Das Ungleichheitsvirus
Als Folge der Corona-Pandemie droht die Ungleichheit erstmals in fast allen Ländern der Welt gleichzeitig anzusteigen. Diese Krise verschärft
die vorher schon dramatischen Unterschiede zwischen Arm und Reich, zwischen den Geschlechtern und zwischen Weißen und Black, Indigenous and
People of Color (BIPoC). Bereits neun Monate nach Ausbruch der Pandemie hatten die 1.000 reichsten Milliardär*innen wieder so viel Vermögen wie
in der Zeit vor COVID-19. Die weltweit ärmsten Menschen hingegen könnten länger als ein Jahrzehnt brauchen, um die Auswirkungen der Pandemie zu überwinden.
Die Krise zeigt wie unter einem Brennglas, wie sehr unser derzeitiges
Wirtschaftssystem die Ungleichheit vertieft. Aufgrund fehlenden
politischen Willens und einer chronischen Unterfinanzierung der
öffentlichen Haushalte mangelt es an guten staatlichen Gesundheits-,
Bildungs- und sozialen Sicherungssystemen. Kombiniert mit
Arbeitslosigkeit trifft dies vor allem in Armut lebende Menschen. Dort,
wo diese Systeme fehlen oder zu schwach sind, verarmen und sterben mehr
Menschen als anderswo.
Die Regierungen müssen jetzt handeln und extreme Ungleichheit und
Armut bekämpfen. Damit die notwendigen Maßnahmen finanziert werden
können, müssen Konzerne und Superreiche ihren fairen Anteil zur
Bewältigung der Krise beitragen.
Die Corona-Pandemie muss ein Weckruf sein, extreme Ungleichheit und
Armut endlich bei der Wurzel zu packen. Dafür brauchen wir ein
Wirtschaftssystem, das die Macht und den Einfluss sehr großer Konzerne
reduziert, an dem Beschäftigte, Erzeuger, Verbraucher*innen und andere
Akteursgruppen politisch und wirtschaftlich gleichberechtigt teilhaben
und das Gewinne unter Beachtung der planetarischen Grenzen
erwirtschaftet und von Anfang an gerecht verteilt. Der Schlüssel liegt
in einer Demokratisierung der Wirtschaft, das heißt Entscheidungsmacht
muss breit geteilt werden und darf sich nicht bei einigen wenigen
konzentrieren.
Wir brauchen allen in gleicher Weise zugängliche soziale
Grunddienste, die nicht einer Gewinnlogik unterworfen werden.
Unternehmen müssen demokratisch und gemeinwohlorientiert ausgerichtet
sein, damit ihr Handeln allen dient. Und es gilt, vielfältige und
durchlässige Marktstrukturen zu schaffen, sodass Macht nicht bei
einzelnen Konzernen angehäuft wird. Es kann und darf nicht mehr so
weitergehen, wie zuvor – weder in Deutschland oder Europa noch weltweit.
Ohne demokratische Wirtschaft wird es keine gerechte und demokratische
Gesellschaft geben.
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