Aus: Ausgabe vom 30.09.2015, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Reiche reicher als je zuvor
Studie der Allianz sieht weltweite private Geldvermögen auf Rekordhöhe
Luxus für die Absahner, hier in einem Pariser
Hotel : Wenn immer weniger Menschen immer höhere Vermögen anhäufen,
zeigt das System seinen entscheidenden Konstruktionsfehler
Foto: Stephane Mahe/Reuters
Die Menschheit ist so reich wie nie – allerdings nur im Durchschnitt.
Rund um den Globus sind die Vermögen indes extrem ungleich verteilt.
Nach einer Untersuchung des Versicherungskonzerns Allianz stieg das
globale Bruttogeldvermögen der privaten Haushalte im vergangenen Jahr um
7,1 Prozent auf den Rekordwert von 136 Billionen Euro. »Damit könnten
die privaten Haushalte sämtliche Staatsschulden der Welt ungefähr
dreimal tilgen«, sagte Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender der Allianz
SE. Er betonte aber auch, dass diese Vermögen nach wie vor sehr ungleich
verteilt sind: »Durchschnittlich entfallen in den von uns untersuchten
53 Ländern auf die ärmere Bevölkerungshälfte nur etwa fünf Prozent der
Vermögenswerte.«
Zu dem weltweiten Wachstum der Geldvermögen trugen die drei Sparten
Bankeinlagen, Wertpapiere sowie Versicherungen und Pensionsfonds
gleichmäßig bei. Während allerdings in Asien und Amerika auch die
Aktienmärkte weiter zulegten, wird der Zuwachs des privaten Reichtums
insgesamt zunehmend durch mehr und mehr »Sparanstrengungen«, also
Kürzungen zu Lasten der weniger Begüterten, getragen. In Westeuropa
trennten sich die Haushalte nach den Angaben im dritten Jahr in Folge
von Wertpapieren – aus Sicht der Allianz ist das ein Indiz für die noch
nicht verarbeitete Krise in Europa.
In Deutschland legte das private Bruttogeldvermögen mit 4,2 Prozent
zwar etwas langsamer zu. »Angesichts der immer noch höchsten Sparquote
in Europa ist diese Entwicklung eher enttäuschend«, sagte
Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise. Das zeige, dass die
deutschen Haushalte beim Sparen weiterhin »risikoscheu« seien.
Allerdings ist unklar, wieviel Geld die Bürger wegen der Nullzinspolitik
schlicht in den Sparstrumpf stecken.
Dennoch häuften auch hierzulande die Menschen ungeachtet der
Zinsverweigerung der Banken immer größere Geldvermögen an. Nach früheren
Zahlen der Bundesbank stieg das private Geldvermögen von 5,07 Billionen
Euro Ende 2014 im ersten Quartal 2015 kräftig auf 5,21 Billionen Euro.
Nur zum Vergleich: Die Summe aller in Deutschland verkauften Waren lag
im Jahr 2014 bei 2,9 Billionen Euro. (dpa/jW)