Stadtwerke drehen jedes Jahr 7500 Kunden den Strom ab
Von Juliane Kinast 9.12.15
2014 sinkt die Zahl erstmals seit zehn Jahren. Diakonie und Caritas wünschen sich mehr Alternativen.
dpa
So sieht es aus, wenn bei einem Haushalt der Strom abgesperrt wird – vorher gibt es Erinnerungen und Mahnungen.
Düsseldorf. Zwischen
7500 und 7800 Kunden, die ihre Rechnung nicht bezahlen, drehen die
Stadtwerke im Jahr den Strom ab. Diese Zahl ist seit zehn Jahren
gleichbleibend. Im vergangenen Jahr allerdings sank sie plötzlich auf
rund 7000 Absperrungen – was man laut Stadtwerke-Sprecher Michael
Pützhofen allerdings nicht erklären kann.
Die Zahl klingt zunächst hoch.
„Wenn man aber überlegt, dass wir 700 000 Kunden haben, ist das gar
nicht so viel“, sagt Pützhofen. Und: Düsseldorf hat sich damit gegen den
Bundestrend entwickelt; deutschlandweit gab es mit über 350 000
Stromsperren 2014 mehr denn je. Pützhofen: „Das kann damit
zusammenhängen, dass wir eine andere Bevölkerungsstruktur haben.“
Sprich: eine reichere.
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Gas wird in Düsseldorf überhaupt
nicht abgestellt – denn damit träfe man unter Umständen das gesamte
Haus, so Pützhofen. Beim Strom gehe man stets nach den gesetzlichen
Vorgaben vor: Drei Tage nach der nicht geleisteten Zahlung kommt eine
Erinnerung, zwei Wochen später eine kostenpflichtige Mahnung, schon mit
der Androhung einer etwaigen Sperrung. Die wird vier Wochen später noch
einmal mit drei Tagen Vorlauf angekündigt – und dann wird es dunkel.
Die Sperrung kostet 55 Euro, ihre Aufhebung nochmals 65 Euro
Zudem richtig teuer: „Die Sperrung
kostet den Kunden 55 Euro“, sagt Pützhofen, die Aufhebung noch einmal 65
Euro. Für Leistungsempfänger, die das Gros der Betroffenen ausmachen,
eine Menge Geld. Schon in der Mahnung werde daher aufgezeigt, wohin sich
etwa Bezieher des ALG II für staatliche Hilfe bei der Rechnung wenden
müssten – und stets der Kontakt zu den Stadtwerken selbst angeboten.
Pützhofen erklärt: „Wenn es eine plausible Erklärung gibt, können wir
das etwa über eine Stundung regeln.“ Für die Stadtwerke gelte die Regel:
„Selbstverständlich werden soziale Härtefälle von uns nicht noch härter
gemacht.“
Dennoch kommt grundsätzliche Kritik
von den Wohlfahrtsverbänden. „Der Caritasverband Düsseldorf lehnt die
Praxis der Stromsperren ab“, sagt Ronald Vogel vom Vorstand. „Jeder
Mensch hat das Recht auf eine warme Wohnung, Licht oder heißes Wasser.“
Der Staat müsse dieses gewährleisten – was derzeit angeblich nicht der
Fall ist: Bei der Grundsicherung seien 35 Euro für Strom in einem
Ein-Personen-Haushalt vorgesehen. Das reiche aber meist nicht aus, sagt
Roland Pareik, Projektleiter des Caritas-Energiesparservice.
CARITAS Hilfe beim Einsparen von Energie gibt es hier: http://bit.ly/1OQURoB
Aber auch der Grundversorger könne mehr tun. Bei
einem Modellversuch in NRW hätten acht Anbieter, etwa aus Köln,
Krefeld, Wuppertal und Mönchengladbach, eine Beratung für säumige
Stromkunden zusammen mit der Verbraucherzentrale eingerichtet. Das sei
nach den jüngst vorgestellten Ergebnissen ein Erfolgsmodell – der Wille
der Stadtwerke Düsseldorf, eine solche Beratung auch hier einzuführen,
sei aber „bisher nicht erkennbar“.
Auch bei der
Diakonie ist man skeptisch, was Stromsperren angeht – und sieht mehr
Einfallsreichtum im Umland: „Es gibt Modellprojekte, die wir interessant
finden“, sagt Sprecher Christoph Wand. In manchen Kommunen etwa
versuche man, den Strom zu drosseln statt abzudrehen – so bleibt
zumindest die Grundversorgung bestehen.
http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/stadtwerke-drehen-jedes-jahr-7500-k...