Zahl der Einbrüche in Wohnungen sinkt weiter
BERLIN |
(dpa) Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland dürfte im zu
Ende gehenden Jahr zum dritten Mal in Folge gesunken sein. „Auch
für 2018 erwarten wir einen weiteren Rückgang der Fallzahlen“,
teilte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger
Münch, mit. „Die gute Zusammenarbeit der Polizei des Bundes und
der Länder und die Maßnahmen, die sowohl Prävention als auch die
Strafverfolgung umfassen, zahlen sich aus.“ Die Zahl der
versuchten und vollendeten Wohnungseinbrüche war in den Jahren
2008 bis 2015 kontinuierlich nach oben gegangen. Der Höhepunkt
lag schließlich bei insgesamt 167.136 registrierten Fällen. Im
Jahr 2016 gab es dann erstmals wieder einen Rückgang, der sich 2017
fortsetzte, als bundesweit noch 116.540 Fälle erfasst wurden.
RP 27.12.2018
20. Dezember 2018 um 10:13 Uhr
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul
(CDU) rechnet auch für das zu Ende gehende Jahr 2018 mit sinkenden
Kriminalitätszahlen. Ein besonders auffälliger Rückgang zeichne sich
bereits bei der Zahl der Wohnungseinbrüche ab, aber auch bei Straßenraub
und Computerkriminalität, sagte er.
Zwischen Januar und November dieses Jahres sei die
Zahl der Wohnungseinbrüche im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum um
rund 23 Prozent auf 27 354 gesunken - das sind 8045 Fälle weniger. Bei
der Computerkriminalität gab es ein Minus von fast 20 Prozent auf 18 361
Fälle.
Beim Straßenraub sanken die Fallzahlen demnach um
gut 14 Prozent auf rund 4500. Niedrigere Zahlen weist die Zwischenbilanz
unter anderem auch bei Diebstählen aus Autos und Läden aus. Eine
Steigerung um rund 41 Prozent auf 152 Fälle ist dagegen beim
Menschenhandel zu verzeichnen.
Schon für 2017 hatten Land und Bund rückläufige Zahlen vermelden können -
deutschlandweit mit rund 5,8 Millionen Straftaten die niedrigste Zahl
seit 1992. „Wir sind vorangekommen“, sagte Reul. Neben einer personellen
Aufstockung der Polizei und besserer Ausrüstung hätten etwa gegen
Einbrüche in Wohnungen und Autos auch technische Vorkehrungen geholfen.
Das neue Jahr stelle die Sicherheitsbehörden vor
große Herausforderungen. Neben einer wirksameren Terrorabwehr gehöre
dazu der Kampf gegen Clankriminalität. Das Treiben von rund 50 Clans in NRW besorge ihn „extrem“, sagte Reul. Im kommenden Jahr will der Minister ein landesweites Lagebild mit konkreten Daten zur Clankriminalität vorstellen.
„Sie erheben den Anspruch, zu bestimmen, was auf
der Straße passiert. Das ist ein frontaler Angriff auf den Rechtsstaat“,
beschrieb Reul das Problem. Schon Mitte der 80er Jahre seien viele nach
NRW gekommen. „Das waren Geduldete, die keine Arbeit kriegen und nicht
zur Schule gehen konnten. Und die haben sich dann ihre eigene Welt
aufgebaut. Das war ein fataler Fehler der Politik.“ Als diese Menschen
sich dann im Laufe der Jahrzehnte in kriminellen Strukturen organisiert
hätten, habe der Staat nicht zugegriffen. „Das war der nächste Fehler.
Jetzt machen wir das, aber das wird dauern.“
In NRW werde nun eine Strategie der „1000
Nadelstiche“ gefahren, mit gemeinsamen Razzien von Polizei,
Gesundheitsämtern, Steuer- und Zollfahndern in Shisha-Bars, Wettbüros,
Spielhallen und einschlägigen Szene-Treffs. „Wir schaffen Unruhe und
signalisieren: Ihr könnt nicht machen, was Ihr wollt.“ Dem habe kürzlich
auch der Einsatz von 300 Polizisten im Umfeld einer großen Clan-Hochzeit in Mülheim gedient.
Zwischen Frühjahr und Mitte Oktober dieses Jahres
habe es nach Razzien mit insgesamt 2200 Polizisten in 485 Objekten 820
Straf- und Ordnungswidrigkeitsanzeigen gegeben. Viele Städte im
Ruhrgebiet seien schon sensibilisiert, sagte Reul. Das Problem existiere
aber auch im Umland, in Borken oder Mettmann.
„Wir brauchen auch Angebote zum Aussteigen“,
räumte der Minister ein. „Das wird nicht einfach, jemandem mit einer
Rolex am Arm einem Ausbildungsplatz als Busfahrer besorgen zu wollen.
Aber es gibt auch Indizien - gerade bei Jüngeren und bei Frauen - dass
es nicht alle toll finden, auf Dauer in einer Parallelwelt zu leben.“
Für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sei es
wichtig, den Hoheitsanspruch des Staates durchzusetzen - nicht nur bei
Mord und Totschlag, sondern auch auf dem Riesenfeld der
Alltagskriminalität. „Das verunsichert die Leute noch viel mehr.“ Es
fehle vor allem an Fahndungsexperten. „Wir müssen mehr Spezialisten für
die Kripo aufbauen.“
Nach jahrelangen parteipolitischen
Auseinandersetzungen, ob es in NRW berüchtigte „No-Go-Areas“ gibt, um
die Bürger und Polizisten einen Bogen machen, wirbt Reul für
Ehrlichkeit. „Es gab und es gibt No-Go-Areas, wo sich Bürger nicht 'rein
trauen, weil sie Angst haben - manchmal ist das die Bahnunterführung
abends. Wir versuchen, sie zu minimieren. Aber es gibt keine No-Go-Areas
für Polizisten.“
So sieht das auch die Gewerkschaft der Polizei
(GdP). „Ginge die Polizei in irgendeinen Bereich nicht hinein, würde sie
kapitulieren und den Rechtsstaat aufgeben“, betonte ein Sprecher des
Bundesvorstands in Berlin. „Das ist aus unserer Sicht ausgeschlossen.“
Beim GdP-Bundeskongress hatte der Vorsitzende
Oliver Malchow kürzlich vorgerechnet, in Deutschland wären 20 000
Polizisten zusätzlich nötig, um Massendelikte wie Kellereinbrüche,
Fahrraddiebstähle oder Schmierereien vernünftig ahnden zu können.
„Das geht nicht“, betonte Reul. NRW werde aber im
kommenden Jahr mit 2500 neuen Kommissaranwärtern das Mögliche
ausschöpfen und wenigstens dafür sorgen, dass NRW trotz der vielen
Pensionierungen den Stand von rund 40 000 Polizisten halte. „Bis zum
Ende der Legislaturperiode 2022 werden wir einen vierstelligen Zuwachs
haben.“
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