Sparen an der Jobvermittlung 6.1.17
Von Stefan Sauer
Eine Vermittlungsfachkraft ist mindestens für 85 jüngere oder 167 ältere Arbeitslose zuständig.
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Die Bundesregierung räumt schlechte Betreuungsverhältnisse ein. Ein
Vermittler ist mindestens für 85 jüngere oder 167 ältere Arbeitslose
zuständig.
In den Jobcentern sind deutlich
weniger Beschäftigte mit der Vermittlung von Erwerbslosen befasst als
vom Bundesarbeitsministerium (BMAS) offiziell angegeben. Amtlich kommen
derzeit auf einen Vermittler 70 Arbeitsuchende unter 25 Jahren. Für über
25-Jährige wird ein Betreuungsschlüssel von 1 zu 129 genannt.
Tatsächlich aber ist eine Vermittlungsfachkraft mindestens für 85
jüngere oder 167 ältere Arbeitslose zuständig. Dies geht aus einer
Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der
FR vorliegt.
In der „Berechnungslogik der
Betreuungsschlüssel“ seien „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enthalten,
die vorgelagerte Aufgaben im Betreuungs- und Vermittlungsprozess
wahrnehmen“, heißt es in der Antwort der parlamentarischen
Staatssekretärin im BMAS, Anette Kramme (SPD). Hinter dieser
umständlichen Formulierung verbergen sich zum Beispiel Beschäftigte im
Telefonservice und am Empfang der Jobcenter sowie Teamleiterinnen und
Teamleiter, die allesamt nicht in der Arbeitsvermittlung tätig sind, für
die Statistik aber mitgezählt werden. „Die einer einzelnen
Vermittlungsfachkraft zugeordneten Kunden sind dadurch höher als durch
die rechnerisch ermittelten Betreuungsschlüssel ausgedrückt wird“, heißt
es. Faktisch seien zum 30. September 40,7 Prozent des
Jobcenter-Personals in der Arbeitsvermittlung tätig gewesen.
Angaben sind noch zu positiv
Damit
verfehle das BMAS alle selbstgesetzten Ziele bei weitem, kritisiert die
arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte
Pothmer. So würden nicht nur die offiziell angestrebten
Betreuungsschlüssel von 1 zu 75 für junge und 1 zu 150 für über
25-jährige Arbeitslose deutlich überschritten. Auch vom ursprünglich
angestrebten Anteil von 80 Prozent der Jobcenterbeschäftigten, die sich
um die Integration der Erwerbslosen in den Arbeitsmarkt kümmern sollten,
sei man „meilenweit entfernt“, so die Grünen-Politikerin.
Die
Daten zeigten überdies, dass das 2016 in Kraft getretene Gesetz zur
Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung wirkungslos geblieben sei.
Das von Bundesarbeitsministerin Nahles (SPD) formulierte Ziel, „mehr
Freiräume für die Vermittlung in den Jobcentern“ zu schaffen, sei nicht
erreicht worden, so Pothmer: „Nach wie vor kümmern sich lediglich 41
Prozent der Jobcenterbeschäftigten darum, Arbeitslose wieder in
Beschäftigung zu bringen. Das entspricht exakt dem Stand von 2014.“
Dabei
spiegeln selbst die von der Bundesregierung nun eingeräumten Zahlen
nicht die wahre Situation. Tatsächlich fließen mindestens 162 000
erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit geringen eigenen Einkünften nicht
in die Ermittlung der Betreuungsschlüssel ein. Auch die wachsende Zahl
arbeitsuchender Flüchtlinge in der Grundsicherung ist nur zum Teil
berücksichtigt. „Legt man näherungsweise zur Berechnung der
tatsächlichen Lage alle aktuellen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
zugrunde, ergäbe sich für den Bereich der unter 25-Jährigen ein
Betreuungsschlüssel von 1 zu 198 und für über 25-Jährige von 1 zu 208“,
so Pothmer. Notwendig seien deshalb mehr Personal und ein
Bürokratieabbau.
AUTOR
http://www.fr-online.de/arbeit---soziales/arbeit-sparen-an-der-jobvermit...
Bundesrechnungshof hat Arbeitsvermittlern schlechte Noten gegeben. Gute Jobcenter wichtig für Demokratue,
FR 11.1.17