Von Volksschädlingen und Wohnungslosen – Ausstellung und Diskussion in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Es war die Finissage zur Ausstellung „Obdachlosigkeit in der Stadt“,
doch das Thema ist damit nicht beendet und auch die Ausstellungen sind
noch bis zum Wochenende zu besichtigen. Am Dienstag (9.1.) diskutierten
Vertreter der Stadt, Verbänden und Initiativen die Sitation der
Wohnungslosen in der Stadt.
Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, freute sich über die Resonanz zur Finissage
Dass Obdachlosigkeit kein Phänomen der Neuzeit ist, zeigen eindrucksvoll die
drei parallelen Ausstellungen in der Mahn- und Gedenkstätte.
Obdachlosigkeit gab es in Düsseldorf auch während der Nazi-Zeit. Wie
damals mit den sogenannten „Volksschädlingen“ umgegangen wurde und wie
die Wohnungslosen heute im Stadtbild wirken, haben seit September 2017
schon viele Besucher besichtigt. Viel Neues konnte in der Ausstellung
entdeckt werden und wie Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke bescheinigte,
es weitet den Horizont auf die Stadtgesellschaft. In den vergangenen 70
Jahren hat sich vieles gewandelt, aber in der Diskussionsrunde wurde
klar, auch heute gibt es noch viel zu tun.
Bürgermeisterin Klaudia Zepunkte möchte das Thema Obdachlosigkeit in diesem Jahr noch viel öfter thematisieren
Unter dem Titel "Obdachlosigkeit in der Stadt" warfen die Vertreter der
Wohlfahrtsverbände, Betreuungsinitiativen und der Stadt einen Blick auf
heutigen Umgang mit Wohnungslosen in Düsseldorf. Zum ersten Mal zu
diesem Thema auf dem Podium war Miriam Koch, die seit 1. Januar das neue
Amt 54 „Migration und Integration“ leitet. Ihr zur Seite stand Roland
Buschhausen, der bisher für die Wohnungslosen zuständig war. Den
täglichen Umgang mit Menschen ohne festen Wohnsitz haben Barbara
Kempnich, die Leiterin der Düsseldorfer Bahnhofsmission, und Johannes
Dörrenbächer, Streetworker bei fiftyfifty. Antonia Frey von der Diakonie
und Jürgen Plitt von der Ordensgemeinschaft der Armen Brüder des
heiligen Franziskus komplettierten die Runde, die von Thorsten Nolting
moderiert wurde.
Miriam Koch, Roland Buschhausen, Barbara Kempnich, Antonia Frey, Thorsten Nolting, Johannes Dörrenbächer und Jürgen Plitt
Darüber ob Wohnungslose ist das Selbstverständnis und Straßenbild von
Düsseldorf passen, gibt es in der Stadt verschiedene Ansichten. Der
Slogar"Nähe trifft Freiheit" könnte auch auf die Freiheit bezogen sein,
nicht in Notunterkünften zu übernachten, sondern den Park zu bevorzugen.
Aber die Attraktivität in einem 20-Bett-Zimmern mit Menschen
verschiedener Verhaltenweisen zu übernachten, wie es in städtischen
Unterkünften nicht selten ist, wird von den Bewohnern unterschiedlich
bewertet. Da ziehen viele die Freiheit der Straße vor, wo sie aber auch
nicht ungestört sein dürfen. Streetworker Johannes Dörrenbacher
kritisierte die Straßenordnung der Stadt, die dem Ordnungs- und
Service-Dienst (OSD) viel Spielraum lässt, die Menschen ohne Wohnung zu
vertreiben. Die Abkürzung OSD wird von den Betroffenen als
„Obadachlosen-Schikanier-Dienst“ übersetzt. Roland Buschhausen
verteidigt die Straßenordnung, die vor zehn Jahren gemeinsam von
Verwaltung und Rat ausgearbeitet wurde. Die Diakonie hätte sich schon
damals gewünscht, das weniger Vebote und mehr der Servicegedanke
aufgenommen worden wären. Antonia Frey würde sich für die Zukunft
wünschen mehr Angebote für psychisch Erkrankte Wohnungslose zu schaffen,
was auch zur Reduzierung von Konflikten führe.
Verbesserungswünsche: Straßensatzung, Qualität der Unterkünfte, Menschenbild
Einig waren die Teilnehmer auf dem Podium, dass die Qualität der Unterkünfte
für Wohnungslose vrbessert werden müsste. Von November bis Mitte März
stellte die Stadt in diesem Jahr an der Prinz-Georg-Straße eine
zusätzliche Schlafstelle zur Verfügung, die verlässlich geöffnet war und
auch EU-Bürgern eine Schlafstelle bot, die in normalen Notschlafstellen
kein Recht auf ein Bett haben. Miriam Koch sieht bei der Optimierung
der Situation für Wohnungslose die Politik in der Pflicht Beschlüsse zu
fassen und Gelder bereitzustellen. Doch neben den materiellen Hilfen wie
Schlafstellen muss weiter daran gearbeitet werden das Menschenbild der
Wohnungslosen in der Gesellschaft zu ändern. „Wenn wir anders darüber denken, werden wir auch anders handeln“, fasste zusammen, was jeder selber dazu beitragen kann, keine Menschen auszugrenzen.
https://www.report-d.de/Duesseldorf/Aktuelles/Von-Volksschaedlingen-und-...