ganz
überwiegend als ein System wahrgenommen, das im besseren Fall von
Tristesse und im schlechteren Fall von Sanktionierungen gekennzeichnet
ist“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen
Gesamtverbands.

Der Verband fordert vor diesem Hintergrund unter
dem Motto „Hartz IV hinter uns lassen“ eine konsequente Neuausrichtung
der Grundsicherung für Arbeitslose. „Es ist Zeit, zu brechen mit der
misanthropischen Grundhaltung und dem negativen Menschenbild der
Hartz-Gesetze, mit dem der Sanktionsapparat, aber auch die unter der
Armutsgrenze liegenden Geldzuwendungen begründet werden“, so Ulrich
Schneider. Der Leitsatz des Förderns und Forderns sei mit Blick auf die
Realitäten nur noch ein Euphemismus. „Kompass für Reformen muss der
Respekt vor dem Mittel- und Arbeitslosen und seinen Angehörigen sein.
Menschenwürde und Individualität statt Massenverwaltungstauglichkeit,
Hilfe statt Strafe sind die Leitlinien, an denen sich echte Reformen der
Grundsicherung für Arbeitssuchende orientieren müssen.“

Notwendig
seien u.a. eine Stärkung der Arbeitslosenversicherung und der Umbau der
Arbeitsförderung von dem bisherigen Sanktionssystem zu einem echten
Hilfesystem. Der Paritätische fordert in seinem Elf-Punkte-Programm dazu
unter anderem die Abschaffung der Sanktionen, den massiven Ausbau von
Qualifizierungs- und Arbeitsfördermaßnahmen sowie den Aufbau eines
sozialen Arbeitsmarktes. „Nur indem wir den Menschen wieder in den
Mittelpunkt stellen und ihn in seinen individuellen Fähigkeiten, aber
auch in seinem individuellen Unvermögen annehmen, kann es uns gelingen,
ein System zu schaffen, das von Respekt und Rücksicht geprägt ist und
zugleich Potentiale von Menschen zu entdecken und zu fördern in der Lage
ist“, so Schneider. Darüber hinaus fordert der Paritätische als
Sofortmaßnahme die Erhöhung der Regelsätze um 37 Prozent und die
Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die sich mit der Frage des
Mindestbedarfes von Menschen und seiner Bemessung in grundlegender Weise
auseinandersetzt. Die Neuausrichtung der Grundsicherung müsse zudem
zwingend mit der Einführung einer allgemeinen existenzsichernden
Kindergrundsicherung verknüpft werden.

Hier finden Sie die Presseunterlagen zum Download:

Pressemeldung
180426_Pressemeldung.pdf
Pressestatement Ulrich Schneider
180426_Pressestatement_Schneider.pdf
"Hartz IV hinter uns lassen. Konzept für eine Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitslose"
Konzept_Hartz-IV-hinter-uns-lassen.pdf
Expertise "Regelbedarfe 2018. Herleitung und Bestimmung der Regelbedarfe in der Grundsicherung"
Expertise_Regelbedarfe-2018.pdf

http://www.der-paritaetische.de/presse/hartz-iv-paritaetischer-fordert-m...