28.12.15 Alter: 11 Stunde(n)
Hartz IV: Paritätischer wirft Bundesregierung statistische Willkür vor und fordert 491 Euro Regelsatz
Kategorie: Pressemeldung
Von: Gwendolyn Stilling
Pressemeldung vom 28.12.2015
Als viel zu niedrig und „in keiner Weise bedarfsdeckend“
kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband die geplante Erhöhung der
Hartz-IV-Regelsätze zum 1.1.2016 um lediglich 5 Euro auf dann 404 Euro.
In einer aktuellen Studie weist der Verband der Bundesregierung
manipulative Eingriffe in die statistischen Berechnungen nach, die zu
einer massiven Unterdeckung der Regelsätze in Hartz IV führen. Der
Verband fordert eine Korrektur und die Anhebung der Regelsätze um 23
Prozent auf 491 Euro.
„Der Regelsatz wurde bei seiner letzten Berechnung 2011 durch die
damalige Arbeitsministerin von der Leyen willkürlich manipuliert und
trickreich kleingerechnet“, erläutert Ulrich Schneider,
Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. „Was dabei
herauskam, hat mit dem Existenzminimum nicht mehr ernsthaft etwas zu
tun, sondern drückt Hartz-IV-Bezieher unter die Armutsgrenze. Seitdem
wird diese Praxis jedes Jahr einfach fortgeschrieben. Es ist schon mehr
als enttäuschend, dass auch Frau Nahles diese Tricksereien übernimmt,
gehörte sie doch vor ihrer Berufung zur Arbeitsministerin zu den
Hauptkritikerinnen der Methoden ihrer Vorgängerin.“
Nach der Studie des Paritätischen ist der Regelsatz seit 2011 durch
manipulative Eingriffe in die Statistik verzerrt worden und im Ergebnis
nicht bedarfsdeckend. So seien beispielsweise die Referenzgruppe nicht
geeignet oder in großem Umfang Einzelausgaben als nicht
regelsatzrelevant gestrichen worden, z.B. für Zimmerpflanzen (hierunter
fallen auch Weihnachtsbäume oder Grabschmuck), Haustiere und deren
Futter, für die Reinigung oder für die Verpflegung außer Hause. Dadurch
seien der Regelsatz willkürlich klein gerechnet und das Statistikmodell
ad absurdum geführt worden. Die seitdem jährlich erfolgende Anpassung
der Regelsätze beruht auf der einfachen Fortschreibung nach einem
Mischindex aus Preissteigerungen und der Entwicklung der Nettolöhne.
Fortgeschrieben werden damit auch die manipulativen Eingriffe, was die
Bedarfslücke stetig wachsen lässt.
Der Verband fordert von der Bundesregierung eine sofortige Korrektur.
Wie die Paritätische Forschungsstelle in ihrer Expertise nachweist,
müsste der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen bei korrekter
und vollständiger Anwendung des von der Bundesregierung selbst
gewählten Statistikmodells zum 1.1.2016 auf 491 Euro statt auf 404 Euro
angehoben werden. Schneider: „Es geht nicht um statistische Petitessen.
Es geht um das Existenzminimum von Millionen Menschen. Die Erhöhung um
lediglich 1,2 Prozent ist sozial ignorant. Sie lässt jegliches
Verständnis für die Lebenssituation der Betroffenen vermissen. Diese
Regelsätze sind kleingerechnete Armutssätze, mit denen man kaum eine
Chance hat über den Monat zu kommen.“
Die Expertise der Paritätischen Forschungsstelle zur Fortschreibung
der Regelsätze zum 1. Januar 2016 steht unten zum Download zur
Verfügung.
Dateien:
Expertise_Regelsatz-2015_web.pdf377 K
http://www.der-paritaetische.de/startseite/artikel/news/hartz-iv-paritae...