Ruhestand mit trocken Brot
Wohlfahrtsverband schlägt moderate Erhöhung der Grundsicherung im Alter vor. Steuerfreibeträge für Rentner weiter abgesenkt
Von Jana Frielinghaus
Wenigstens das können sich auch Rentner leisten, die von der Alterssozialhilfe leben müssen: In der Sonne sitzen
Foto: Frank Leonhardt dpa-Bildfunk
Immer mehr Rentner beziehen Leistungen der sogenannten Grundsicherung
im Alter. Die Ursachen: seit Jahrzehnten stagnierende Reallöhne, Zeiten
der Erwerbslosigkeit, die immer geringer werdende Zahl
existenzsichernder Jobs wie auch die von den Regierungen der letzten 25
Jahre beschlossenen Rentenkürzungen.
Für die Volkssolidarität Anlass, Vorschläge zur »Reform der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung« zu erarbeiten. Alfred
Spieler, Experte für Sozialpolitik bei der Volkssolidarität, stellte sie
am Dienstag in Berlin vor. Es sind streng am mit der amtierenden
Regierung eventuell Machbaren ausgerichtete Maßnahmen, die der Politik
angetragen werden. So plädiert die Organisation für eine Anhebung des
Regelsatzes von derzeit 399 auf 450 Euro monatlich. Der Paritätische
Wohlfahrtsverband hatte dagegen im Februar 485 Euro unter Einbeziehung
sogenannter Einmalbedarfe verlangt. Die Pauschalen, etwa für den Ersatz
von Haushaltsgeräten, waren im Zuge der Hartz-Reformen vor zehn Jahren
abgeschafft worden.
Rentenfachmann Spieler begründete die bescheidene Forderung mit dem
sogenannten Abstandsgebot zu den aus der gesetzlichen Versicherung zu
erzielenden Altersbezügen. Er räumte aber ein, dass dies infolge der
»systematischen Absenkung des Rentenniveaus« ohnehin in den kommenden
Jahren nicht mehr eingehalten werden kann. Denn bis zum Jahr 2030 wird
das Rentenniveau von derzeit noch 48 weiter auf 43 Prozent des
durchschnittlichen Nettoeinkommens sinken. Zur Einhaltung des
Abstandsgebotes wäre, so Spieler, eigentlich schon jetzt ein Mindestlohn
von 13 Euro pro Stunde erforderlich.
Die Volkssolidarität schlägt jedoch weitere Maßnahmen vor, mit denen
die Zahl der Bezieher ergänzender Transferleistungen deutlich erhöht
werden soll – und mit denen die Betroffenen zumindest teilweise aus der
Bittstellerposition befreit werden könnten. So sollte es einen
Freibetrag für Einkünfte aus der Altersvorsorge in Höhe von 15 Prozent
des Regelsatzes ebenso geben wie eine Neuregelung bei der Anrechnung von
Ersparnissen, damit diejenigen, die langjährig eingezahlt haben,
wenigstens etwas mehr bekommen als Personen, die das nicht getan haben.
Zudem solle der Besitz eines Kraftfahrzeugs im Wert bis zu 7.500 Euro
erlaubt sein. Im Unterschied zu Beziehern von Alg II haben Rentner und
Menschen mit Erwerbsminderungsrente noch immer keinen Anspruch auf ein
Auto bzw. es wird auf ihr Vermögen angerechnet.
Darüber hinaus fordert der Verband eine Erleichterung des
Antragsverfahrens. Der Rentenversicherungsträger solle das zuständige
Grundsicherungsamt informieren, wenn »offensichtlich ein Anspruch auf
Leistungen« bestehe. Dieses solle dann von sich aus ein Antragsverfahren
einleiten.
Ende 2013 bezogen in Deutschland rund 962.000 Menschen Leistungen der
Grundsicherung, unter ihnen 499.000 im Alter ab 65. Dies entspreche
etwa drei Prozent der Rentner, sagte der Präsident der Volkssolidarität,
Wolfram Friedersdorff. Nach Expertenschätzungen liege aber die Quote
derjenigen, die die Transferzahlung trotz Anspruchs nicht beantragen,
bei bis zu 68 Prozent. Viele verzichten aus Angst, dass Angehörige zur
Kasse gebeten werden könnten, andere schrecken vor dem komplizierten
Antragsverfahren zurück, an dessen Ende eine oft sehr geringe
Zusatzzahlung steht, oder sie schämen sich schlicht ihrer Armut.
Unterdessen berichtete Bild am Montag unter Berufung auf
Zahlen des Bundesfinanzministeriums, dass die Grenze zur Besteuerung von
Renten weiter gesunken ist – auch eine Reaktion auf das immer geringere
Niveau der Ruhestandsbezüge. Der Steuerfreibetrag für alleinstehende
Neurentner liegt demnach in diesem Jahr auf 1.191 Euro monatlich. 2014
betrug er noch 1.218 Euro.